Erst Banken jetzt Flugzeugbauer Bund steigt bei EADS ein
09.11.2011, 18:40 Uhr
Abflug in neue Sphären: Staat steigt bei EADS ein.
(Foto: REUTERS)
"Wir bauen Autos, keine Flugzeuge", heißt es bei Daimler. Und der Staat spurt: Deutschland nimmt Steuergeld in die Hand und kauft dem Autobauer einen Teil seiner EADS-Beteiligung ab. So will Berlin "deutsche Interessen" wahren - will heißen: die Parität im EADS-Konzern beibehalten und Tausende Jobs in Deutschland sichern.
Privat geht vor Staat: Dieses Credo gilt besonders für liberale Wirtschaftspolitiker. Eine Staatsbeteiligung bei EADS wollte FDP-Chef Philipp Rösler eigentlich verhindern. Im Idealfall sollte der Airbus-Mutterkonzern ein zweiter Fall Opel für den Bundeswirtschaftsminister werden, bei dem die Liberalen auf einer privatwirtschaftlichen Lösung bestanden hätten. Doch der monatelange Druck aus dem Kanzleramt, vom Verkäufer Daimler und die vergebliche Suche nach einem Investor zeigten Wirkung. Die Liberalen machen den Weg frei für einen Staatseinstieg.
In Röslers Wirtschaftsministerium wird betont, man sei nicht eingeknickt. Die KfW werde nicht auf Dauer an EADS beteiligt sein. Auch soll kein Staatssekretär in den Aufsichtsrat geschickt werden, um möglichst Staatsferne zu demonstrieren.
Ein "guter Preis" fehlt
Zudem habe Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Bereitschaft signalisiert, verstärkt die Privatisierung weiterer Bundesbeteiligungen noch in dieser Wahlperiode zu prüfen. Die FDP denkt dabei an die Deutsche Post und die Deutsche Telekom.
Im Finanzministerium heißt es aber, rasche Verkäufe seien unrealistisch. Zu schlecht sei das Marktumfeld wegen der Euro-Turbulenzen. Öffentliche Ankündigungen seien nicht hilfreich, wenn man einen guten Preis erzielen wolle.
Parität sichert Arbeitsplätze
Warum also die große Eile der Regierung? Offenkundig war die Sorge im politischen Berlin doch groß, dass Daimler irgendwann der Geduldsfaden reißen könnte und das EADS-Paket in unerwünschten Händen landet. Denn bei dem von Deutschen und Franzosen dominierten, mit Milliardensubventionen aufgebauten Riesenkonzern muss jede Seite immer höllisch aufpassen, wo neue Flugzeuge, Hubschrauber oder Satelliten gebaut werden - sonst sind viele Arbeitsplätze und Know How in Gefahr.
So kam auch der reiche Staatsfonds aus Katar nicht zum Zug, weil es bei EADS-Rüstungsprojekten um europäische Sicherheitsinteressen geht. Rösler hatte mit den Arabern gesprochen.
Wichtige Details noch offen
Die deutsche Wirtschaft hatte bezeichnenderweise kein Interesse an einem Einstieg in ein staatlich dominiertes Unternehmen. Es seien keine Verhandlungen mit privaten Investoren geführt worden, hieß es in Regierungskreisen.
Die Bundesregierung muss nun selbst mit der KfW über 1 Mrd. Euro in die Hand nehmen, um nicht an Einfluss gegenüber Frankreich zu verlieren. Viele wichtige Details sind noch offen, so der Preis für den 7,5-Prozent-EADS-Anteil von Daimler.
Autobauer statt Flugzeughersteller

Autos statt Flugzeuge heißt ist seit mehreren Jahren wieder die Devise bei Daimler.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Marktwert wird auf bis zu 1,3 Mird. Euro taxiert - doch bei Verkäufen von so großen Aktienpaketen sind Preisabschläge durchaus denkbar. Auch dürfte Daimler - jenseits knallharter Kalkulationen eines Dax-Konzerns - weiter an gedeihlichen Beziehungen zum Kanzleramt interessiert sein. So ist auch die Ankündigung zu werten, dass die Stuttgarter weiterhin die Stimmrechte von 22,5 Prozent ausüben wollen - und im EADS-Aktionärskreis die Interessen Deutschlands wahrzunehmen.
Auch hat Daimler dem Vernehmen nach der Regierung zugesagt, über 2013 hinaus seinen Restanteil von weiteren 7,5 Prozent nicht zu verkaufen. Sonst stünde der Bund bald wieder vor der misslichen Lage, noch mehr Steuergeld in EADS zu stecken.
Daimler kann mit dieser Lösung sehr zufrieden sein. Der einst von Ex-Konzernboss Jürgen Schrempp mit aus der Taufe gehobene europäische Luft- und Raumfahrtkonzern gehört längst nicht mehr zum strategischen Geschäft. "Wir bauen Autos, keine Flugzeuge", verkünden Vorstandschef Dieter Zetsche und sein Finanzvorstand Bodo Uebber seit langem.
Quelle: ntv.de, Tim Braune, dpa