Wirtschaft

Inside Wall Street Die Gefahr einer schnellen Erholung

Nach einem starken März hat die Wall Street den April - und damit das zweite Quartal - ebenfalls mit steigenden Kursen begonnen. Die Blue Chips klettern über 8000 Punkte, sämtliche wichtigen Indizes haben seit den Tiefständen um 25 Prozent zugelegt. Da fragt sich mach einer, ob man nicht doch einen Boden durchlaufen und eine Wende zum Besseren gesehen hat.

Und anstatt erneut auf die Argumente der Bären einzugehen, die von anhaltend schlechten Konjunkturdaten, weiteren Banken-Pleiten, Problemen im Automobilsektor und in der Industrie sowie einem mittelfristig katastrophalen Arbeitsmarkt ausgehen und schon aus technischen Gründen einen Test der Tiefstände fordern, halten wir uns einmal an die Optimisten. Gesetzt den Fall, dass die amerikanische Wirtschaft, gestützt von Stimulus-Milliarden und internationalem Goodwill, die Talsohle durchschritten hat, fragen wir uns: Was passiert nun? Wie stabil sind die Gewinne der nächsten Monate?

Das Conference Board, eine überparteiliche Expertengruppe in Washington, warnt vor den Folgen einer zu raschen Erholung. Wie alles was zu hastig gebaut werde, drohe auch eine übereilte Erholung letztlich instabil zu werden, heißt es. "Wir riskieren eine weitere Rezession im nächsten Jahr", warnt etwa Bart van Ark, der Chef-Volkswirt des Conference Board. "Eine zu schnelle Erholung könnte Inflation bringen", so van Ark. "Eine langfristige Erholung wäre dann wieder gefährdet."

An Inflation denken zurzeit wohl die wenigsten Anleger, doch ganz abwegig ist der Gedanke nicht. Zum einen hat die US-Konjunktur in den Achtzigerjahren genau dieses Szenario erlebt. Auf eine kurze Rezession 1980 folgte eine rasche Erholung mit steiler Inflation - und eine weitere Rezession in den beiden Folgejahren.

Zudem gibt es erste Anhaltspunkte für Inflation: So hat der Dollar in den letzten Wochen wieder nachgegeben und von seinem Zwischenhoch Anfang März bereits fünf Prozent abgegeben. Gleichzeit ist der Ölpreis wieder gestiegen, und auch im Lebensmittelbereich ziehen die Preise an. Mais und Sojabohnen, zwei der wichtigsten und zugleich selten beachteten Rohstoffe, haben sich allein im vergangenen Monat um zehn Prozent verteuert.

Gegen aufkommende Inflation spricht wohlgemerkt, dass die Notenbank gegensteuern kann. Schließlich notiert der Leitzins so niedrig wie nie - doch da sollte man ihn auch lassen, wenn man nicht eine neue Kredit- und Vertrauenskrise heraufbeschwören möchte. Insider an der Wall Street sind sich einig, dass die Fed die Zinsen vor Ende des Jahres nicht anheben kann, ohne weite Teile der noch immer schwachen Wirtschaft erneut unter Druck zu setzen.

Unterm Strich haben nun wieder die Bären die Oberhand. Denn selbst eine rasche Erholung, die sich Anleger wünschen, könnte langwierige Probleme mit sich bringen. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass eine stabile Trendwende Zeit kostet und sich das angeschlagene System gründlich reinigen muss bevor neue Gewinne gehalten werden können.

Quelle: ntv.de

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