Nachhilfe im Steuereintreiben für Athen Deutsche Beamte wollen ran
25.02.2012, 12:18 Uhr
(Foto: dapd)
Das von Sparprogrammen zermürbte Griechenland sitzt auf einem großen Schatz, den es aus eigener Kraft nicht heben kann: 63 Milliarden Euro Steuern schulden allein die größten Steuersünder dem griechischen Fiskus. Nun wollen mehr als 160 deutsche Finanzbeamte Griechenland helfen, dieses Geld auch einzutreiben.
Deutsche Finanzbeamte sollen dem Euro-Krisenland Griechenland beim Aufbau einer modernen Finanzverwaltung helfen. Dazu stünden bereits über 160 Freiwillige aus deutschen Finanzbehörden bereit, sagte Staatssekretär Hans Bernhard Beus aus dem Bundesfinanzministerium der "Wirtschaftswoche".
Griechenland hat große Probleme mit seiner Finanzverwaltung sowie beim Eintreiben seiner Steuern. Im Januar hatte die Regierung in Athen eine 170 Seiten lange Liste mit den Namen von 4000 Steuersündern veröffentlicht. Sie schulden dem griechischen Staat den Angaben zufolge insgesamt knapp 15 Mrd. Euro. Die Regierung unter Ministerpräsident Lucas Papademos hatte angekündigt, hart gegen Steuersünder vorzugehen
Dicke Fische werden kaum geprüft
Wie das Blatt unter Berufung auf ein vertrauliches Dossier der Generaldirektion Steuern der EU-Kommission berichtete, gibt es sogar Forderungen des griechischen Staates gegenüber den größten Steuerschuldnern in Höhe von 63 Mrd. Euro. 75 Prozent der qualifizierten Selbstständigen wie Ärzte, Notare und Ingenieure würden Einkünfte unterhalb des steuerlichen Existenzminimums erklären, die 1000 größten Steuerzahler mit 50 Prozent des Steueraufkommens würden kaum überprüft. 15 bis 20 Mrd. Euro Steuern würden jährlich hinterzogen.
Besonders viele deutsche Finanzbeamte, die nun in Griechenland helfen sollen, kommen laut dem Bericht aus Nordrhein-Westfalen. Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans sagte dem Blatt: "Griechenland steht heute vor den Problemen, die die ehemalige DDR 1990 hatte." Allerdings warnte er zugleich: "Die schon erheblichen Vorbehalte mancher Ostdeutschen gegen die Wessis werden bei den Griechen gegenüber den Deutschen ungleich größer sein - auch wegen manch unpassender Töne aus Deutschland."
Auch der hessische Finanzminister Thomas Schäfer stelle ein Kontingent für den Aufbau. Hessen habe vor rund 20 Jahren vergleichbare Aufbauarbeit in der thüringischen Landesverwaltung geleistet, sagte Schäfer dem Magazin: "Wir sollten bei der Hilfe für Griechenland auch die Möglichkeit der Reaktivierung deutscher Steuerbeamter im Ruhestand in Erwägung ziehen, da hier große praktische Erfahrungen mobilisiert werden können."
"Gebt Griechenland eine Chance"

Ein Unterstützer des "No Troika-Bündnis" wirbt für mehr Herz für Griechenland.
(Foto: dapd)
Große Unternehmen in Griechenland ergreifen derweil das Wort, um für Unterstützung des Landes zu werben. In ganzseitigen Anzeigen in überregionalen deutschen Tageszeitungen werben sie eindringlich um Unterstützung für das Euro-Krisenland. Angesichts des harten Sparprogramms und des Wirtschaftseinbruchs in Griechenland hieß es in den Anzeigen: "Unsere Partner in Europa haben zu uns gestanden. Wir benötigen diesen Beistand, ebenso wie die Luft zum Atmen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Und wir verdienen die Gewissheit, dass hierbei eine faire Chance auf Erfolg besteht."
Die harten Sparprogramme hätten sich dramatisch auf die Lebensbedingungen der Griechen ausgewirkt. Nur mit Strukturreformen könne ein "neues Griechenland" geschaffen werden: "Ein modernes und produktives Griechenland mit einer nachhaltigen Zukunft in Europa."
Weiter hieß es: "Wir sind Bürger der EU, die hart arbeiten und ihre Steuern bezahlen - und doch sehen wir uns momentan unfairen Klischeevorstellungen ausgesetzt. Wir sind Europäer und wir streben an, in Europa eine konstruktive Rolle zu spielen. Wir werden unser Versprechen halten. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Wir haben bereits große Opfer gebracht. Wir sind bereit, mehr zu tun."
Zu den Unterstützern der Initiative zählen laut Internetseite "greeceischanging.com" unter anderem die griechische Fluggesellschaft Aegean Airlines, der Getränkeabfüller Coca-Cola Hellenic, die Piräus Bank, die Raffinerie Hellenic Petroleum und das Telekommunikationsunternehmen OTE.
Quelle: ntv.de, nne/dpa