Anleihen zum Rekord-Niedrigzins Bund spart Milliarden
25.01.2012, 17:16 UhrUm ihr Geld im sicheren Hafen Deutschland anzulegen, sind Anleger aktuell bereit auf Renditen zu verzichten. Und zwar nicht nur auf kurze, sondern auch auf lange Sicht. Bei der Versteigerung von 30-jährigen Anleihen gab es nun knapp 2,5 Mrd. Euro für den Bund – zum Niedrigzins von durchschnittlich 2,62 Prozent.
Deutschland zahlt auch bei Anleihen mit extrem langer Laufzeit rekordniedrige Zinsen. Die Versteigerung einer 30-jährigen Anleihe spülte dem Bund knapp 2,5 Mrd. Euro in die Kassen, teilte die mit dem Schuldenmanagement beauftragte Finanzagentur mit. Die Gläubiger begnügten sich mit einer durchschnittlichen Rendite von 2,62 Prozent. "Einen niedrigeren Zins gab es noch nie bei einer Versteigerung in diesem Segment", sagte der Sprecher der Finanzagentur, Jörg Müller. Bei der Auktion im Oktober waren es 2,82 Prozent.
"Die Bundesregierung spart durch die Schuldenkrise Zinsen in Milliardenhöhe", sagte der Experte des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW), Markus Mill. Der Durchschnittszins für zweijährige Bundesschatzanweisungen habe von 2000 bis 2008 bei 3,42 Prozent gelegen, von 2009 bis 2011 aber nur noch bei 1,11 Prozent. Bei zehnjährigen Bundesanleihen sei er von 4,27 auf 2,91 Prozent gesunken. "Allein in diesen beiden Anleiheklassen hat der Bund in den vergangenen drei Jahren 45 Mrd. Euro gespart", sagte Mill.
Gute Nachfrage
Trotz geringer Rendite boten die Investoren insgesamt fünf Mrd. Euro. Damit war die Auktion um das 2,1-Fache überzeichnet, im Oktober dagegen nur 1,1-fach. "Das Ergebnis der Auktion ist beeindruckend", sagte Müller. "Investoren suchen und vertrauen der Qualität der Papiere."
Analysten sehen das ähnlich. "Der Appetit auf deutsche Wertpapiere ist groß, trotz der hohen Staatsverschuldung", sagte Annalisa Piazza von Newedge. Ein Grund dafür könnte auch die reichliche Versorgung der Banken mit billigem Geld der Europäischen Zentralbank (EZB) sein. Sie liehen sich im Dezember fast eine halbe Billion Euro für drei Jahre bei der EZB zum Leitzins von derzeit einem Prozent. Einen Teil investieren sie in Staatsanleihen.
Zinskurve zeigt nach unten
Seit Jahresbeginn zeigen die Zinsen bei allen Auktionen des Bundes nach unten. Bei zweijährigen Schatzanweisungen fielen sie mit 0,17 Prozent ebenso auf ein Rekordtief wie bei zwölfmonatigen Geldmarktpapieren mit 0,07 Prozent. Bei der Auktion von Papieren mit sechsmonatiger Laufzeit gelang sogar ein bis dato einmaliges Kunststück: Anleger zahlten eine Prämie, um ihr Geld beim Bund zu parken. "Egal, welches Segment bedient wird, das Ergebnis scheint immer dasselbe zu sein", sagte Michael Meister von der DZ Bank. Die niedrige Rendite bei der Auktion deute aber auch auf eine "durch Unsicherheit gekennzeichnete Marktsituation" hin, so die Finanzagentur. Die Anleihe läuft bis Juli 2042 und ist mit einem Kupon von 3,25 Prozent ausgestattet.
Deutschland gilt bei Anlegern als sicherer Hafen. Sie sind deshalb bereit, auf Rendite zu verzichten. Als eines der wenigen Industrieländer wird die Bundesrepublik von den drei großen Ratingagenturen mit der höchsten Bonitätsnote AAA bewertet. Sie ist S&P zufolge auch dann nicht gefährdet, wenn die Wirtschaft in diesem Jahr in die Rezession abgleitet. Der Bund will sich 2012 deutlich weniger Geld von Investoren leihen: 250 Mrd. Euro sollen es sein, 2011 waren es 275 Mrd. Euro.
Quelle: ntv.de, sla/rts