Wirtschaft

Fehler eingestanden Cromme weicht nicht

Gerhard Cromme tritt nicht zurück.

Gerhard Cromme tritt nicht zurück.

(Foto: dapd)

ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Cromme hat derzeit keinen leichten Stand. Auf der Hauptversammlung des kriselnden Konzerns verteidigt er einserseits die Arbeit des Kontrollgremiums. Cromme gesteht andererseits auch ein, dass "wir hätten früher handeln können". Der Konzern hat ein tiefrotes Geschäftsjahr hinter sich.

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Der in der Kritik stehende ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hat auf der Hauptversammlung des Konzerns Fehler eingeräumt, einen Willen zum Rücktritt jedoch nicht erkennen lassen. "Wenn Sie mich fragen, ob wir als Aufsichtsrat in der Vergangenheit etwas hätten besser machen können, dann will ich ehrlich sagen: Ja, wir haben zu lange vertraut, wir hätten früher handeln können", sagte der 69-Jährige auf dem Treffen in Bochum.

Er fügte jedoch umgehend hinzu: "Aber: Wir haben gehandelt - immer dann, wenn entsprechende Fakten das ermöglicht haben - und wir haben konsequent gehandelt." Erste Erfolge seien erkennbar. "Gemeinsam werden wir - Aufsichtsrat und Vorstand - an einer erfolgreichen Zukunft für das Unternehmen arbeiten."

Cromme steht seit 2001 an der Spitze des Kontrollgremiums. Einige Aktionäre haben ihn aufgefordert, seinen Posten zu räumen. Sie machen ihn für das Desaster mit den neuen Stahlwerken in Übersee mitverantwortlich. Die Kosten für die Werke waren auf zwölf Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ThyssenKrupp im vergangenen Geschäftsjahr einen Milliardenverlust eingefahren hat. Erstmals seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999 erhalten die Aktionäre keine Dividende.

Cromme verwies auf mehrere Gutachten, wonach der Aufsichtsrat keine Pflichtverletzungen begangen habe. Dennoch sei es nicht gelungen, "die Fehlentwicklung bei den Steel-Americas-Projekten" zu verhindern. "Ich kann ihnen versichern, dass nicht nur ich persönlich betroffen bin." Dies gelte für den gesamten Aufsichtsrat. "Wir haben deshalb in unserer heutigen Sitzung entschieden, für das Geschäftsjahr 2011/12 auf die Hälfte unserer Vergütung zu verzichten."

"Rechtlich korrekte Entscheidungen bedeuten nicht zwangsläufig auch gute unternehmerische Entscheidungen", meinte er. Durch massive Probleme bei den Stahlwerken in den USA und in Brasilien war ThyssenKrupp im zurückliegenden Geschäftsjahr tief in die roten Zahlen gestürzt. Als Geste der Betroffenheit und Solidarität mit den Anteilseignern des Konzerns habe der Aufsichtsrat beschlossen, für das Geschäftsjahr 2011/2012 auf die Hälfte seiner Vergütung zu verzichten, so Cromme.

Hiesinger will neue Führungskultur

Vorstandschef Heinrich Hiesinger stellte sich hinter Cromme. Er habe für seinen Kurs immer die volle Rückendeckung vom Aufsichtsrat erhalten, sagte Hiesinger. "Ich bin überzeugt, dass Vorstand und Aufsichtsrat von ThyssenKrupp das Unternehmen gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft führen können, wenn wir den kritischen, aber vertrauensvollen Dialog fortführen."

Der seit zwei Jahren amtierende Hiesinger kündigte eine neue Führungskultur bei dem größten deutschen Stahlkonzern an. "Wir geben offen zu, vieles ist falsch gelaufen, vieles war nicht verhältnismäßig oder nicht mehr zeitgemäß", sagte der ehemalige Siemens-Manager.

Hiesinger bekräftigte, die Stahlwerke in Übersee bis Ende September zu veräußern. Eine Trennung von der europäischen Stahlsparte sei nicht geplant. Die Kurzarbeit werde dort im laufenden Quartal aber fortgesetzt werden müssen. Mit dem Betriebsrat sei darüber hinaus bereits eine Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende Juli vereinbar worden.

5 Milliarden Miese

Vor dem Hintergrund von Kartell- und Korruptionsfällen betonte Cromme, dass derartige Verstöße vom Aufsichtsrat "mit Nachdruck" verurteilt werden. "Dem Aufsichtsrat ist es außerordentlich wichtig, dass Verantwortung und persönliche Integrität unumstößliche, unverrückbare Maßstäbe in unserem Unternehmen sind und bleiben", so Cromme.

ThyssenKrupp hatte für das vergangene Geschäftsjahr einen Verlust von 5 Milliarden Euro ausgewiesen. In dem Betrag ist eine Abschreibung von 3,6 Milliarden Euro auf die amerikanischen Stahlwerke enthalten. ThyssenKrupp stieß vor allem beim Bau der Anlagen in Brasilien auf technische Schwierigkeiten.

Planabweichungen verursachte auch die Finanzkrise, die die Nachfrage im potenziellen Abnehmerland USA einbrechen und die Kosten in Brasilien steigen ließ. Aufgrund der hohen Abschreibungen will ThyssenKrupp zum ersten Mal in seiner Geschichte keine Dividende ausschütten.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/DJ

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