Früher Vogel fängt den Wurm Deutsche Bank im Vorteil
12.09.2010, 15:05 UhrWenn Basel III beschlossene Sache ist und die Eigenkapitalunterlegung für Banken feststeht, werden die Banken am Geldtrog Schlange stehen. Glücklich darf sich dann der schätzen, der auf der Pole Position steht. Den letzten dagegen, werden wohl die Hunde beißen.
Ein geschickter Schachzug ist die bevorstehende Kapitalerhöhung der Deutschen Bank nach Ansicht von Investmentbankern allemal. Denn wenn am Sonntag oder Montag die neuen Mindest-Eigenkapitalquoten für die Banken feststehen, erwarten sie eine Welle von Aktienemissionen, um die Kapitaltöpfe aufzufüllen. "Der Erste hat immer einen veritablen Wettbewerbsvorteil", sagt ein Banker. Und wenn selbst die größte deutsche Bank Investoren um bis zu neun Mrd. Euro Kapital bittet, müssen sich andere nicht schämen. Unicredit, BNP Paribas oder Societe Generale könnten ihr folgen. Für die teilverstaatlichte Commerzbank könnte es 2010 dagegen nicht mehr reichen. Die im internationalen Vergleich gut kapitalisierten Schweizer Großbanken wollen nicht mehr an den Markt gehen.
Kluger Schachzug
Der frühe Vogel fängt den Wurm - diese Binsenweisheit dürfte auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann kennen. "Der Deutschen Bank ist es immer gelungen, die Gelegenheit beim Schopf zu packen", zollt ein US-Banker Respekt, der nicht genannt werden will. Fast jede Investmentbank will bei dem lukrativen Auftrag bedacht werden, keine will sich daher aus der Deckung wagen. Neun Mrd. Euro ließen sich bei Investoren durchaus unterbringen, das hätten jüngste Umfragen in der Branche gezeigt. "Die Deutsche Bank hat den Zeitpunkt klug gewählt. Es war lange Zeit keine Bank am Markt", sagt ein Investmentbanker. "Vermutlich hat die Deutsche Bank Zusagen für 15 Mrd.", ergänzt ein Kapitalmarktexperte. Für andere Banken bleiben nach dem Überraschungscoup wohl nur die Brosamen.
Die Commerzbank hofft eigentlich, noch in diesem Jahr bis zu fünf Mrd. Euro einsammeln zu können, um ein Zeichen zu setzen, dass sie die gut 18 Mrd. Euro schwere Staatshilfe zurückzahlen kann. Insgesamt braucht sie nach Schätzungen von Barclays sogar zehn Mrd. Euro frisches Kapital, um auf eine nach Basel III ausreichende harte Kernkapitalquote von sechs Prozent zu kommen. Das kann sie sich zunächst abschminken: "Der Markt ist damit völlig leergefegt. Ich halte jede Wette dagegen, dass sie jetzt 2010 noch eine Kapitalerhöhung platzieren kann", sagt ein Banker einer Investment-Boutique. Die Deutsche Bank habe den Lokalrivalen düpiert: "Die einen reden, die anderen handeln."
Geld liegt nicht auf der Straße
Die Frankfurter Rivalität um die Gunst der Anleger ist keine Frage des Geschäftsmodells: eine funktionierende Investmentbank, die sich im Privatkundengeschäft mit der Postbank stärkt, gegen ein angeschlagenes Privatkundeninstitut, bei dem die Hoffnung auf Erholung im Vordergrund steht. Eigentlich eine Angelegenheit für ganz unterschiedliche Investoren.
Doch deren Geld lässt sich nicht beliebig vervielfältigen, und insgesamt brauchen Europas Banken nach Analystenschätzungen mehrere hundert Mrd. Euro an zusätzlichem Kapital, das sich nicht ganz aus künftigen Gewinnen erwirtschaften lassen wird. Banken stünden bei Anlegern wegen der mageren Aussichten auf Dividenden infolge der verschärften Eigenkapitalregeln nicht hoch im Kurs, Großanleger schichteten nur innerhalb des Sektors um, erklärt ein Banker. Mehr Geld für eine Bank heißt damit weniger für die andere.
Bestandsschutz für Commerzbank
"Bei dem niedrigen Kurs macht eine Kapitalerhöhung auch keinen Sinn", sagt Analyst Dieter Hein von Fairesearch mit Blick auf die Commerzbank. "Es ist noch viel zu früh, um den Bund los zu werden." Wegen Basel III hat die Nummer zwei in Deutschland weniger Eile als andere. Zwar liegt ihre Kapitalausstattung ohne die Finanzspritze des Bundes mit "harten" 3,4 Prozent weit unter den neuen Hürden, und die neuen Regeln dürften nach Berechnungen von Barclays weitere 1,5 bis 2,0 Prozent davon abknapsen. Doch soll die Stille Einlage nach den Baseler Plänen über 2013 hinaus Bestandsschutz genießen.
Quelle: ntv.de, rts