Die Zeit drängt Der Fahrplan zur Rettung Athens
30.04.2010, 09:20 UhrGriechenland braucht dringend Milliardenkredite, um wieder handlungsfähig zu werden. Eurozone und IWF stellen Hilfe in Aussicht. Doch bis das Geld fließt, müssen noch einige Hürden überwunden werden.
Griechenland bittet angesichts seiner drohenden Pleite die Euro-Staaten und Internationalen Währungsfonds um Hilfe. Die Zeit drängt, denn Athen muss am 19. Mai Schulden von 8,5 Mrd. Euro zurückzahlen.
Sowohl der Internationale Währungsfonds (IWF) als auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission prüfen derzeit die griechische Hilfsanfrage. Kommission und EZB müssen entscheiden, ob die in Aussicht gestellten Hilfen durch die Euro-Länder gerechtfertigt sind – das wäre nur dann der Fall, wenn aus ihrer Sicht der Euro-Raum destabilisiert ist. Außerdem wird geprüft, ob die Hilfen eine "Ultima Ratio" darstellen, also einen letzten Ausweg für Athen. Auf diese Bedingung hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gepocht. Aus ihrer Sicht darf Griechenland nur dann geholfen werden, wenn dies für die Stabilität des Euroraums unumgänglich ist.
Keine Hilfe ohne Auflagen
Um die Hilfen zu bekommen, muss Griechenland Auflagen erfüllen. Seit vergangenem Mittwoch führen Vertreter des IWF und der EZB in Athen Gespräche, um die Schritte Griechenlands zur Sanierung seiner Staatsfinanzen festzulegen. Ohne IWF-Programm, so die Bundesregierung, könne es keine Hilfen geben. Die Verhandlungen sollen über das dreijähriges Wirtschafts- und Sparprogramm sollen spätestens am Sonntag abgeschlossen sein.
Nachdem diese Verhandlungen beendet sind und EZB und EU-Kommision ein entsprechendes Urteil gefällt haben, liegt die nächste Entscheidung bei den Regierungen der Euro-Länder. Sie müssen die Hilfen einstimmig beschließen.
Um ein Einspruchsrecht zu haben, hatte die Bundesregierung darauf bestanden, dass diese politische Entscheidung fallen muss. Da das nächste turnusgemäße Treffen der Euro-Gruppe erst Mitte Mai vorgesehen ist, dürfte ihr Vorsitzender Jean-Claude Juncker rasch ein Sondertreffen einberufen, womöglich per Video- oder Telefonkonferenz. Damit könnten die Gelder schneller fließen. Parallel schnürt der IWF in Washington sein Kreditpaket.
Bundestag muss zustimmen
Sobald die Euro-Länder festgelegt haben, mit wie viel Geld sie sich jeweils an dem Kredit beteiligen, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine "gesetzliche Ermächtigung" des Bundestags einholen. Der Grund: Die deutsche Staatsbank KfW wird auf Anweisung des Bundesfinanzministeriums den Griechen einen Hilfskredit zur Verfügung stellen. Für die ausgeliehene Summe würde der Bund eine gesetzlich abgesicherte Ausfallbürgschaft übernehmen. Dazu ist ein Gesetz notwendig, das der Bundestag beschließen muss.
Am kommenden Montag will das Bundeskabinett den Hilfen von deutscher Seite zustimmen. Danach bringen die Koalitionsfraktionen den entsprechenden Gesetzentwurf im Bundestag ein. Außerdem finden dann Sondersitzungen aller Fraktionen statt. Zudem will Schäuble mit den Fraktionschefs das Vorgehen beraten. Im Laufe der Woche soll der Bundestag zustimmen. Kurz darauf befasst sich der Bundesrat mit dem Gesetz, er soll spätestens am kommenden Freitag grünes Licht geben. Dann muss das Gesetz vom Bundespräsidenten unterschrieben und veröffentlicht werden. Spielen alle Beteiligten mit, wäre das binnen weniger Tage möglich.
Die Regierung befürchtet allerdings, dass eine weitere Hürde überwunden werden muss: das Bundesverfassungsgericht. Eine Klage könnte eine Beteiligung an der Rettungsaktion verhindern oder zumindest verzögern. Deshalb will die Regierung sicherstellen, dass die politischen Vorgaben bei allen vorangehenden Schritten eingehalten werden: Es darf sich auf keinen Fall um ein "Bail-out" handeln, also eine vom Euro-Stabilitätspakt und vom Bundesverfassungsgericht untersagte Übernahme von Staatsschulden durch andere Euro-Mitgliedsländer.
Weitere Milliarden nötig
Ende kommender Woche stimmt das griechische Parlament über den ausgehandelten Sanierungsplan ab. Spätestens am 10. Mai will die Regierung diese Zusagen IWF und EU schriftlich zusichern. Anschließend findet die Telefonkonferenz oder ein Sondergipfel europäischer Staats- und Regierungschefs statt, um die Hilfen freizugeben. Parallel entscheidet das IWF-Direktorium zwischen dem 10. und dem 12. Mai über das Kreditprogramm.
Anschließend, allerdings vor dem 19. Mai, zahlen IWF und Euro-Länder erste Tranchen des Kreditprogramms aus. Damit bekommt Griechenland die dringend benötigten 8,5 Mrd. Euro. Damit kann das Land eine Anleihe zurückzahlen, die an diesem Tag fällig wird. Doch das ist erst der Anfang, denn Griechenland muss für seinen Schuldendienst in den nächsten zwölf Monaten rund 39 Mrd. Euro aufbringen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP