Langsame Erholung in Sicht Bundesbank zurückhaltend
20.08.2009, 14:24 UhrDie Wirtschaft in Deutschland dürfte nach Einschätzung der Bundesbank im Sommer merklich an Fahrt gewinnen. Dabei profitiere sie von den Konjunkturpaketen im In- und Ausland sowie der expansiven Geldpolitik, teilte die Bundesbank in ihrem Monatsbericht mit. "Die konjunkturelle Wende ist damit aber noch nicht gesichert", schränkten die Experten ein. Für eine Erholung sei Deutschland auf eine dauerhafte Belebung des Exportgeschäfts angewiesen. Die Investitionen der deutschen Firmen dürften dagegen noch länger schwach bleiben, und der Konsum könnte im Jahresverlauf unter Druck geraten.
Auch die weltweite Wirtschaft dürfte in der zweiten Jahreshälfte deutlich in Schwung kommen. Die spürbare Verbesserung der Stimmung bei Unternehmen und Haushalten stütze diese Sichtweise, erklärte die Bundesbank. "Gegen eine ausgesprochen kräftige Erholung im zweiten Halbjahr 2009 spricht jedoch, dass der globale Vertrauensschock zwar an Schärfe verloren hat, aber noch keineswegs überwunden ist." Zudem drohten den Banken neue Belastungen, wenn die Kreditqualität konjunkturbedingt nachlässt. Das könnte die Kreditvergabe an die gewerbliche Wirtschaft dämpfen.
Keine Prognose
Eine konkrete Prognose für das Wachstum gaben die Experten nicht ab. Im Juni hatte die Bundesbank noch vorausgesagt, dass die Wirtschaft im Gesamtjahr 2009 um sechs Prozent schrumpfen wird. Nach den jüngsten positiven Daten hatten einige Volkswirte ihre Prognosen nach oben revidiert und rechnen inzwischen mit einem Minus von fünf Prozent. Die Wirtschaft war nach dem abrupten Absturz zu Jahresbeginn im zweiten Quartal erstmals seit einem Jahr wieder gewachsen und hatte um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zugelegt. Basis dafür waren nach Ansicht der Bundesbank die milliardenschweren Konjunkturprogramme und die Zinssenkungen weltweit.
Für einen selbsttragenden Aufschwung müssten aber die Exporte anspringen; dann könnte die exportorientierte deutsche Wirtschaft an Zuversicht gewinnen. In Bezug auf die Unternehmen und die Verbraucher ist die Bundesbank pessimistisch: Die Firmen würden weiterhin wenig in Maschinen und Werke investieren und der private Verbrauch - der bisher die Wirtschaft stabilisiert hatte - könnte bei steigender Arbeitslosigkeit schwächer werden. Das Niveau der Wirtschaftsleistung vom vergangenen Jahr werde Deutschland erst 2013 wieder erreichen, hatte Bundesbankpräsident Axel Weber bereits zuvor gesagt.
Keine Kreditklemme
Derzeit lasse sich für Deutschland keine breite Kreditklemme feststellen, auch wenn die Kreditvergabe sich abgeschwächt habe. Zwar wurden im Frühjahr die Kreditkonditionen verschärft, hieß es, "allerdings in geringerem Maße als in den beiden vorhergehenden Quartalen". Zugleich sei die Nachfrage nach Krediten im Zuge der Wirtschaftskrise gesunken.
Die Rezession hinterlässt ihre Spuren auch in den staatlichen Finanzen. Für Deutschland sagt die Bundesbank einen deutlichen Anstieg der Schulden vorher. Die Schuldenquote könnte im kommenden Jahr einen Rekordwert von 80 Prozent erreichen und die Defizitquote auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Allerdings sei dieser Fehlbetrag nur zum kleineren Teil durch vorübergehende Maßnahmen und Einflüsse hervorgerufen oder konjunktureller Natur. Vielmehr seien die strukturellen Defizite durch Steuer- und Sozialbeitragssenkungen ausgeweitet worden. Die Notenbank sieht daher einen großen Bedarf, die Finanzen zu sanieren. "Unterbliebe eine Konsolidierung, würde die staatliche Schuldenquote schnell weiter zunehmen, was zu rasch anwachsenden Zinslasten führen und die fiskalischen Handlungsspielräume weiter einschränken würde." Spielräume für weitere Maßnahmen, die nicht gegenfinanziert seien und das Defizit steigerten, sieht die Bundesbank nicht.
Die Inflation dürfte laut Bundesbank zum Jahresende wieder ansteigen. Im Juli waren die Preise erstmals seit 1987 gesunken und lagen um 0,5 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Grund dafür waren vor allem die gesunkenen Ölpreise. In den nächsten Monaten ist bei einer insgesamt günstigen Preisentwicklung zunächst mit einer Verringerung des negativen Vorjahresabstands und später im Jahr mit einer Rückkehr zu leicht positiven Jahresraten zu rechnen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa