Konjunktursorgen nehmen zu Chinas Industrie schrumpft
01.12.2011, 07:08 UhrDie Sorgen um die Entwicklung der Weltwirtschaft gewinnen neue Nahrung: Konjunkturdaten aus China zeigen, dass die Wachstumslokomotive Volksrepublik an Fahrt verliert. Vor dem Hintergrund der Krise in der Eurozone bekommen die chinesischen Exporteure deutlich weniger Aufträge.
Chinas Industrie ist im November erstmals seit knapp drei Jahren nicht mehr gewachsen. Der offizielle chinesische Einkaufsmanagerindex (PMI) fiel auf 49 Stellen von 50,4 Zählern im Oktober. Ein Wert über der Marke von 50 Punkten signalisiert Wachstum. Der vom Logistik- und Einkaufsverband CFLP erstellte Index pendelte seit Juni um diese Marke.
Der jüngste Rückgang bestätigte andere Hinweise auf eine Abkühlung der chinesischen Konjunktur. Chinas Wirtschaft "wendet sich von Expansion zu Kontraktion", sagte CLFP-Ökonom Zhang Liqun. Die Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft werde "künftig weiter sinken".
Das fulminante Wirtschaftswachstum der Volksrepublik hatte sich in diesem Jahr verlangsamt. Ein Grund sind die wirtschaftlichen Probleme der wichtigsten Absatzmärkte Europa und USA. Das Schwächeln Chinas dürfte Sorgen um die Entwicklung der Weltwirtschaft anheizen.
Am Mittwoch hatte Chinas Notenbank erstmals seit fast drei Jahren die Mindestreserve-Anforderungen für die Geschäftsbanken des Landes gesenkt, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Bei einem geringeren Reservesatz müssen die Kreditinstitute weniger Geld bei der Zentralbank hinterlegen und haben deshalb mehr Spielraum für die Kreditvergabe. Mit diesem Schritt ging eine gemeinsame Aktion der weltgrößten Notenbanken zur Entspannung an den Finanzmärkten einher.
Der Schritt der chinesischen Notenbank ist ein Hinweis darauf, dass sich die kommunistische Parteiführung in Peking wieder mehr um das heimische Wirtschaftswachstum sorgt als um die Kontrolle der Inflation.
Zuletzt hatte sich die chinesische Konjunktur deutlich abgekühlt - dazu hatten eine straffe Geldpolitik und eine von der Regierung gesteuerte Abkühlung des Immobilienmarktes beigetragen. So war Chinas Wachstumsrate im dritten Quartal auf 9,1 Prozent gesunken, von 9,5 Prozent im zweiten und 9,7 Prozent im ersten Quartal. Die Weltbank geht davon aus, dass die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft 2012 um 8,4 Prozent wachsen wird, nach 9,1 Prozent im zu Ende gehende Jahr.
"Die aktuelle Krise ist in gewisser Weise ernster und herausfordernder als die internationale Finanzkrise nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers", sagte Finanzstaatssekretär Zhu Guangyao. Damals hätten die Regierungen und die Geldpolitik noch schlimmeres verhindern können. "Doch jetzt, um ehrlich zu sein, befinden sich einige Staaten in einer sehr ernsten Haushaltslage und es gibt nur einen begrenzten Spielraum für die Anpassung der Geldpolitik."
Chinas Zentralbank hat ihn allerdings noch. Viele Fachleute gehen davon aus, dass bald der Leitzins gesenkt wird. Möglich macht dies der nachlassende Preisdruck. Die Inflationsrate hatte im Juli zwar mit 6,5 Prozent den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht. Seither ist sie kontinuierlich zurückgegangen. Im Kampf gegen steigende Preise hatte die Zentralbank ihren Leitzins von Oktober bis Juli fünfmal angehoben.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa