Wirtschaft

Riesiges Haushaltsloch Bundesbank-Gewinn bricht ein

Finanzminister Schäuble muss sich mit deutlich weniger Geld von der Deutschen Bundesbank zufriedengeben: Wegen der europäischen Schuldenkrise überweist die Bank nur 0,6 Milliarden Euro an den Bundeshaushalt. Das ist so wenig wie seit sieben Jahren nicht mehr. Eingeplant war deutlich mehr.

Bundesbank-Chef Weidmann (r.) mit Finanzminister Schäuble.

Bundesbank-Chef Weidmann (r.) mit Finanzminister Schäuble.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die europäische Schuldenkrise hinterlässt deutliche Spuren in der Bilanz der Deutschen Bundesbank. Der Überschuss schrumpfte im vergangenen Jahr auf rund 643 Mio. Euro zusammen. Im Jahr zuvor wurden unterm Strich noch 2,2 Mrd. Euro, über 70 Prozent mehr, ausgewiesen. Der Betrag sei bereits in voller Höhe an den Bund abgeführt worden, bestätigte die Bundesbank.

Höherer Risiko-Puffer

Grund für den massiven Gewinnrückgang sei, dass die Bundesbank stärker für Risiken durch die Euro-Krise habe vorsorgen müssen, erklärte Notenbank-Chef Weidmann. Seit Monaten warnt die Bundesbank vor zu weitgehenden Krisenhilfen. Mit Milliardenrückstellungen rüstet sie sich deshalb gegen mögliche Risiken. Allein 2011 erhöhte sie ihre Risiko-Puffer von 4,1 Mrd. auf 7,7 Mrd. Euro. Im Jahr zuvor hatte die Aufstockung der Puffer 1,6 Mrd. Euro betragen.

Für die Notenbank hätten die Risiken bei geldpolitischen Geschäften an den Finanzmärkten durch die Euro-Schuldenkrise "deutlich zugenommen", führte Weidmann aus. Nehme die Bundesbank etwa von Geschäftsbanken als Sicherheiten für Kredite Staatsanleihen von Euro-Staaten, sei dies für die Notenbank teils ein größeres Wagnis als in früheren Zeiten. Auch das Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen sei für die Notenbank mit deutlich höheren Risiken verbunden.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Die jüngste Geldflut der EZB ist aus ihrer Sicht nicht ohne Gefahren, weil das extrem billige Geld auch Banken zugutekommt, die ohne Zentralbankgeld im Grunde nicht überlebensfähig wären. "Es ist nicht Aufgabe der Geldpolitik, marode Banken künstlich am Leben zu erhalten oder die Zahlungsfähigkeit von Staaten abzusichern", schrieb Weidmann zum Thema in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

In der Bundesbankbilanz häuften sich im Zuge der Krisenmaßnahmen ungewöhnlich gigantische Summen an Forderungen im sogenannten Target2-System an, über das ein großer Teil des grenzüberschreitenden Geldverkehrs im Euroraum abgewickelt wird. Zum Jahresende 2011 summierten sich die Forderungen auf gut 463 Mrd. Euro. Zuletzt waren es über 500 Mrd. Euro. Kritiker befürchten, dass ein Teil des Geldes verloren wären, sollte die Eurozone auseinanderbrechen. Weidmann erklärte, er halte "ein Auseinanderbrechen der Währungsunion schlichtweg für absurd". Dennoch mahnt er seit Monaten zu einer Begrenzung der Sondermaßnahmen.

Wirtschaft in "bemerkenswert gutem Zustand"

Auch für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland seien weiterhin Risiken aus der Staatsschuldenkrise vorhanden, ergänzte Weidmann. Dennoch gab er sich optimistisch: Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft hätten sich zuletzt wieder "spürbar aufgehellt". "Die deutsche Wirtschaft ist in einem bemerkenswert guten Zustand," sagte der Bundesbankpräsident.

Der Arbeitsmarkt sei weiter auf Expansionskurs, und wenn sich die Rohölpreise stabilisierten, sollte der Anstieg der Verbraucherpreise im Jahresverlauf nachlassen. Auch dies würde dem privaten Konsum und somit der Konjunktur zugutekommen, erklärte Weidmann.

Der geringere Überschuss reißt eine riesige Lücke in den Bundeshaushalt. Laut Haushaltsplan sollte die Bundesbank 2,5 Mrd. Euro Überschuss an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) überweisen. Höhere Gewinne der Bundesbank als 2,5 Mrd. Euro sind für den Schuldendienst vorgesehen. Mit lediglich 0,6 Mrd. Überschuss fließt diesmal wieder kein Geld in den sogenannten Investtions- und Tilgungsfonds (ITF).

Der Bund hatte über den ITF außerhalb des Bundeshaushalts von 2009 bis 2011 20,4 Mrd. Euro für Maßnahmen zur Konjunkturbelebung bereitgestellt, darunter zum Beispiel die Abwrackprämie.

Einnahmequellen der Bundesbank

Auf die Entwicklung ihres Gewinns hat die Bundesbank nur einen sehr begrenzten Einfluss. Die erste wichtige Ertragsquelle sind die staatlichen Gold- und Währungsreserven. Sie sind vom Preis für Gold ebenso abhängig wie von den Schwankungen an den Devisenmärkten und vom Zinsniveau in den Vereinigten Staaten.

Die zweite große Einnahmequelle der Bundesbank ist ihr Anteil an der Refinanzierung der Banken in der Euro-Zone. Je höher der Leitzins liegt, desto mehr Zinsertrag verbucht die Bundesbank. Da der Schlüsselzins aber einen Gutteil des Jahres 2011 nur bei einem Prozent oder knapp darüber lag, floss auch nur relativ wenig Geld in die Kassen der Bundesbank.

Ihren bisher höchsten Gewinn erzielte die Bundesbank 1997 mit (umgerechnet) 12,4 Mrd. Euro. In den 70ern verbuchte die Bundesbank allerdings auch mehrere Jahre lang Verluste, den größten 1973 mit rund 6,8 Mrd. Mark. Seit 1980 konnte die deutsche Notenbank dann wieder regelmäßig Geld an den Bund überweisen.

Quelle: ntv.de, ddi/rts

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