Großaktionärs-Kritik am Vorstand "Daimler nicht Maß der Dinge"
04.04.2012, 13:28 Uhr
Die Aktionäre von Daimler sind zahlreich zur HV nach Berlin geströmt.
(Foto: REUTERS)
Rekordabsatz und -umsatz, dazu noch ein Milliardengewinn: Das Geschäftsjahr 2011 gibt den Daimler-Aktionären eigentlich keinen Grund für Kritik. Ein Haar in der Suppe finden sie dennoch: Hauptjkonkurrent BMW ist besser.
Mehrere Großaktionäre haben dem Autobauer Daimler auf der Hauptversammlung die Leviten gelesen. Die Anteilseigner könnten sich zwar "über eine sehr ordentliche Dividende freuen", sagte Union-Investment-Fondsmanager Ingo Speich vor rund 6000 Aktionären. Bei genauerem Hinsehen verblasse "aber der Glanz des Sterns im Schatten der übermächtigen Wettbewerber". Nicht Daimler, sondern "BMW und Audi sind heute im Premiumsegment das Maß aller Dinge", sagte der Fondsmanager und verlangte vom Vorstand - unter Beifall des Publikums - auch einen Ausstieg aus der Formel-1-Rennserie.
Trotz eines Rekordabsatzes bei Pkw im vergangenen Jahr verkaufe Daimler nicht so viele Personenwagen wie BMW und Audi und verdiene auch weniger als die Wettbewerber, kritisierte auch DWS-Fondsmanager Stefan Bauknecht. Daimler habe in seiner Kernsparte Mercedes-Benz den Trend zu kleinen Geländewagen "verschlafen".
Zudem müsse der Konzern in den kommenden Jahren noch Kosten zur Reduzierung der Abgasemissionen schultern, um wieder Anschluss an die Wettbewerbern zu bekommen. Dadurch werde die Rendite belastet, wie Daimler für dieses Jahr bereits in Aussicht gestellt hat.
Der zur Deutschen Bank gehörende Fonds DWS ist Reuters-Daten zufolge mit 1,2 Prozent an Daimler beteiligt, der zur Volks- und Raiffeisen-Bankengruppe zählende Fonds Union Investment mit gut 0,6 Prozent. Größter Daimler-Anteilseigner ist die arabische Investmentgruppe Aabar mit neun Prozent.
Noch Luft nach oben

Die Kritik der Großaktionäre auf der HV bereitet Daimler-Chef Zetsche Kopfzerbrechen.
(Foto: REUTERS)
"Daimler ist gut, aber die Wettbewerber sind besser", sagte Michael Kunert von der Aktionärsvereinigung SdK und forderte die Ausschüttung von mindestens 50 Prozent des Konzerngewinns. Mit der vorgeschlagenen Dividende von 2,20 Euro je Aktie will Daimler für 2011 rund 40 Prozent des Gewinns ausschütten. Damit sollen die Anteilseigner am Rekordumsatz des vergangenen Jahres in Höhe von 106,5 Mrd. Euro und der Bestmarke beim Überschuss in Höhe von 6 Mrd. Euro beteilig werden.
Ungeachtet dieser Rekorde sieht Daimler-Chef Dieter Zetsche noch Luft nach oben und begegnete der Kritik der Anleger. "Daimler ist auf dem Weg zur Bestform, aber noch nicht am Ziel", sagte er eingerahmt von zwei neuen Mercedes-Benz Pkw. "Wir trauen uns noch mehr zu - das gilt auch für den Aktienkurs", sagte Zetsche.
BMW-Kurs toppt Daimler locker
Auf Jahresfrist haben sich die Aktien von Daimler deutlich schlechter entwickelt als die Papiere des ebenfalls im deutschen Börsenleitindex Dax notierten Konkurrenten BMW. In den vergangenen zwölf Monaten gewannen BMW-Papiere 11 Prozent, Daimler-Aktien verloren 11 Prozent. Darin spiegelt sich unter anderem der Renditerückstand von Daimlers Kernsparte Mercedes-Benz Pkw zu den Oberklasse-Rivalen aus München und Ingolstadt wider. Mercedes-Benz verdiente 2011 operativ 9 Prozent vom Umsatz, die Rivalen erzielten zweistellige Renditen.
"Wo wir nicht die Nummer eins sind, wollen wir es werden", versprach Zetsche den Investoren. Die Wettbewerbsposition werde sich in den nächsten Jahren unter anderem durch drei neue Modelle der luxuriösen Mercedes-Benz S-Klasse verbessern. Doch auch seine Position als weltgrößter Nutzfahrzeughersteller spielt Daimler derzeit bei der Ertragskraft nicht voll aus und zuckelt den kleineren Rivalen Volvo und Scania hinterher. Dieser Rückstand soll bis 2013 durch die vermehrte Nutzung von gleichen Bauteilen in Lkw und die Expansion nach Indien und China wettgemacht werden.
Milliarden-Investitionen geplant
Um den Führungsanspruch durchzusetzen, will der Daimler-Vorstand im laufenden und im kommenden Jahr nochmals tief in die Tasche greifen. 2012 und 2013 sind Investitionen in Forschung und Entwicklung in Höhe von knapp 11 Mrd. Euro eingeplant, fast die gleiche Summe sollen in Sachanlagen fließen.
"Innovation und Wachstum gibt es nachhaltig nicht zum Nulltarif", rechtfertigte Zetsche die anstehenden Milliarden-Ausgaben zur Entwicklung verbrauchsärmerer Motoren, neuer Fahrerassistenz-Systeme oder neuer Leichtbau-Werkstoffe. Die Investitionen bedeuteten "natürlich" kurzfristig eine Belastung, mittel- und langfristig sei das Geld aber "hervorragend" angelegt, warb Zetsche für seinen Kurs.
Quelle: ntv.de