Wirtschaft

Branchenprimus Deutschland Eurozone kommt nur schwer in Tritt

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum kann ihre Probleme nur schwer abschütteln. Zwar zeigen etliche Indikatoren nach oben. Doch geht dies oftmals auf die Schwergewichte zurück. Unter dem Strich lässt der Norden den Süden zunehmend hinter sich.

Deutschland trägt weiter entscheidend zur Konjunkturaufhellung in der Eurozone bei. Derzeit liegen die Erwartungen für die Wirtschaftsaussichten im Währungsraum auf dem höchsten Stand seit drei Jahren, wie das Münchner Ifo-Institut zu seinem Wirtschaftsklima mitteilte. "Das gute Ergebnis kommt aber vor allem aufgrund der Meldungen aus Deutschland zustande, das als größtes Land viel Gewicht hat", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. "Die Spaltung in der Konjunktur zwischen dem Norden und Süden hat sich verstärkt."

Das Barometer der Münchner Forscher für das vierte Quartal lag mit 114,7 Punkten zwar erstmals seit Ende 2011 über seinem langfristigen Durchschnitt. Sinn betonte jedoch mit Blick auf die Umfrage unter 285 internationalen Experten: "Auch wenn sich die aktuelle Lage im Euroraum etwas aufgehellt hat, wird sie weiterhin als ungünstig angesehen." Hohe Arbeitslosigkeit, Haushaltsdefizite der öffentlichen Hand und fehlende Nachfrage machten nach wie vor vielen Ländern zu schaffen.

Die aktuelle Wirtschaftslage habe sich in Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und Zypern zum Sommerquartal kaum geändert und bleibe auf Krisenniveau. In Irland, Slowenien und den Niederlanden habe sich die Situation wieder etwas verschlechtert. Die Konjunkturbewertungen für Belgien, Finnland und Frankreich hätten sich zwar etwas aufgehellt, signalisierten aber immer noch eine schwache wirtschaftliche Verfassung. Nur für Deutschland und Estland bescheinigen demnach die befragten Wirtschaftsexperten nach wie vor eine befriedigende bis gute Konjunktur. Die Erwartungen für die nächsten sechs Monate hätten sich allerdings mit Ausnahme von Belgien und Luxemburg in allen Euro-Ländern stark aufgehellt.

Dienstleistungssektor bremst weniger stark

Unterdessen hat die Erholung im Euroraum zu Beginn des vierten Quartals nicht so deutlich an Schwung verloren wie befürchtet. Das ging vornehmlich auf die Entwicklungen in den beiden Schwergewichtsländern Deutschland und Frankreich zurück.

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für den größten Wirtschaftssektor im gemeinsamen Währungsraum ging im Oktober nur auf 51,6 Punkte zurück von 52,2 im Vormonat, wie der Datendienstleister Markit bei einer zweiten Veröffentlichung berichtete. Beim der Schnellschätzung war ein Rückgang auf 50,9 berichtet worden. Volkswirte hatten eine Bestätigung der ersten Meldung erwartet. In Deutschland und Frankreich verliefen die Geschäfte im Service-Sektor im Oktober besser als zunächst berichtet.

"Die Verlangsamung des Aufwärtstrends gibt Anlass zur Sorge, dass der Aufschwung ins Stocken geraten könnte, und erhöht den Druck auf die Europäische Zentralbank, die Erholung zu fördern", sagte Markit-Chefökonom Chris Williamson mit Blick auf die Ergebnisse der Befragung von rund 5.000 Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Am morgigen Donnerstag wird sich die Europäische Zentralbank zur Zinspolitik äußern.

Weniger erfreuliche Nachrichten kommen derweil vom Einzelhändler in den 17 Euroländern. Dort sank der Umsatz im September stärker als erwartet. Laut Statistikbehörde Eurostat gingen sie saisonbereinigt um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurück. Auf Jahressicht stiegen die Erlöse um 0,3 Prozent. Am stärksten hatte der Handel in Portugal mit minus 6,2 Prozent im Monatsvergleich, in Slowenien mit minus 4,0 Prozent und in Spanien mit minus 2,5 Prozent zu kämpfen. In Deutschland sanken die Einnahmen auf Monatssicht  um 0,4 Prozent. In der gesamten EU der 28 Mitgliedsländer fiel der Umsatz zum August um 0,3 Prozent. Binnen Jahresfrist wurde ein Anstieg um 0,8 Prozent erreicht.

Deutsche Industrie füllt sich die Bücher

Für eine Überraschung sorgte indes der Ordereingang der deutschen Industrie im September. Die Unternehmen zogen 3,3 Prozent mehr Bestellungen als im Vormonat an Land, wie das Bundeswirtschaftsministerium. Im August hatte das Neugeschäft noch um 0,3 Prozent nachgelassen.

Grund für den unerwarteten Anstieg waren die überdurchschnittlich vielen Großaufträgen. So habe etwa die die Nachfrage nach Investitionsgütern wie Maschinen und Fahrzeuge um 5,5 Prozent zugelegt. Das Auslandsgeschäft stieg hier sogar um 10,2 Prozent, allein aus der Euro-Zone fast um ein Viertel.

Während die Bestellungen insgesamt aus dem Inland um ein Prozent sanken, zogen die Auslandsorders um 6,8 Prozent an. Für den Ministerium signalisiere der Trend steigender Inlandsbestellungen von Investitionsgütern eine sich belebende Investitionstätigkeit. Angesichts der weiter schwachen Auslandsimpulse bestätige sich das Bild, dass die Binnenwirtschaft zunehmend die Konjunktur anschiebe.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn hatte Deutschland am Vortag für seine anhaltend hohen Leistungsbilanzüberschüsse kritisiert und Maßnahmen für einen "anhaltenden Lohnanstieg" gefordert.

Auch die britische Industrie übertraf die Erwartungen im September. Folglich fiel die Produktion im dritten Quartal insgesamt etwas höher ausfiel als geschätzt. Nach den Daten der Statistikbehörde des Landes stieg die Industrieproduktion im Vergleich zum Vormonat um 0,9 Prozent und auf Jahressicht um 2,2 Prozent.

Bei der ersten Schätzung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das dritte Quartal hatten die Statistiker einen Anstieg der Industrieproduktion von 0,5 Prozent angenommen. Die Abweichung von 0,1 Punkt dürfte sich auf die zweite Veröffentlichung des BIP minimal auswirken. Bei der ersten Veröffentlichung war ein BIP-Wachstum von 0,8 Prozent ausgewiesen worden.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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