Wirtschaft

"Wir sind kein Übernahmekandidat" Daimler dreht weiter auf

Zeichen der Zeit: Ein Elektro-Mercedes SLS E-Cell.

Zeichen der Zeit: Ein Elektro-Mercedes SLS E-Cell.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Autokonzern Daimler schlägt im Auftaktquartal Kapital aus den Zuwächsen im Lkw-Bau und dem Absatzrekord bei Mercedes. Der Umsatz steigt stärker als erwartet. Daimler-Chef Zetsche bekräftigt die Prognose. Finanzchef Uebber weist Übernahmegerüchte zurück.

Ruhige Hand am Steuer: Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Ruhige Hand am Steuer: Daimler-Chef Dieter Zetsche.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Stuttgarter Autobauer Daimler startet mit Umsatz- und Gewinnsteigerungen ins neue Jahr. Der Konzern verbesserte im ersten Quartal 2012 sowohl die Erlöse als auch das operative Ergebnis und den Überschuss. Zunehmend Sorgen macht dem Autobauer jedoch die Bussparte.

Der Gesamtumsatz des Konzerns stieg in den ersten drei Monaten des Jahres um neun Prozent auf 27 Mrd. Euro. Das ist deutlich stärker als von Analysten erwartet. Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) verbesserte sich - ebenfalls entgegen der Erwartungen am Finanzmarkt - auf 2,13 Mrd. Euro, was einem Zuwachs von fünf Prozent entspricht. Unter dem Strich standen 1,42 Mrd. Euro - das sind 20 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Unternehmenslenker Dieter Zetsche bestätigte die Prognosen für Daimler. "Wir liegen im Plan, sowohl unsere Ziele in diesem Jahr als auch unsere mittelfristigen Ziele zu erreichen", hieß es in einer Mitteilung. Der Daimler-Chef hatte zum Angriff auf die Konkurrenten BMW und Audi geblasen, die derzeit Daimler voraus fahren. Die Gewinnsteigerung sei gelungen, obwohl Daimler höhere Kosten für die Entwicklung und Markteinführung neuer Pkw- und Lkw-Modelle sowie verbrauchsärmerer Antriebe schultern musste.

Der Autobauer sieht sich unterdessen nicht im Visier von Investoren. "Wir sind kein Übernahmekandidat", sagte Finanzvorstand Bodo Uebber bei der Telefonkonferenz nach der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse. Mit der derzeitigen Anteilseignerstruktur sei er zufrieden, fügte Uebber hinzu. Von einer Veränderung des Stimmrechtsbesitzes des arabischen Großinvestors Aabar sei ihm nichts bekannt. Im Prinzip sei bei Daimler aber jeder neuer Aktionär willkommen.

Mit den Geschäftsergebnissen aus dem ersten Quartal kamen am Markt Gerüchte über einen möglichen Ausstieg der arabischen Investoren auf. "Ich glaube, die Motivation bei den Arabern - darüber kann man natürlich nur spekulieren - könnte auch sein, dass sich der Aktienkurs, seit die eingestiegen sind, ich glaube, fast verdoppelt hat. Das heißt, die haben schon Kasse gemacht", beschrieb Auto-Experte Guido Reinking von der "Automobilwoche" bei n-tv einen denkbaren Hintergrund der Gerüchte. Allerdings bleibe dann "das Problem bei Daimler zurück, dass man eben mit den vielen Kleinaktionären, die man hat, mit dem großen free flow, natürlich immer auch potentiell ein Übernahmekandidat ist. Also es gibt schon eine große Motivation der Konzernführung, sich anzustrengen, die Profitabilität zu steigern und nicht, wie wir das jetzt bei den Quartalszahlen hier gesehen haben, darauf zu verlassen, dass die Nachfrage aus China das Geschäft schon bereinigen wird oder fördern wird."

