A380-Produktion dauert zu lange Airbus-Chef wird ungeduldig
13.07.2012, 09:01 Uhr
		                      Leichter Seitenwind: Eine A380 im Anflug auf die Piste in Farnborough.
(Foto: dpa)
Erfolg misst sich für Fabrice Bregier in Stückzahlen und Wochen: Für eine A330 benötigen Airbus-Techniker bislang etwa drei Wochen. Beim Riesenjet A380 dauert es von der ersten Schraube bis zum fertigen Flieger mehr als zweieinhalb Monate. Um den Produktionsprozess zu beschleunigen, scheut der neue Airbus-Chef offenbar auch vor politischen Tabuzonen nicht zurück.
  Das muss schneller gehen: "Ich glaube, wir haben immer noch Raum für Verbesserungen."
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Der europäische Flugzeugbauer Airbus hinkt mit der Produktion seines neuen Riesenjets A380 weiter dem eigenen Zeitplan hinterher. Der Bau laufe noch zu langsam und sei zu teuer, gestand der neue Airbus-Chef Fabrice Bregier im Interview mit dem "Wall Street Journal" ein. "Wir müssen die Kosten und die Produktionszeiten weiter senken", sagte er. Grundsätzlich sei das Programm aber unter Kontrolle.
"Das ist eine großer Schritt nach vorn im Vergleich zu früher, wo es immer aus dem Ruder lief", erklärte Bregier, der Anfang Juni an die Spitze des Flugzeugbauer aufgestiegen war. Bregier rückte damit auf den Posten von nach, der als Vorstandsvorsitzender die Leitung der Konzernmutter EADS übernahm. Insgesamt liegen bei Airbus derzeit 257 Bestellungen für den neuen Großjet vor.
Airbus und der Mutterkonzern kämpfen seit Jahren mit Problemen bei der Montage des zweigeschossigen Jumbos, dem größten Passagierflugzeug der Welt mit Platz für mehr als 850 Menschen. Die Pannenserie hat das ursprüngliche Budget von rund 10,5 Mrd. Euro bereits um Milliarden gesprengt. Das Unternehmen wechselte Manager aus und bemühte sich, die explodierenden Kosten in den Griff zu bekommen. Aber noch immer liegt die Lieferzeit des A380 Konzernangaben zufolge rund 25 Prozent unter den Erwartungen.
Die Liste der Störfaktoren ist lang: Anfangs gab es Probleme bei der Verkabelung in der Kabine. Dann platze im Jahr 2010 auf einem Qantas-Flug von Australien nach Singapur plötzlich ein Triebwerk. Triebwerkshersteller Rolls-Royce musste nach den Ursachen forschen. Die aufwändige Fehlersuche verzögerte die Produktion zusätzlich, weshalb Airbus zufolge im vergangenen Jahr weniger A380-Flugzeuge ausliefern konnte als geplant. Der Fehler sei inzwischen behoben, betonen die beiden Unternehmen.
  Spektakuläre Logistik: Die weit verstreute Fertigung ist Teil des politischen EADS-Konzepts.
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Dann tauchten bei Routineuntersuchungen plötzlich Haarrisse in den Tragflächen des A380 aufgetaucht. Und wieder muss der Bau unterbrochen werden, um fertige und halbfertige Maschinen auf Schäden zu überprüfen. Die Mehrkosten belaufen sich auf mehrere hundert Millionen Euro und könnten noch jahrlang anfallen.
Zusätzlicher Bremsklotz: Viele der 20 Fluggesellschaften, die A380-Jumbos bestellt haben, wünschen sich eine besonders schicke Innenausstattung. Diese aber ist für Airbus teuer und schwierig zu installieren. Individuelle Kundenwünsche lassen sich nicht in Großserien fertigen.
Schneller ran an die Kabine
Dazu kommen die außergewöhnlichen organisatorischen Merkmale des Konzerns: Die komplexe Arbeitsteilung zwischen den deutschen und französischen Airbus-Sparten verzögert die Fertigung zusätzlich. So bauen Arbeiter im französischen Toulouse erst den Flugzeugkörper zusammen und fliegen die Rümpfe dann mit werkseigenen Spezialflugzeugen nach Hamburg, wo das Innere fertiggestellt wird. Ein Großteil der Innenarbeiten werde erst ganz am Ende des Produktionsprozesses erledigt. Das sei teuer, sagte Airbus-Programmchef Tom Williams.
Bei kleineren Airbus-Modellen wie dem A330, der nur halb soviele Passagiere fasst, ist das anders: Da montieren Arbeiter in Toulouse das Innere zeitgleich mit den Arbeiten an der Außenstruktur. Das dauert Williams zufolge insgesamt 3 Wochen, während sich der Bau des A380 über zehn Wochen hinzieht. "Ich glaube, wir haben immer noch Raum für Verbesserungen" bei der A380-Fertigung sagte Williams im Interview. Wichtigste Aufgabe sei es nun, "die Kabinenausstattung in der Fertigungskette so weit wie möglich nach vorne zu schieben".
Das könnte auch bedeuten, dass das Unternehmen einige Aufgaben von Deutschland nach Frankreich verlagert - für Regierungen und Gewerkschaften ein "heikles Thema", gibt Williams zu. Zwar hat sich nach Angaben der französischen Datenfirma Aerotransport Data Bank inzwischen schon die durchschnittliche Zeit verringert, die ein A380 in der Hamburger Montagehalle verbringt. Aber Arbeiter und Ingenieure bräuchten für den Bau des A380 noch zuviel Zeit, sagt Williams. Jeden Monat stellten sie fast 40 der kleineren A320-Flugzeuge fertig und fast 10 Maschinen des Typs A330, aber nur etwa 3 Riesenhets vom Typ A380.
Stückpreis: 390 Mio. Dollar
Seit 2007 hat das Unternehmen 77 der Großflugzeuge ausgeliefert. In diesem Jahr sollen weitere 30 aus dem Hangar rollen. Im vergangenen Jahr waren es 26 und 2010 waren es erst 18. Vor fünf Jahren hatte EADS angegeben, das Unternehmen müsse 420 der neuen Riesenjets verkaufen, um die Entwicklungskosten zu decken. Später hatten Manager die Zahl nach unten korrigiert. Wie viele A380-Flugzeuge genau verkauft werden müssten, um die Gewinnschwelle zu erreichen, blieb dabei offen.
Airbus hofft nun, dass die Flugzeugproduktion im Jahr 2015 erstmals mit den A380-Verkaufszahlen in die Gewinnzone vordringt. Zurzeit liegt der Listenpreis für den A380 bei rund 390 Mio. US-Dollar; Fluggesellschaften zahlen in der Regel deutlich weniger, wenn sie Rabatte aushandeln können. Industrievertreter sagen, es könnte noch Jahre dauern, bis EADS die Milliardenausgaben für das Programm wieder eingenommen hat - wenn das dem Konzern überhaupt jemals gelinge.
Quelle: ntv.de, DJ