Wirtschaft

Inside Wall Street Bosse sitzen fest im Sattel

Ob es an den US-Börsen noch ein paar Wochen nach oben oder bald wieder nach unten gehen wird, lässt sich hin und her analysieren - aber letztlich nicht vorhersagen. Gäbe es hingegen einen Index über die Wut auf Wall Street und Corporate America, dann läge der seit Monaten auf einem Allzeit-Hoch, und die Tendenz wäre wohl weiter steigend.

In Bars und bei Familienfesten sind Konjunktur und Börse Thema Nummer eins. Oft weil einer der Anwesenden gerade seinen Job verloren hat. Oder weil in der Nachbarschaft eine Fabrik vor dem Aus steht, bei der die halbe Stadt arbeitet. Und hin und wieder weil in der Zeitung eine neue Studie stand, die Otto Normalverbraucher die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Heute ist das wieder der Fall, denn eine internationale Studie zeigt, dass in einem schwierigen Arbeitsmarkt ausgerechnet die am sichersten sitzen, die die Krise verursacht haben. Die Unternehmensberater von Booz & Company haben ermittelt, dass Entlassungen in der Chefetage in den letzten Monaten nicht zugenommen haben. Im Gegenteil: Der Turnover unter den CEOs der größten Unternehmen ist auf 14,8 Prozent gefallen. Damit haben von 100 führenden Häusern nicht einmal 15 ihren Chef ausgewechselt.

"In turbulenten Zeiten neigen Vorstände an Managern mit einer gewissen Erfahrung festzuhalten", erklärt Per-Ola Karlsson, einer der Autoren der aktuellen Untersuchung. Vor allem in den USA scheint das schon lange zu stimmen, was mit Sicherheit zu den fallenden Kursen bei einigen Unternehmen gesorgt hat. Denn dass man in Krisenzeiten auf "erfahrene Manager" zurückgreift, heißt in Wirklichkeit nicht mehr, als dass sich Unternehmen ihre CEOs hin und wieder zuschieben. Wer bei einem Konzern ausscheidet - wegen schlechter Leitung? -, der findet bei einem anderen wieder in den Chefsessel zurück.

Bestes Beispiel: Robert Nardelli, der Noch-Boss von Chrysler. Nardelli war von 2000 bis 2007 Chef der Baumarktkette Home Depot und als solcher nicht unbedingt erfolgreich. Dem Konzern konnte er das gewünschte Wachstum nicht bringen, der Aktienkurs stagnierte während seiner Amtszeit, während sich die Papiere des Konkurrenten Lowe's in derselben Zeit mehr als verdoppelten. Als man Nardelli schasste, floss ihm eine Abfindung von 210 Mio. Dollar zu - und ein neuer Posten beim Autobauer, der eben privatisiert worden war.

CEOs wie Nardelli sind nicht an allem Übel schuld. Seine Kollegen haben bekanntlich ihren Job nicht besser gemacht, obwohl Ford-Chef Alan Mulally zuvor bei Boeing sehr erfolgreich und Rick Wagoner ein Eigengewächs von GM war. Doch ist die Job-Sicherheit in der Chef-Etage ein Zeichen dafür, dass Konzerne nur noch wenig Wert auf neue Köpfe und die damit verbundene Innovation legen.

Die gute Nachricht: Der Trend scheint sich langsam zu wenden. Im schwer gebeutelten Finanzsektor hat sich die Zahl der Chef-Wechsel zuletzt erhöht, und die Experten von Booz & Company gehen davon aus, dass im Nachbeben der Krise - wenn der schlimmste Schock überstanden ist - noch einige Bosse gehen müssen.

Quelle: ntv.de

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