Für Frank Thelen ist VW fast tot "Dass BMW jetzt ein Wasserstoffauto vorstellt, ist bescheuert"
18.10.2024, 13:18 Uhr Artikel anhören
Von 2014 bis 2020 war Frank Thelen einer der Investoren und Juroren der Fernsehsendung "Die Höhle der Löwen".
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Frank Thelen ist einer der bekanntesten und umtriebigsten Investoren des Landes. Im ntv-Podcast "Biz & Beyond" beleuchtet der frühere Star von "Die Höhle der Löwen" die aktuellen Probleme der Startup-Szene und spricht über seine politischen Ansichten. Auch Elon Musk kommt zur Sprache. Der werde als Unternehmer immer "brillanter", meint Thelen. Was der Tesla-Chef dagegen politisch macht, gefällt dem Investor überhaupt nicht. Und die deutsche Autoindustrie? Kämpft nur noch ums Überleben.
ntv: In den USA möchte Tesla-Chef Elon Musk den nächsten Präsidenten beraten, wenn dieser Donald Trump heißt. Er hat ihn mit vielen Millionen Dollar unterstützt. Sie haben sich vor einer ganzen Weile mal als großer Fan von Musk geoutet. Wie sehen Sie ihn heute? Was halten Sie von seinem politischen Engagement?
Frank Thelen: Ich trenne zwischen Elon Musk, dem Unternehmer, das ist eine Seite. Was baut er mit Tesla, SpaceX, der Boring Company und Neuralink? Auf der anderen Seite steht der wilde und vielleicht nicht ganz erwachsen gewordene Revolutionär, der sich politisch äußert. Das ist sein Leben und seine Entscheidung, aber was Musk in der Hinsicht macht, halte ich für nicht klug. Donald Trump hat in der Vergangenheit Dinge getan, die nicht okay sind, die man zu Recht kritisieren kann. Wäre es besser, wenn sich Unternehmer aus einem Wahlkampf heraushalten? Sich generell zu positionieren, finde ich gut. Davon können wir in Deutschland lernen. Aber sich so stark an eine Person zu binden oder zu sagen, ohne Donald Trump geht Amerika unter, halte ich für keinen klugen Schachzug. Das ist falsch. Das gefällt mir überhaupt nicht.
Gilt das auch für den Unternehmer?
Als Unternehmer wird Musk immer brillanter. Was er mit SpaceX abliefert und unter welchen Budgets, ist beeindruckend. Da kommt kein anderer ran. Auch wenn ich mir Tesla anschaue: Wegen der hohen Zinsen wurden deutlich weniger Autos verkauft, das sieht man auch bei Volkswagen und anderen. Was Tesla trotz der schwierigen Bedingungen in den letzten Jahren an Robotik, Chips, Daten und Rechenzentren entwickelt hat … das ist absolut top.
Die deutsche Autoindustrie hat keine Chance mehr, weltweit führend zu bleiben?
Nein. Auf keinen Fall. Die Frage ist: Kann sie überleben? Das kann man diskutieren. Ich bin gegen ein Verbrenner-Verbot. Jeder soll fahren, was er will. Den Ausstoß kann man über eine CO2-Steuer regulieren und alles ist gut. Aber wenn man sich die Physik anschaut, ist klar, dass das Elektroauto der absolut beste Weg ist, falls nicht etwas anderes Revolutionäres erfunden wird. Auch Wasserstoff ergibt einfach keinen Sinn. Dass BMW jetzt ein Wasserstoffauto vorstellt, ist wirklich bescheuert. Das kann ich nicht nachvollziehen, wenn man sich die Infrastruktur anschaut. Wir werden elektrische Autos bekommen. Das ist die Zukunft. Punkt.
Und die können nicht aus Deutschland kommen?
Was braucht man dafür? Man muss günstig hochwertige Batterien produzieren. Das können derzeit nur CATL in China und Tesla. Man könnte versuchen, Batterien bei den Chinesen einzukaufen, aber dann wird man niemals dieselben Preise anbieten können. Deswegen werden BYD und Tesla die führenden Autoproduzenten werden. Das wird ähnlich laufen wie bei Apple und Samsung. Ich betone seit zwei oder drei Jahren, dass wir in diese Richtung laufen. Bisher habe ich recht behalten und jetzt sehe ich eigentlich keinen Ausweg mehr, wie sich die deutsche Autoindustrie retten kann.
Aber VW baut doch Batteriefabriken, zum Beispiel in Salzgitter.
Ich finde Northvolt besser, aber die fahren auch zurück. Und das, was in Salzgitter gebaut wird, kann nicht mit der Produktion von CATL oder Tesla mithalten. Man muss die Skalierung sehen, es wurden Milliarden investiert! Es ist wirklich schwierig, eine High-End-Technologie wie eine Batterie in Masse zu produzieren. Das ist wie bei Computerchips. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich falsch liege und Mercedes, BMW oder Volkswagen die Superbatterie präsentieren und mitteilen, dass sie die Produktion - ähnlich wie Tesla - optimiert haben und wieder für 25.000 Euro herausragende Autos bauen können. Aktuell sehe ich auf diesem "Schachbrett" für die deutschen Autobauer aber einfach keine Chance mehr, sich sinnvoll zu bewegen.
Wer trägt dafür die Verantwortung? Fehlen wirklich politische Rahmenbedingungen?
Die Cashflows und die Erträge von BMW sind immer noch herausragend. Auch Volkswagen hat lange einfach Geld gedruckt und gesagt: Was willst Du? Herbert Diess hat in meinen Augen ernsthaft versucht, das Unternehmen umzubauen. Ich habe nie mit ihm gearbeitet, deswegen kann ich nicht sagen, wie effektiv er war. Von außen betrachtet ist er am eigenen Unternehmen kaputtgegangen und wurde ausgespuckt. Das ist zu 100 Prozent die Schuld von VW. Natürlich leidet Deutschland heute unter hohen Energiepreisen, aber die gab es damals nicht. Jetzt wird nicht nur Tesla, sondern bald auch BYD in Deutschland produzieren. Darauf wette ich. Das Traurige daran ist, dass ein Großteil der Produktions-Technologie von Tesla aus der Eifel kommt, von Tesla Automation. Das war früher Grohmann, ein Mittelständler, der mit großen Autoherstellern kooperiert hat und von Tesla gekauft wurde. Den hätte auch die deutsche Autoindustrie kaufen können. Jetzt beliefern herausragende Ingenieure aus der Eifel die Gigafactorys der Welt. In Deutschland wurden viele strategische Fehler gemacht.
Mit Frank Thelen sprachen Sandra Navidi und Ulrich Reitz. Das komplette Gespräch können Sie sich im Podcast "Biz & Beyond" anhören.
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Quelle: ntv.de