Daimler habe in den Monaten Januar bis März das beste Auftaktquartal seiner Unternehmensgeschichte erzielt, bestätigte Finanzchef Uebber bei der Telefonkonferenz. Auf dem chinesischen Pkw-Markt habe Daimler vorübergehend im Zuge eines Modellwechsels Rabatte auf sein Flaggschiff Mercedes-Benz S-Klasse gewährt. Diese Preisnachlässe seien inzwischen ausgelaufen. Insgesamt sei die Preisdurchsetzung in China besser als in anderen Ländern. Die Pkw-Produktion sei "hervorragend" ausgelastet, sagte Uebber. Im zweiten Quartal sei - wie saisonal üblich - mit einem guten Pkw-Absatz zu rechnen. Auch im kommenden Jahr gehe Daimler von einem Wachstum der weltweiten Fahrzeugmärkte aus.

Die Kernsparte Mercedes-Benz-Pkw lieferte im ersten Quartal mit 338.300 Fahrzeugen neun Prozent mehr aus, allerdings sank die Umsatzrendite auf 8,4 von 9,3 Prozent im Vorjahr. Daimler Trucks setzte in den Monaten Januar bis Februar mit 107.700 Lkw ein Fünftel mehr ab, die Umsatzrendite sank ebenfalls auf 5,2 von 6,6 Prozent vor Jahresfrist.

"Ich denke, das ganz grundsätzliche Problem von Daimler ist, dass das Unternehmen doch verglichen mit dem VW-Konzern, also mit den großen global Playern, vergleichsweise klein ist", kommentierte "Automobilwoche"-Experte Reinking bei n-tv. "Mit rund einer Million produzierten Fahrzeugen, also Pkw im Jahr, ist es eben schwer, die hohen Investitionen, die im Moment notwendig sind - in neue Antriebstechnologien, in neue Modelle, in kleinere Fahrzeuge -, zu amortisieren. Und da wird Daimler gegenüber zum Beispiel dem viel größeren VW-Konzern immer im Nachteil sein."

Einbrüche bei den Bussen

Auch der schärfste Nutzfahrzeug-Konkurrent Volvo hatte zu Jahresbeginn mehr verkauft, während Scania weniger Lkw auslieferte. Schwächer als im Vorjahr entwickelten sich die kleineren Daimler-Sparten Transporter und Busse, da die Nachfrage vor allem in Europa sank. Mit Blick auf die Zahlen bleibt Daimlers Bussparte eindeutig das größte Sorgenkind. Im für diesen Bereich traditionell schwachen ersten Vierteljahr verdreifachte sich der operative Verlust von minus 33 Mio. auf minus 103 Mio. Euro. Der Umsatz ging um 12 Prozent zurück.

Daimler bekräftigte seine Geschäftsprognose für das laufende Jahr: Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn soll mit neun Milliarden Euro wieder das Rekordniveau des Jahres 2011 erreichen. Absatz und Umsatz sollen mit Rückenwind durch den Pkw-Boom in Schwellenländern wie China und durch die weitere Erholung der Nutzfahrzeug-Nachfrage in Nordamerika die Bestmarken des Jahres 2001 übertreffen. Europas Marktführer VW, zu dem auch der direkte Daimler-Konkurrent Audi gehört, hatte am Vortag .

Interessierte Blicke aus aller Welt

"Daimler ist im Moment sicher kein Übernahmekandidat, weil niemand absehbar ist, der das kaufen könnte", meinte Reinking abschließend bei n-tv. "Die Chinesen hätten zwar das Geld, aber ich glaube, die würden eine unfreundliche Übernahme schon aus politischen Gründen in Deutschland gar nicht wagen. Daimler ist eben eine deutsche Industrie-Ikone."

Langfristig betrachtet müsse sich Daimler jedoch das Geschäft und die Profitabilität stärken, damit der Kurs steigt, fasste Reinking die Lage zusammen. "Sonst könnte tatsächlich mal irgendein Unternehmen, das das nötige Geld hat, auf die Idee kommen, um zumindest eine Kontrollmehrheit zu erlangen."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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