S&P ärgert Euro-Länder Deutscher Beitrag könnte steigen
14.01.2012, 08:15 Uhr
Neun Euroländer stuft die Ratingagentur Standard & Poor's herunter, zu ihnen gehört Frankreich. Hinzu kommen die Probleme in Griechenland und beim neuen Fiskalpakt. Ökonomen nennen die Herabstufung nicht nachvollziehbar, in Japan macht sich Sorge breit und deutsche Politiker sehen jetzt die Bundesrepublik massiv unter Druck.
Nach der Herabstufung von neun Euroländern durch die Ratingagentur Standard & Poor's bemühen sich die Politiker um Schadensbegrenzung. Unklar sind vor allem die Auswirkungen auf den Euro-Rettungsfonds EFSF, nachdem das Euro-Schwergewicht Frankreich seine Top-Bonität verloren hat. Deutschland steht nach Einschätzung von S&P zwar hervorragend da, doch dies könnte nach Einschätzung von Beobachtern auch dazu führen, dass es einen noch höheren Beitrag zur Euro-Rettung zahlen muss als bisher.
Deutsches Haftungsrisiko steigt deutlich
So erwartet der FDP-Finanzexperte Frank Schaeffler ein deutlich höheres Haftungsrisiko, was dazu führe, dass der deutsche Beitrag zum Triple-A-Rating des EFSF von rund 40 auf fast 75 Prozent steige. Der deutsche Garantierahmen von 211 Milliarden Euro werde daher nicht ausreichen, sagte Schäffler dem "Handelsblatt". Und das werde auf Dauer auch das deutsche Rating belasten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich auf einer CDU-Vorstandsklausur in Kiel heute zu den Ratings und dem weiteren Vorgehen in der Schuldenkrise äußern. Schwierigkeiten gibt es derzeit auch in Griechenland, wo der geplante Schuldenschnitt mit Bankenbeteiligung noch nicht unter Dach und Fach ist, und bei den Vorbereitungen für einen Fiskalpakt. Kritiker warnen vor einer Aufweichung der Bedingungen.
S&P hatte am Freitagabend auch Italien, Spanien, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern herabgestuft, neben Frankreich verlor auch Österreich die Spitzennote "AAA".
Ökonomen können Schritt nicht nachvollziehen
Europas Politiker hätten nicht genug getan, um die Schuldenkrise einzudämmen, begründete S&P die Herabstufungen. Die Ratingagentur zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen des Eurogipfels im Dezember. Die Kreditkonditionen verschlechterten sich genauso wie die wirtschaftlichen Aussichten, warnte S&P. Europas Politiker seien sich noch immer uneins, wie die Krise zu lösen sei.
Dem widerspricht der Allianz-Volkswirt Rolf Schneider. "Angesichts der weitreichenden Reformen in vielen Krisenländern der Eurozone sind die Herabstufungen nicht nachvollziehbar", sagte Schneider, stellvertretender Chefvolkswirt bei der Allianz. Der jüngste EU-Gipfel hat nach seiner Einschätzung mit dem Fiskalpakt große Fortschritte gebracht. S&P hätte hier zumindest die weitere Ausgestaltung auf dem nächsten Gipfeltreffen Ende Januar abwarten können.
Weitere Herabstufungen als Folge
Für 14 Länder ist der Ausblick negativ, auch wenn der Kelch einer Herabstufung jetzt an manchen vorübergegangen war. Die Chance liege damit bei eins zu drei, dass die Staaten in diesem oder dem kommenden Jahr heruntergestuft würden, erklärte S&P in einer Mitteilung. Neben Deutschland hat einzig noch die Slowakei in der Eurozone einen stabilen Ausblick.
"Es sind nicht die Ratingagenturen, die Frankreichs Politik diktieren", sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister François Baroin im Fernsehsender France 2. Er rief dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren. Der Verlust der Note "AAA" sei keine gute Neuigkeit, aber auch keine Katastrophe. Frankreich behalte eine "exzellente Benotung".
Das Bundesfinanzministerium erklärte, mit den bisherigen Beschlüssen würden die Finanzen der Mitgliedsstaaten der Eurozone nachhaltig stabilisiert. "Wir haben in jüngster Zeit erfahren, dass die Märkte dieses bereits positiv zur Kenntnis nehmen." Auch der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, verwies auf die Fortschritte bei den Reformen.
S&P aggressiver als andere Agenturen
Tatsächlich waren einige Euroländer wie Italien jüngst wieder einfacher an Geld gekommen. Nichtsdestotrotz gehörte der Südstaat zu denjenigen, die direkt um zwei Stufen abgewertet wurden. Auch Zypern, Portugal und Spanien widerfuhr dieses Schicksal. Neben Frankreich rutschten Malta, die Slowakei und Slowenien um eine Stufe ab, genauso wie das bisher mit einer Spitzenbonität ausgestattete Österreich.
"Das ist schon ernst zu nehmen, zunächst einmal auf der europäischen Ebene", sagte der Chef der österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, am Abend dem Fernsehsender ORF. "Natürlich gibt es viele Gründe, warum man mit dem Fortschritt in Europa nicht zufrieden sein kann. Nur das, was jetzt passiert, wird den Fortschritt eher erschweren."
Er sprach von einer politischen Aktion. Standard & Poor's sei "sicherlich sehr viel aggressiver und sehr viel politischer" als die Konkurrenten Moody's und Fitch. Als einzige Agentur hatte S&P auch den USA ihr Top-Rating im vergangenen Sommer aberkannt. EU-Währungskommissar Olli Rehn ging ebenfalls mit der Entscheidung von S&P ins Gericht: "Das geschieht zu einer Zeit, in der die Eurozone entschlossen an allen Fronten auf die Krise antwortet", sagte der Finne.
Japan rechnet mit Herabstufung
Japans Ministerpräsident Yoshihiko Noda fürchtet nun, dass sein Land nach der Herabstufung Frankreichs in den Fokus rückt. Europas Schuldenkrise sei nicht nur auf der anderen Seite eine Katastrophe, sagte Noda in einem Fernsehinterview mit "TV Tokyo". Wenn sich Japan auch in Zukunft bei der Haushaltsgestaltung nur auf das konzentriere, was gut für die Gegenwart sei, könne das Land in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Deswegen sei bei der Fiskalpolitik eine gewisse "Krisenstimmung" angebracht.
Noda hatte am Vortag sein Kabinett umgebildet. Mit diesem Schritt will der Ministerpräsident die Chancen erhöhen, dass eine umstrittene Steuerreform doch noch verabschiedet wird. Den steuerpolitischen Hardliner Katsuya Okada ernannte Noda zu seinem Stellvertreter. Japans Steuereinnahmen sinken seit Jahren.
Die größte der US-Ratingagenturen hatte Anfang Dezember die Noten der Eurostaaten unter verschärfte Beobachtung gestellt. Neben der Bundesrepublik behalten nun nur noch die kleineren Länder Niederlande, Finnland und Luxemburg ihre Topbonität. Weltweit sind es ohne Hongkong noch 13 Staaten.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts