Finanzinvestor als großer Gewinner Clariant will Süd-Chemie
16.02.2011, 15:02 UhrDie Münchener Süd-Chemie blickt auf eine mehr als 150-jährige Firmenhistorie zurück. Nun will sie der Schweizer Chemiekonzern Clariant für eine Milliardensumme kaufen. Hauptprofiteur des Deals ist ein Finanzinvestor.
Der Schweizer Chemiekonzern Clariant stellt nach einem harten Umbau und Sparkurs die Weichen auf Expansion. Das Unternehmen übernimmt für 2 Mrd. Euro die Münchener Süd-Chemie. "Wir sind davon überzeugt, dass Süd-Chemie die richtige strategische Ergänzung für Clariant ist", begründete Konzernchef Hariolf Kottmann die größte Übernahme seit zehn Jahren.
Süd-Chemie verschafft Clariant beispielsweise Zugang zu renditeträchtigen Katalysatorengeschäften und zukunftsträchtiger Batterien-Technologie.
Knackpunkt ist der Preis
An der Börse kam der Zukauf zunächst nicht gut an. Die Clariant-Aktie brach zeitweise um zehn Prozent ein. "Die Übernahme der Süd-Chemie ermöglicht die Expansion in attraktive Geschäftsfelder aber zu einem Preis, der sich gewaschen hat", sagte Vontobel-Analyst Patrick Rafaisz. Der reine Firmenwert (Equity Value) der Transaktion liegt bei etwa 1,4 Mrd. Euro.
"Auf Wachstumskurs zu gehen, heißt auch, dass wir eine substanzielle Summe an Geld in den nächsten Quartalen und Jahren investieren werden", sagte Kottmann. Süd-Chemie verhelfe Clariant zu weniger zyklischen Geschäften und öffne den Zugang zu neuen Märkten. Sowohl der Mehrheitsinvestor One Equity Partners (OEP) als auch die Familienaktionäre trennten sich von ihren Süd-Chemie-Aktien, wodurch Clariant rund 95 Prozent an dem Unternehmen erwerbe. Süd-Chemie soll dann vom Börsenzettel verschwinden.
Stellenabbau möglich
Clariant geht davon aus, dass der Zukauf ab dem Jahr 2013 zum Gewinn beiträgt. Das Management rechnet mit Synergien von jährlich 25 Mio. Franken aus der Integration der Süd-Chemie-Verwaltung. Ob es Stellenabbau bei der Süd-Chemie gebe, werde geprüft, hieß es. Kenner der Süd-Chemie gehen davon aus, dass angesichts des hohen Kaufpreises Stellenstreichungen sehr wahrscheinlich sind.
Der 1857 gegründete Süd-Chemie-Konzern erzielt mit weltweit rund 6500 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 1 Mrd. Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei rund 100 Mio. Euro. Neben der Zentrale in München hat das Unternehmen seine deutschen Standorte in Heufeld und Moosburg in Oberbayern sowie im nordrhein-westfälischen Wülfrath. Den Löwenanteil des Umsatzes von mehr als 80 Prozent erzielt Süd-Chemie im Ausland. Dort ist auch ein Großteil des Personals beschäftigt, in Deutschland hat das Unternehmen rund 1700 Mitarbeiter.
Süd-Chemie hofft darauf, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben. "Der Deal lebt nicht von Synergien", sagte ein Firmensprecher. Für Clariant sei Süd-Chemie eine Erweiterung des eigenen Angebots. "Eine Bündelung von Produkten und Standorten wird es nicht geben." "Ich bin davon überzeugt, dass wir als Teil des Clariant-Konzerns unsere aussichtsreichen Geschäfte erfolgreich weiterverfolgen können", sagte Vorstandschef Günter von Au.
OEP macht Kasse
Clariant will die Aktien des Süd-Chemie-Mehrheitsaktionärs OEP für 121 Euro je Anteilsschein übernehmen. Die Beteiligungsfirma OEP war 2005 bei Süd-Chemie eingestiegen und hatte sich 2007 die Mehrheit gesichert. Für das erste Aktienpaket hatte OEP 35 Euro je Anteilsschein bezahlt, für das zweite nur etwas mehr. Die überwiegende Zahl der Traditions-Aktionäre soll im Gegenzug bei den Schweizern einsteigen. Sie tauschen ihre Aktien im Verhältnis 1 zu 8,84 in Clariant-Papiere.
Die Transaktion hat einen Gesamtwert von zwei Milliarden Euro oder 2,5 Mrd. Franken. OEP hielt zuletzt 50,41 Prozent an Süd-Chemie, Taditions-Aktionäre besaßen insgesamt etwa 46 Prozent der Anteile. Für die restlichen Aktien im Streubesitz will Clariant ein öffentliches Übernahmeangebot vorlegen. Die Transaktion soll über Aktientausch, Schulden, den Kassenbestand sowie über eine Kapitalerhöhung von rund 400 Mio. Franken finanziert werden. Die Übernahme solle noch im ersten Halbjahr unter Dach und Fach gebracht werden.
Clariant macht Gewinn
Konzernchef Kottmann, der als harter Sanierer gilt, legte auch Geschäftszahlen vor. Der Reingewinn belief sich im vierten Quartal 2010 auf 47 Mio. Franken, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von 67 Mio. Franken in den Büchern gestanden hatte.
Für das laufende Jahr geht Kottmann von einem stabilen Geschäftsumfeld aus. Die Umsätze in Lokalwährungen sollen im tiefen einstelligen Prozentbereich wachsen. Außerdem soll die operative Marge (Ebitda-Marge) über derjenigen aus 2010 von rund zehn Prozent liegen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/DJ