Wirtschaft

Mainz bleibt abgekoppelt Die Bahn hat noch keine Lösung

Info-Tafel im Stellwerk in Oberhausen. Wer sich damit auskennt, müsste für die Bahn derzeit Gold wert sein.

Info-Tafel im Stellwerk in Oberhausen. Wer sich damit auskennt, müsste für die Bahn derzeit Gold wert sein.

(Foto: dpa)

Das ganze Wochenende arbeitet die Deutsche Bahn fieberhaft daran, das "Mainzer Chaos" aufzulösen, bislang steigt jedoch die Zahl der Zugausfälle. Kunden und Gewerkschaft schäumen, die Bahn gesteht ein bundesweites Problem, hat aber keine schnelle Antwort parat.

Drei neue Krankmeldungen in sieben Tagen legen mitten in der Urlaubszeit den Mainzer Hauptbahnhof lahm. Ist das nicht peinlich für die Bahn? Doch sehr, räumt DB-Netz Vorstand Frank Sennhehn zu Wochenbeginn ein. "Wir Bahner stehen eigentlich dafür, dass wir genau das verhindern, was jetzt passiert ist", sagte er der ARD. Doch auch wenn mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet werde, so schnell ließe sich das Problem einfach nicht beheben.

Dabei hört sich das Ganze erst einmal nicht so schwierig an: 15 Fahrtdienstleister sind im Mainzer Stellwerk beschäftigt. Davon sind derzeit insgesamt fünf erkrankt und drei im Urlaub. Bislang gab es deswegen in Mainz abends und nachts Zugausfälle und Umleitungen, vor allem bei Fernzügen. Seit Montag gelten die Einschränkungen ganztätig. "Wegen des entsprechend höheren Zugaufkommens durch Umleitung ist mit Verspätungen im gesamten Rhein-Main-Gebiet und Südhessen zu rechnen", kündigte die Bahn an. Für Regionalzüge bietet die Bahn nach eigenen Angaben nur einen Stunden- statt Halbstundentakt an. Nur noch wenige Fernzüge halten im Hauptbahnhof, viele werden umgeleitet.

Die Urlauber verpflichten, aus dem Urlaub zurückzukommen? Das will auch die Eisenbahngewerkschaft EVG nicht. Doch freiwillig scheint bislang niemand bereit dazu zu sein. Verdenken kann man ihnen das wohl nicht – schließlich ist nach Ansicht der Gewerkschaft kein Fehler im Dienstplan für das Chaos verantwortlich, sondern eine chronisch dünne Personaldecke in allen Stellwerken.

Bundesweites Problem

Da das nicht der Moment für Ausflüchte ist, räumt auch DB-Netz-Vorstand Sennhehn diesen Umstand umgehend ein: "Wir haben bundesweit eine angespannte Situation, das ist richtig. Wir sind dabei alle Stellwerke, bei denen wir ähnliche kritische Situationen haben, abzusichern." Doch eine Lösung für dieses Problem zu finden, scheint für die Bahn nicht so einfach zu sein: "Wir stellen jede Menge Leute ein, wir werden dieses Jahr 600 Leute zusätzlich im Bereich Fahrdienstleiter einstellen", versichert Sennhehn.

Angesichts tausender Bahnmitarbeiter, die in den nächsten Jahren in Rente gehen - die Rede ist von bis zu 20.000 Bahnern -, wirkt das erstmal wie ein Tropfen auf den heißen Stein. "Die Deutsche Bahn hat die Probleme des demografischen Wandels längst erkannt und steuert seit Längerem um: In den vergangenen Jahren haben wir bundesweit Zehntausende neue Mitarbeiter eingestellt und ausgebildet. Rund 10.000 waren es alleine 2012 und über 5000 in den ersten sechs Monaten 2013, darunter auch Fahrdienstleister, Zugpersonal und Mitarbeiter im Bordservice", erklärt DB-Personalchef Ulrich Weber in einer Pressemitteilung. Der Wind habe sich vor geraumer Zeit von der Sanierung zur Rekrutierung gedreht, auch wenn es noch Hausaufgaben gebe, sagt Weber. Er richtet das Wort wohl auch an die Adresse jener, die den massiven Sparkurs der Bahn für das Durcheinander verantwortlich machen.

Gesucht: erfahrene Stellwerker

Im Raum stehen bleibt jedoch der Vorwurf, dass der Wandel in der Personalpolitik für Mainz offenbar zu spät kommt: "Das Problem ist, dass die Ausbildung zum Fahrdienstleister im Schnitt sieben Monate beträgt und wir können nicht damit rechnen, die Leute sofort in den Dienst übernehmen zu können", bestätigt Sennhehn. Auch das man einfach einen Fahrdienstleister eines anderen Standortes kurzfristig einsetzt, gilt als so gut wie unmöglich: "Selbst wenn irgendwo anders in Deutschland noch jemand frei wäre, könne er nicht ohne weiteres in Mainz arbeiten", erklärt ein Bahnsprecher gegenüber n-tv.de. "Jeder Bahnhof ist verschieden, jedes Stellwerk ist anders", betont der Sprecher. So habe etwa das Baujahr Einfluss auf die verwendete Technik. Zudem müsse ein Fahrdienstleister seinen Bahnhof genau kennen und regelmäßig eingesetzt werden – das gehe auch aus Sicherheitserwägungen nicht anders.

Da wird auch die Forderung des Fahrgastverbandes ProBahn nicht helfen, sofort Fahrdienstleister auf das Stellwerk in Mainz abzustellen, um den regulären Zugbetrieb sicherzustellen. Und der dringende Appell an die Bahn, einen Pool von Fahrdienstleistern zu schaffen, um bei Ausfällen rechtzeitig reagieren zu können und nicht wochenlang einen wichtigen Knotenpunkt wie Mainz teilweise stillzulegen, kann wohl nur zukunftsorientiert zu verstehen sein.

So muss Mainz weiter ausharren. Die Bahnmitarbeiter und –kunden können derweil nur hoffen, dass die Deutsche Bahn aus dem Debakel lernt. Erste Erkenntnisse will die Deutsche Bahn am Dienstag verkünden. "Man wolle keine falsche Versprechungen machen und müsse daher erst noch einmal einige Dinge prüfen", erklärt Sennhehn. Am Mittwoch ist dann noch ein Spitzengespräch mit der EVG geplant. Besonders hoch sind die Erwartungen nicht.

Quelle: ntv.de

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