Wirtschaft

Börsengang, zweiter Versuch Deutsche Annington vor IPO abgestraft

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Ein glanzvoller Börsengang sieht zwar anders aus, aber hinter dem holprigen IPO des größten deutschen Wohnimmobilienkonzerns Deutsche Annington steckt ein System. Die Eigentümer, so wird etwa unter Marktteilnehmern spekuliert, könnten den Gang aufs Parkett als Startschuss zu weiteren Verkäufen nutzen.

Nach dem gescheiterten Gang aufs Parkett vor einer Woche lässt sich auch der zweite Anlauf von Deutsche Annington schwierig an: Der Immobilienkonzern legte den Emissionspreis für die angebotenen Aktien auf 16,50 Euro je Aktie fest. Das ist nur das untere Ende der Angebotsspanne, die einen Preis von bis zu 17 Euro vorgesehen hatte.

Dabei hatte Deutsche Annington schon deutliche Zugeständnisse gegenüber dem ersten Initial Public Offering (IPO) gemacht. Nachdem das Unternehmen vergangene Woche bei seinem geplanten Börsendebüt in letzter Sekunde wegen der schleppenden Nachfrage einen Rückzieher gemacht hatte, schraubte es die Erwartungen für den zweiten Anlauf erheblich herunter. Statt bis zu 21 Euro je Aktie gab sich Annington auch mit weniger zufrieden. Anders als ursprünglich geplant, bot der Bochumer Konzern seine Anteilsscheine auch nur noch institutionellen Investoren wie Banken, Fonds oder Versicherungen an.

"Das Interesse der Anleger ist bisher sehr zurückhaltend", umschrieb ein Händler, der die Aktie der Deutsche Annington im vorbörslichen Handel betreut, die aktuelle Lage. Auch die Investoren, die zu 16,50 Euro beim IPO keine Stücke zugeteilt bekommen hätten, seien bei ihm bisher nicht vorbei gekommen. Der Preis laute momentan daher - breit, aber echt - 16,00 zu 17,00 Euro. Eine klare Indikation für den ersten Handelstag sehe er nicht. "Wichtig ist, dass der Kurs nicht unter den Emissionspreis fällt", so ein anderer Händler. Sonst dürfte es immer schwerer werden, Immobilien-Aktien am Markt zu platzieren.

Milliarden-Marktkapitalisierung

Obwohl Annington britische Investoren an Bord holte, die für einen erfolgreichen Gang aufs Parkett am Donnerstag garantieren sollten, erreichte der Immobilienkonzern jetzt nur das untere Ende der Angebotsspanne. Aus der Platzierung der neuen Aktien erwartet die Deutsche Annington einen Bruttoerlös von rund 400 Millionen Euro. Das Platzierungsvolumen beträgt bei vollständiger Ausübung der Greenshoe-Option 575 Mio. Euro. Bei ihrem ersten Versuch des Börsengangs wollte die Deutsche Annington noch ein Platzierungsvolumen von über 1 Mrd. Euro erreichen.

Ausgegeben werden nun 34,8 Millionen Aktien, davon 24,2 Millionen aus Kapitalerhöhungen. Bei dem Emissionspreis ergibt sich eine Marktkapitalisierung von insgesamt 3,7 Mrd. Euro. Der Streubesitz wird sich nach der Platzierung der angebotenen Aktien und einer vollständigen Ausübung der Greenshoe-Option auf rund 15,5 Prozent belaufen. Eigentlich hatte das Unternehmen beim ersten Versuch noch einen Streubesitz von rund einem Viertel angestrebt. Ein hoher Free Float ist wichtig, um beispielsweise in den Mittelwerteindex MDAX aufgenommen zu werden. Je höher der Streubesitz, desto besser sind die Chancen.

In der vergangenen Woche hatte die Deutsche Annington überraschend ihren Börsengang zunächst abgesagt. Die Gründe für die Probleme beim ersten Anlauf aufs Parkett waren vielfältig. Zum einen hatte sich die Stimmung an den Kapitalmärkten deutlich eingetrübt. Zum anderen gilt der Immobiliensektor vielen Investoren schlicht als zu heiß. Die Aktien der börsennotierten Unternehmen aus dem Sektor haben zuletzt deutlich verloren. Die Kurse haben ihre Höchststände Analysten zufolge bereits erreicht.

IPO als Start für eine Verkaufswelle?

Den Sinneswandel für den plötzlichen Börsengang begründete die Deutsche Annington selbst mit dem stabileren Umfeld. Am Markt wird auch auf die Strategie der Eigentümer verwiesen: Analyst Manuel Martin von Close Brother Seydler Research erklärte, die Altaktionäre würden sich dadurch eine bessere Möglichkeit schaffen, um künftig weitere Aktien am Markt zu verkaufen. Sobald die Deutsche Annington erst einmal notiert ist, könnten die Eigentümer nach und nach Anteile abstoßen. Für die Finanzinvestoren Terra Firma und CPI Capital Partners gilt eine Haltefrist von sechs Monaten.

Mit dem Erlös aus der Kapitalerhöhung will die Deutsche Annington ihre Schulden reduzieren und den Verschuldungsgrad verbessern, um künftig auch unbesicherte Anleihen zur Refinanzierung ausgeben zu können. Wie die Bochumer selbst kürzlich mitteilten, soll kurz bis mittelfristig ein ausgewogener Mix aus besicherten und unbesicherten Finanzierungsinstrumenten erreicht werden. Um sich günstige Konditionen zu sichern, lässt sich die Gesellschaft von Standard & Poor's bewerten. Die Ratingagentur vergab kürzlich das vorläufige Investmentgrade-Rating "BBB" mit einem stabilen Ausblick an die Deutsche Annington.

Dieses Rating ist nach Angaben eines Investors, der namentlich nicht genannt werden wollte, an die Voraussetzung geknüpft, dass die Erlöse des Börsengangs zur Tilgung von Schulden genutzt werden. Nur wenn das geschieht, bekommt Annington nach Angaben des Investors das anvisierte Rating. Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte dies auf Nachfrage. Sie verwies außerdem darauf, dass laut Prospekt in Kürze die Ausgabe eines unbesicherten Bonds geplant sei. Die Deutsche Annington braucht dementsprechend den Börsengang, um sich ihr Rating zu sichern.

Die Deutsche Annington ist ein Schwergewicht in der Immobilienbranche. Das Unternehmen beschäftigt etwa 2.400 Mitarbeiter. Gemessen am Portfoliowert und der Anzahl der Wohneinheiten sind die Bochumer sogar Deutschlands größte private Wohnimmobiliengesellschaft. Das Unternehmen besitzt mehr als 180.000 Wohneinheiten. Zwar ist das Immobilienunternehmen in ganz Deutschland vertreten, der Großteil des Portfolios befindet sich jedoch in den alten Bundesländern und in Berlin.

Quelle: ntv.de, DJ

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