Wirtschaft

Praktische Gründe gegen den Austritt Bofinger warnt die Griechen

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November 2010: Peter Bofinger (Mitte) überreicht der Bundeskanzlerin zusammen mit seinen Kollegen das Jahresgutachten der "Wirtschaftsweisen".

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Austritt aus der Währungsunion könnte sich für Griechenland als schwerer Fehler erweisen: Nach Einschätzung von Top-Ökonom Peter Bofinger stünde das Land mit der Wiedereinführung der griechischen Drachme vor neuen, möglicherweise noch schwereren Problemen. Offen plädiert der Wirtschaftsweise für den Schuldenschnitt.

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Von Beruf aus nachdenklich: Peter Bofinger (Archivbild).

(Foto: REUTERS)

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat vor den Folgen eines möglichen Austritts Griechenlands aus der Eurozone gewarnt. "Der Austritt aus der Währungsunion wäre mit einem hohen Risiko verbunden", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Die technische Umsetzung wäre sehr schwierig. Das neue Bargeld müsste erst einmal gedruckt und geprägt, die elektronische Umstellung bewältigt werden. Es würde zu einer enormen Kapitalflucht aus Griechenland kommen", sagte Bofinger. Der Ökonom ist Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung zur Begutachtung der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung.

Zusätzlich zu diesen Bedenken sei, so Bofinger weiter, zudem völlig unklar, ob die Schulden Griechenlands in Euro gerechnet oder in Drachmen umgerechnet würden. "Für Griechenlands Gläubiger sind beide Varianten schlecht: Drachmenschulden verlieren massiv an Wert, Euroschulden werden die Griechen mit ihrer abgewerteten Drachme nicht in vollem Umfang zurückzahlen können. Griechenland selbst stünde vor der Frage, wie es seine Staatsverschuldung finanziert", sagte Bofinger.

Ein Austritt aus der Währungsunion hätte dem Experten zufolge allerdings den Vorteil, dass die griechische Wirtschaft über Nacht wieder wettbewerbsfähig wäre.

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Bofinger forderte, die Hilfskredite müssten ohne prozentualen Aufschlag vergeben werden. "Strafzinsen sind kontraproduktiv, weil sie die Krise des Landes nur verstärken." Er nannte den derzeitigen Sparkurs "wirtschaftspolitisch problematisch und mit großen Opfern der Bevölkerung verbunden". Die griechische Regierung werde es schwer haben, dem Druck in den nächsten Jahren standzuhalten. "Die Bevölkerung wird sagen: Wir wollen aus dieser Umklammerung heraus."

Bofinger plädiert zudem für eine Umschuldung: "Dann müssten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber Griechenland verzichten. Deutsche Banken könnten dadurch in Schwierigkeiten kommen. Der Staat müsste ihnen helfen. Das hätte aber einen psychologischen Vorteil: Für die deutsche Bevölkerung wäre klar, dass mit dem Geld nicht die Griechen gestützt werden, sondern unsere Banken und unsere Einlagen dort."

In der Eurozone gären unterdessen die Zweifel, ob Griechenland ohne drastische Schritte und neue Hilfen seiner Finanzprobleme bewältigen kann. In einem Bericht des "Spiegel" wurde vor dem Wochenende sogar über und damit der Abkehr vom Euro spekuliert. Genährt wurden Spekulationen über eine Verschärfung der Schuldenprobleme und eine doch näher rückende Umschuldung durch ein Treffen führender Vertreter des Währungsraums und der EU am Freitagabend in Luxemburg. Das Treffen hatten die Teilnehmer geheim halten wollen. Etwaige Austrittspläne wurden scharf dementiert.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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