2 : 0 im Währungsstreit China wankt nicht
01.12.2009, 08:56 UhrDer Streit um die Aufwertung der chinesischen Währung ist festgefahren. Sowohl US-Präsident Obama als auch die Euro-Gruppe holten sich bei Chinas Regierungschef Wen einen Korb. China wird sich in Sachen Yuan sicher irgendwann bewegen – doch der Westen wird weder das Tempo noch die Richtung bestimmen.
Wen Jiabao hält dem Druck stand. Einerseits einen stärkeren Yuan zu fordern und andererseits zu protektionistischen Mitteln zu greifen, sei "ungerecht", sagte Wen Jiabao auf dem EU-China-Gipfel in der ostchinesischen Stadt Nanjing. Damit standen der EU-Ratspräsidenten, Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt, und der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, erneut vor der undurchdringlichen chinesischen Mauer.
Nur wenige Tage zuvor hatte China bereits US-Präsident Barack Obama in der Währungsfrage abblitzen lassen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Obama waren von seinem chinesischen Amtskollege Hu Jintao die Worte "Yuan" oder "Dollar" nicht zu hören – stattdessen geißelte der chinesische Präsident die amerikanischen Strafzölle auf chinesische Reifen.
Der längere Hebel
Überraschend ist die Abfuhr nicht – denn das chinesische Interesse, die eigene Währung aufzuwerten, ist derzeit äußerst gering. Peking wird nichts tun, um seine Exporteure zu gefährden. Denn auch die gefürchtete chinesische Exportbranche hat die Wirtschaftskrise empfindlich zu spüren bekommen. Die USA können wiederum – Strafzölle hin oder her – an der Situation wenig bis gar nichts ändern. Denn das Wort Pekings schlägt derzeit die Bedenken Washingtons locker. Der Grund dafür sind die massiven Devisenreserven, die China in den vergangenen Jahren angesammelt hat.
Das Reich der Mitte sitzt auf mehr als zwei Billionen US-Dollar. China hält alleine US-Staatsanleihen im Wert von fast 800 Mrd. Dollar und ist damit der größte Gläubiger der USA. Damit sitzt Peking eindeutig am längeren Hebel: Sollte der Handelsstreit mit den USA eskalieren, könnte China den Hebel umlegen und den Markt mit den Dollarreserven fluten. Ein daraus folgender Dollar-Crash würde China zwar selbst mehr als empfindlich treffen, aber alleine auf den Selbstschutz Chinas zu hoffen, ist - wie bei jeder kriegerischen Auseinandersetzung - zu kurz gedacht.
Euro einfach zu stark
Doch nicht nur die USA leiden – auch aus europäischer Sicht ist die chinesische Währung unterbewertet. Das verteuert die EU-Exporte nach China, während die chinesischen Ausfuhren künstlich verbilligt werden. "Das Problem sei auch nicht, dass der Euro so stark sei, sondern der Dollar zu schwach", stellte Kommissionspräsident Barroso auf dem Gipfel fest. Seit Anfang 2009 hat der Euro gegenüber dem Yuan um 20 Prozent zugelegt. Der schwache Dollar einerseits und der unflexible Yuan andererseits schnüren den europäischen Exporteuren, allen voran Deutschland als gerade noch amtierender Export-Weltmeister, in der jetzigen Wirtschaftskrise die Luft ab. Für Deutschland könnte der schwache Yuan die weitere Abwanderung von industriellen Arbeitsplätzen bedeuten - das Etikett "Made in Germany" würde zu einer blassen Erinnerung verkommen.
Aber selbst die EU als größter Handelspartner Chinas – 2008 exportierte die EU Waren im Wert von 78 Mrd. Euro nach China, die Importe lagen gar bei 248 Mrd. Euro – kann nur darauf hoffen, dass China im Eigeninteresse den Yuan wieder abwertet. Es ist nicht so, als ob es hier in der Vergangenheit keine Schritte in dieser Richtung gab: Seit 2005 hatte China seine Währung um etwa ein Fünftel aufwerten lassen, nur um sie 2008 wieder fest an den Dollar zu koppeln, um angesichts der einbrechenden Weltwirtschaft die eigene Exportbranche zu stützen.
Bei einem solchen System sogenannter fester Wechselkurse versucht ein Land seine Währung durch Interventionen am Devisenmarkt konstant zu halten. Dabei kann der Wechselkurs von der Zentralbank an eine andere Währung oder aber an einen ganzen Währungskorb gebunden werden. Letzteres könnte für China eine interessante Alternative sein – zumindest hat die Notenbank durchblicken lassen, dass die Messung des Yuan an einem Devisenkorb im Bereich des Möglichen liegt. Immerhin deutete selbst Ministerpräsident Wen Jiabao gegenüber den EU-Vertretern an, dass er auch nicht glücklich mit dem Wertverfall des Dollars ist. China sei an stabilen Wechselkursen der bedeutenden Welt-Währungen interessiert, so Wen.
Richtiges Timing gefragt
Auf lange Sicht wird China seine Währung sicherlich aufwerten müssen. Denn der schwache Yuan hilft zwar den Exporteuren, verteuert aber die Importe und bremst damit den einheimischen Konsum – eine immer wichtiger werdende Größe für China. Die dank der steigenden Einkommen immer konsumfreudigeren Chinesen haben zu einem großen Teil dazu beigetragen, dass China sein Wachstumstempo auch im Krisenjahr 2009 halten konnte.
China sitzt also in der Zwickmühle: Eine zu schnelle Aufwertung würde den Exportsektor hart treffen. Ein langsamer Anstieg würde zwar dem wachsenden Konsum Rechnung tragen, aber dann könnten Investoren auf diesen Zug aufspringen und den Finanzmarkt mit Spekulationsgeldern fluten. Experten rechnen daher damit, dass der Yuan eher in zehn als in fünf Jahren spürbar an Stärke gewinnen wird. Bis dahin werden sich USA und EU in Geduld wappnen müssen – oder sie holen sich weitere Körbe in Peking ab.
Quelle: ntv.de