Bitten und Bieten Die China-Mission der EU
13.02.2012, 13:16 Uhr
Der chinesische Drache hat Hunger. Was macht die EU?
(Foto: REUTERS)
Der EU-China-Gipfel wirft seine Schatten voraus. Es geht um gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten, um die "Wahrung nationaler Interessen" und allem voran um Investitionen zur Stützung des Euro. Die Worte der Politiker müssen wohlgewählt sein, eine Enttäuschung kann sich weder die EU noch das Reich der Mitte leisten.
China und Europa sind abhängig voneinander: China wird in diesem Jahr zum größten Exportmarkt der Europäer aufsteigen, während die Europäische Union längst der größte Abnehmer chinesischer Ausfuhren ist. Auch bezieht China aus keiner Region der Welt soviel Technologie wie aus Europa. Da wundert es kaum, dass die europäische Schuldenkrise und die zeitweise Ratlosigkeit der Europäer im Umgang mit ihren Problemen auch in China große Verunsicherung ausgelöst hat.
Auf dem Höhepunkt der Krise platzte im Oktober sogar der lange geplante EU-China-Gipfel, weil Europas Spitzenpolitiker nicht abkömmlich waren. Jetzt stehen Sparpakt und Rettungsmechanismuspläne. So gilt es auf dem neuen EU-China-Gipfel an diesem Dienstag in Peking für die Europäer, neues Vertrauen zu gewinnen. "Alle europäischen Führer sind entschlossen, alles Notwendige zu tun, um die Krise zu bewältigen", betont der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy in einem Interview der chinesischen Zeitung "China Daily".
"Schreibt Europa nicht ab!"
"Vertut euch nicht: Europa wird aus dieser Krise herauskommen", gibt auch der EU-Delegationschef in Peking, Markus Ederer, vor chinesischen und internationalen Journalisten ein Signal der Zuversicht: "Schreibt Europa nicht ab!" Überhaupt, es gebe wenige Wirtschaftsregionen in der Welt, die so abhängig voneinander seien wie China und Europa, betont EU-Botschafter Ederer. "Wenn einer von uns in Schwierigkeiten steckt, gerät der andere auch in Bedrängnis."
Die Europäer wollen nicht als Bittsteller kommen, auch wenn größere Milliardeninvestitionen in den Euro-Rettungsschirm höchst willkommen wären. Mit 3,18 Billionen Dollar verfügt die zweitgrößte Wirtschaftsmacht über die weltgrößten Devisenreserven. Etwa ein Viertel davon soll nach Schätzungen in Euro gehalten werden. "Es geht nicht um Hilfe", sagt ein europäischer Botschafter. "Wenn sich China engagiert, dann in seinm eigenen Interesse."
Sicherheit statt Risiko
Erstmals gab Chinas Regierungschef Wen Jiabao vor zwei Wochen beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel zu erkennen, dass China nicht nur über den Internationalen Währungsfonds (IWF), sondern auch über die Rettungsschirme EFSF und dessen Nachfolger ESM einen größeren Beitrag zur Lösung der Schuldenkrise leisten könnte. Der EU-China-Gipfel soll jetzt mehr Klarheit bringen, wie das konkret aussehen könnte.
Die Anlage der Milliarden ist im chinesischen Volk aber ein heikles Thema. "Wir alle wissen, dass Chinas Devisenreserven die Früchte der Allgemeinheit, insbesondere der Arbeiterklasse, sind, die durch ihrer Hände Arbeit geschaffen wurden", sagte Xing Hua vom chinesischen Institut für Internationale Studien in Peking. "China muss sicherstellen, dass solche finanziellen Investitionen sicher sind und Risiken vermieden werden."
Seit dem Besuch der Kanzlerin hat Chinas Regierungschef sein Volk aber schon darauf vorbereitet, dass China den klammen Europäern unter die Arme greifen könnte. Wen Jiabao verwies auf die gegenseitigen Abhängigkeiten im Handel und Technologietransfer. Er sprach von der "Wahrung nationaler Interessen": "Indem wir helfen, den europäischen Markt zu stabilisieren, helfen wir uns selbst."
Allzu offen mögen europäische Spitzenpolitiker aber nicht über chinesische Hilfe reden. "Wir begrüßen das Vertrauen, dass China immer gegenüber Europa und dem Euro demonstriert hat", weicht auch Van Rompuy in dem Interview einer Frage nach der "Rettung" der Eurozone durch China aus. Der EU-Ratspräsident appelliert lieber an Chinas Eigeninteresse: "Der Euro ist die zweitgrößte Reservewährung der Welt und deswegen gibt es keinen Zweifel, dass die Stabilität der Euro-Zone wichtig für die Weltwirtschaft ist."
Quelle: ntv.de, dpa