"Queen Elizabeth" bekommt ihre Brücke Briten bauen neue Flugzeugträger
08.02.2013, 14:37 Uhr
Ein riesiges Schiff, ein gewaltiger Auftrag: Der Rumpf der HMS GE II im Dock von Rosyth on the Forth.
(Foto: REUTERS)
Die britische Marine fiebert der Fertigstellung ihres künftigen Flaggschiffs entgegen: Hoch im Norden nimmt die "HMS Queen Elizabeth II" in einem schottischen Trockendock Gestalt an. Der riesige Flugzeugträger soll den Wirkungsbereich der britischen Außenpolitik wieder über alle Weltmeere ausdehnen.

Der ganze Stolz der Royal Navy: Die "Forward Island Section" der HMS QE II verlässt Portsmouth Richtung Schottland.
(Foto: dpa)
Für die Werftarbeiter im schottischen Rosyth ist es der Moment, auf den sie jahrelang hingearbeitet haben: Gut vertäut auf einem Frachtkahn soll in den nächsten Tagen das zentrale Brückenelement das Trockendock erreichen. Dort wartet schon der Rumpf des neuen britischen Flugzeugträgers "HMS Queen Elizabeth II" auf seine künftige Schaltzentrale.
Der größte Schiffsneubau der britischen Geschichte geht damit in die heiße Phase: Das vordere der beiden sogenannten Inseln, die später das Flugdeck überragen sollen, wird die Leitstände für die Schiffsführung, und große Teile der nautischen und militärischen Elektronik des künftigen britischen Flaggschiffs beherbergen. Die Steuerungszentrale für alle Flugbewegungen an Deck und in der Luft ist dagegen im hinteren Tower untergebracht.
Gebaut wurde das mehrstöckige Stahlgehäuse der Brücke im südenglischen Portsmouth. Schlepper sollen das 680 Tonnen schwere Bauteil auf seinem Weg über mehrere hundert Kilometer durch den Ärmelkanal und die Nordsee bis hoch in den Firth of Forth begleiten. Dort, in dem eigens für diesen Bauauftrag vergrößerten Trockendock, kann die neue Brücke dann mit den Rumpfsektionen der neuen QE verschweißt werden.
Der "Kopf" muss über die Nordsee
Das Bauteil mit der fertigen Schiffsbrücke trägt bereits die künftige Einsatzlackierung, zeigt die speziell verglasten Panorama-Sichtscheiben und trägt im Inneren sogar schon die verkabelten Schaltkonsolen. Die enthaltenen Leitungen summieren sich auf eine Gesamtlänge von rund 43 Kilometern, wie das Ministry of Defence (MOD) stolz mitteilen ließ. Das fertige Schiff wird von der Bugspitze bis zum Heck knapp 285 Meter messen und mit 73 Metern Breite über ein ungewöhnlich großzügig bemessenes Flugdeck verfügen. Die Wasserverdrängung beträgt den Entwürfen zufolge mehr als 65.000 Tonnen. Die Gesamtbaukosten liegen laut britischen Presseberichten bei 3,5 Mrd. Pfund (rund 4,1 Mrd. Euro).
Insgesamt erscheint die neue britische Flugzeugträgerklasse kürzer und gedrungener als die großen US-Supercarrier der Nimitz-Klasse. Neu an den beiden britischen Großkampfschiffen ist vor allem das durchgehend verbreitete Flugdeck und das ungewöhnliche Design mit zwei "Inseln" statt wie bisher nur einer kombinierten Kommandozentrale auf der Steuerbordseite. Aufnehmen sollen die schwimmenden Militärbasen künftig bis zu 40 Stealth-Kampfjets vom Typ F-35 Lightning II aus US-amerikanischer Produktion. Dazu kommen Hubschrauber für den Truppentransport, die Seeaufklärung, die Versorgung und die U-Boot-Abwehr.
Schwimmendes Denkmal unter Waffen
Nach dem Willen des Londoner Verteidigungsministerium soll die HMS Queen Elizabeth II zusammen mit ihrem ebenfalls in Bau befindlichem Schwesterschiff, der HMS Prince of Wales, so bald wie möglich die veralteten Träger der Royal Navy ersetzen und das Rückgrat der britischen Seestreitkräfte bilden. Die Kiellegung der QE II liegt bald vier Jahre zurück. In Dienst gestellt werden soll der erste der beiden Träger aus der neuen Queen-Elizabeth-Klasse den aktuellen Planungen bereits im Jahr 2016. Zunächst lediglich ausgestattet mit Hubschraubern, die Stealth-Jets sollen spätestens im Jahr 2020 folgen.
Namensgeber ist selbstverständlich das amtierende Staatsoberhaupt, Queen Elizabeth II. Mit dem Schiffbau setzt die britische Marine ihrer Queen schon zu Lebzeiten ein imposantes Denkmal. Beteiligt am Bau sind unter anderem die Werftstandorte von BAE Systems in Portsmouth und Govan, Appledore in Devon, Cammell Laird in Birkenhead, die A&P Group in Tyne and Wear sowie Babcock in Rosyth.
Technisch gesehen stellt das kombinierte Bauvorhaben die traditionsreiche Werftenindustrie der Insel vor ihre bislang größte Herausforderung: Zum ersten Mal werden die einzelnen Sektionen an verschiedenen Werftstandorten gleichzeitig gefertigt. Ähnlich wie im Flugzeugbau sind dabei Präzision und Logistik von entscheidender Bedeutung. Die Maße müssen exakt stimmen, und das bis hinein in jedes Detail, von den Außenmaßen bis hinunter zum kleinsten Kabelkanal. Schon minimale Abweichungen genügen, und schon lassen sich Rumpf und Brücke nicht mehr korrekt verbinden. Kostspielige Nacharbeiten wären die Folge.
In offiziellen Verlautbarungen ist von einem "revolutionären" und zugleich "schwierigsten Schiffbauprogramm der britischen Geschichte" die Rede. Die dezentrale Montage hat dabei durchaus auch positive Effekte auf die regionalen britischen Arbeitsmärkte. Durch den Bau an verschiedenen Standorten kommt der Großauftrag der Marine gleich mehreren strukturschwachen Regionen zugute.
Quelle: ntv.de