Attacken gegen den Großaktionär Dicke Luft bei Celesio
17.05.2011, 17:12 UhrTurbulente Hauptversammlung beim Pharmahändler Celesio: Die Aktionäre sind wütend wegen des Weggangs von Vorstandschef Oesterle. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang den Großaktionär Haniel und dessen Chef Kluge scharf.
Blumen für den scheidenden Chef, Prügel für den Mehrheitsaktionär: Die Aktionäre von Celesio liefen auf einer äußerst turbulenten Hauptversammlung Sturm gegen den Abschied des langjährigen Firmenchefs Fritz Oesterle und das Verhalten von Großaktionär Haniel. "Wir wollen Oesterle behalten und die Haniel-Truppe im Aufsichtsrat in die Wüste schicken", forderte ein Aktionär unter dem Applaus der knapp 700 Aktionäre in der Porsche-Arena in Stuttgart.
Im Kreuzfeuer der Kritik stand vor allem der Haniel-Chef Jürgen Kluge, der dem Celesio-Aufsichtsrat vorsitzt. Er kündigte an, schon bald einen neuen Vorstandschef präsentieren zu wollen. Kluge hat sich zuletzt mit dem Vorstand einen öffentlichen Streit über die Strategie des Unternehmens geliefert. "Die zerstörerische Öffentlichkeitsarbeit des Aufsichtsratsvorsitzen hat für uns Aktionäre Kursverluste bedeutet", sagte Norbert Vowinckel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).
Kluge hatte Celesio Mitte April vorgeworfen, keine klare Strategie zu haben und schlechter dazustehen als viele Rivalen. Der Celesio-Vorstand attackierte Kluge daraufhin und beschuldigte ihn in einem Brief an die Aufsichtsräte von Celesio und Haniel, den Ruf des Pharmahändlers zu beschädigen. Die Vorgänge erinnerten ihn an das Personalgerangel bei der FDP oder Bayern München, sagte Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Kein gegenseitiges Vertrauen
Bereits zuvor musste Kluge seine lange Rede über den Verlauf von Aufsichtsratssitzungen und die Vergütung des Vorstands wegen Zwischenrufen mehrmals unterbrechen. Seine Erklärung, die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sei von "intensivem offenen Dialog geprägt", empfanden viele Aktionäre als puren Hohn. Viele Aktionäre kündigten an, gegen die Entlastung des Aufsichtsrats zu stimmen.
Kluge wies die Rücktrittforderungen zurück. Den Wunsch, künftiger zurückhaltender zu agieren, habe er jedoch zur Kenntnis genommen, sagte er. Grundsätzlich stehe Haniel hinter dem Plan des Pharmagroßhändlers, die Abhängigkeit vom staatlich regulierten Arzneimittelgeschäft in den nächsten Jahren zu senken. Bis 2015 will Celesio den Anteil des Geschäfts, in dem Preise nicht von der Politik reguliert werden, auf mindestens 50 Prozent erhöhen, kündigte Oesterle auf seiner letzten Hauptversammlung als Celesio-Chef an. "Dies ist nur durch Akquisitionen und Transaktionen in größerem Umfang möglich."
Oesterle wird Ende Juni nach mehr als zwölf Jahren als Vorstandschef abtreten. Als Grund für die Trennung nannte Kluge fehlendes gegenseitiges Vertrauen zwischen Oesterle und dem Aufsichtsrat. Insidern zufolge ist Oesterles Abgang vor allem auf den Zwist mit Großaktionär Haniel zurückzuführen. So habe Haniel trotz anderslautender Beteuerungen den Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an Celesio ausgelotet.
Quelle: ntv.de, rts