Wirtschaft

"Eine rote Linie überschritten" Brüssel knöpft sich Ungarn vor

Hat offenbar ganz eigene Vorstellungen: Viktor Orban.

Hat offenbar ganz eigene Vorstellungen: Viktor Orban.

(Foto: REUTERS)

Im Schatten der Schuldenkrise greift Ungarns Regierung immer tiefer in die rechtlichen Grundlagen des Staatsaufbaus ein. Nach der Schlappe mit dem heftig umstrittenen Mediengesetz wagt sich Ministerpräsident Orban nun an die Notenbank heran. In Brüssel klingelnd die Alarmglocken.

Die ungarische Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban stößt mit der Reform des Notenbank-Gesetzes in Brüssel auf Widerstand: Die EU-Kommission kündigte die Überprüfung der neuen ungarischen Gesetze zur Einschränkung der Unabhängigkeit der heimischen Nationalbank an.

Muss um die Unabhängigkeit fürchten: Notenbank-Chef Andras Simor (Archivbild).

Muss um die Unabhängigkeit fürchten: Notenbank-Chef Andras Simor (Archivbild).

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"Wir werden den rechtlichen Anwendungsbereich der neuen Gesetze beurteilen", erklärte ein Sprecher der Behörde am Silvestertag in Brüssel auf Anfrage. Hinter der sehr diplomatisch gehaltenen Formulierung verbirgt sich massive Kritik. Ungarns Regierungschef Orban hatte weitere Änderungen an dem Gesetzesvorhaben zuvor ausgeschlossen.

In den zurückliegenden Tagen habe die Kommission gegenüber Budapest nochmals ihre Bedenken bekräftigt, hieß es aus Brüssel. Die Kommission sei auch weiter bereit, Ungarn bei der vollen Umsetzung von EU-Recht zu helfen.

Ungarn verändert sich grundlegend, und Europa schaut zu: Hier protestieren Greenpeace-Aktivisten Anfang 2011 zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns für mehr Engagement im Umweltschutz.

Ungarn verändert sich grundlegend, und Europa schaut zu: Hier protestieren Greenpeace-Aktivisten Anfang 2011 zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns für mehr Engagement im Umweltschutz.

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Am Vortag hatte das ungarische Parlament mit den Stimmen der rechts-konservativen Regierungsmehrheit die Gesetze angenommen. Ein neuer Verfassungszusatz ermöglicht es, die Notenbank jederzeit mit der Finanzmarktaufsicht zu fusionieren. Kritikern zufolge könnte damit Nationalbank-Chef Andras Simor entmachtet werden. Internationale Beobachter halten das Notenbank-Gesetz für mindestens ebenso bedenklich wie den oder anderen demokratischen Verfassungsprinzipien wie etwa dem Schutz von Minderheiten.

"Ungarns Premier Viktor Orban macht es seinen Kritikern wieder einmal leicht", heißt es in einem Kommentar der österreichischen Tageszeitung "Der Standard". Das Blatt gilt als liberal. "Der kurz vor Silvester durchgeboxte Beschluss zur Reform der Notenbank wird den Eindruck in Europa und den USA verstärken, dass in Budapest ein autoritärer, antiliberaler und kompromissloser Politiker das Kommando hat." Bisher sei Orban mit seinem "Hauruck-Stil" noch durchgekommen. Doch mit der Notenbankreform habe er "eine rote Linie überschritten".

Demokratische Prinzipien in Gefahr?

"Zuerst wurde in Ungarn die Medienkontrolle verschärft", heißt es in dem Kommentar weiter. "Nun folgt eine Justizreform, die laut EU die Unabhängigkeit der Richter gefährdet. Die Befugnisse des Verfassungsgerichts werden beschnitten. (...) Da verabschiedet sich ein Land zusehends von demokratischen Prinzipien."

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte Orban bereits vor Weihnachten seine Bedenken mitgeteilt. Laut EU-Vertrag sind die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Notenbanken unabhängig. Der Vertrag erlaubt es der Kommission, gegen Mitgliedstaaten ein Verfahren wegen Verletzung der Rechtstexte zu eröffnen. Solche Prozeduren können in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden.

Quelle: ntv.de, dpa

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