Wirtschaft

"Automobile Feinkost" Daimler setzt auf kleine Autos

Die neu A-Klasse ist auf Erfolg getrimmt.

Die neu A-Klasse ist auf Erfolg getrimmt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Audi und BMW fahren schon in der Kompaktklasse - und das auch sehr erfolgreich. Bei Daimler rückt die sogenannte Golf-Klasse nun wieder stärker in den Fokus, denn wer im Oberklasse-Segment ganz vorne mitmischen will, kommt um die kleinen Autos nicht mehr herum: Daimlers neue Kleider.

Daimler und die Kompaktwagen - das ist nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick, bisher zumindest. Der Einstieg in das Segment vor etwa 15 Jahren brachte dem Autobauer zunächst vor allem eines: riesengroßen Ärger. Es war die völlig neu entwickelte A-Klasse, die am 21. Oktober 1997 beim "Elchtest" kippte - und damit das Renommee des ganzen Konzerns bedrohte. Heute setzt Daimler-Chef Dieter Zetsche in die Nachfolger des kleinsten Mercedes-Benz große Hoffnungen. Er schickt sie an vorderster Front ins Rennen gegen die Rivalen BMW und Audi um die Spitzenposition im Oberklasse-Segment.

Die fünf neuen Autos sollen gerade junge Menschen für die Marke Mercedes begeistern - und der Konkurrenz so Kunden abspenstig machen. Die Schwaben nehmen dafür viel Geld in die Hand. Ob sich das auszahlt und der Dax-Konzern es schafft, in dem heiß umkämpften Segment Geld zu verdienen, wird sich zeigen. Daimler muss sich nicht nur gegen BMW und Audi behaupten, sondern auch gegen Massenhersteller wie VW. Gerade Volkswagen ist auf dem Markt ein Hauptspieler, der dank seiner vielen Marken erheblich Kosten sparen kann.

"Golf-Klasse wird immer wichtiger"

Mercedes-Benz
Mercedes-Benz 54,11

Das meiste Geld verdienen Oberklasse-Hersteller wie Mercedes, BMW oder Audi mit großen Limousinen oder Geländewagen. Doch längst tummeln sich die Nobelmarken auch in dem Segment, das früher einmal Golfklasse hieß. "Man muss Kompaktwagen haben, wenn man als Premiumhersteller erfolgreich sein will", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Dieses Segment ist jetzt schon wichtig und wird immer wichtiger werden."

Die Aufgaben hier sind vielfältig: Nicht nur jüngeren Kunden soll der Einstieg in die teuere Premium-Warenwelt erleichtert werden. Anderen Fahrern soll der Zweit- oder gar Drittwagen schmackhaft gemacht werden. Zudem sollen die kleineren und sparsameren Wagen den Flottenverbrauch senken und ein umweltfreundlicheres Image transportieren. Angesichts von Verkehrschaos und zugeparkter Innenstädte dürfte die Bedeutung von kompakten Wagen weiter wachsen.

Daimler tat sich hier bislang eher schwer. Doch Dudenhöffer geht davon aus, dass in wenigen Jahren die Kompaktwagen bei den Schwaben bereits ein Viertel des Autoabsatzes ausmachen. Im vergangenen Jahr wurden weniger als 200.000 A- und B-Klassen verkauft - bei insgesamt 1,38 Millionen Autos ist das nur rund jeder siebte Wagen.

Schub soll die neue A-Klasse bringen - ein Auto, um junge Kunden anzusprechen. "Das ist bei Daimler ein riesiges Defizit seit Jahren", sagt Autoexperte Stefan Bratzel. Studien zeigten, dass BMW und Audi hier das bessere Image hätten.

Im September ist Verkaufsstart für die neue A-Klasse. Die B-Klasse gibt es seit November. Drei weitere Modelle folgen. 2014 sollen dem Vernehmen nach etwa 400.000 dieser Wagen im Jahr verkauft werden. Dafür nimmt Daimler viel Geld in die Hand: 1,4 Mrd. Euro geben die Schwaben für die Erweiterung der Produktion aus. Der Löwenanteil fließt mit 800 Mio. Euro in den Aufbau eines neuen Werks in Ungarn. Der Standort Keskemet wird damit zum Schwesterwerk der Fabrik im badischen Rastatt, wo A- und B-Klasse vom Band rollen.

Reichlich Auswahl  

BMW und Audi sind für Mercedes harte Gegner. BMW greift in dem Kompaktsegment seit 2004 mit der 1er-Baureihe an. Der kleinste BMW gehört längst zu den wichtigen Modellen, 2011 rangierte er hinter 3er und 5er auf Platz drei. Und mit dem Mini haben die Münchner einen weiteren Verkaufshit gelandet, der zwischen Kleinwagen und Kompaktklasse rangiert. 2011 verkaufte BMW 285 060 der sportlichen Flitzer, ein Plus von 21,7 Prozent. Die VW-Tochter Audi ist mit dem A1 und dem A3 unterwegs. Die Premiumkunden haben schon jetzt reichlich Auswahl.

Im Geschäft mit eher kleinen Gewinnmargen müssen die Hersteller vor allem die Kosten pro Fahrzeug drücken. Dabei setzt Zetsche auf eine neue Architektur, die Daimler eigens für den Bau der neuen Kompaktfamilie konzipiert hat. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit Renault-Nissan, bei der die Plattform eines Infiniti-Modells genutzt werden soll. Durch das höhere Volumen bekommen die Autobauer günstigere Konditionen beim Einkauf. Auch bei den Kleinwagen Smart und Twingo wollen die Unternehmen eng zusammenarbeiten.

Ein Selbstläufer wird das für Daimler alles nicht werden. "Man muss preislich konkurrieren können, gleichzeitig aber auch noch Geld verdienen", sagt Autoexperte Bratzel. Dabei muss klein nicht gleich billig sein. "Automobile Feinkost", hat das Zetsche einst genannt.

Quelle: ntv.de, Sebastian Raabe, dpa

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