Bankenrettung, Konjunkturhilfen & Co. Die Quittung folgt prompt
29.12.2009, 13:22 UhrDie teure Bankenrettung, milliardenschwere Konjunkturpakete und hohe Kosten für die Kurzarbeit lassen das deutsche Staatsdefizit explodieren. Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen geben bis Ende September 96,9 Mrd. Euro mehr aus als sie einnehmen.
Ein Jahr zuvor lag der Fehlbetrag lediglich bei 17,2 Mrd. Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Wegen der Kosten für den Kampf gegen die Wirtschaftskrise und Steuersenkungen erwarten Experten 2010 noch mehr neue Schulden.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet für 2009 mit einem Rekorddefizit von insgesamt 114 Mrd. Euro. "2010 dürfte dann sogar etwa 144 Mrd. Euro neue Schulden angehäuft werden", sagte IfW-Experte Alfred Boss zu Reuters. Grund dafür seien nicht nur die Folgen der Rezession, sondern auch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Regierung. Es sieht unter anderem die Erhöhung des Kindergeldes sowie Steuervorteile für Hoteliers und Konzerne vor.
"Ran an die Ausgaben"
Das IfW und Wirtschaftsweise raten der Bundesregierung angesichts der enormen Verschuldung zu einem Sparkurs. "Der Staat muss ran an die Ausgaben", sagte IfW-Experte Boss. "Es müssen endlich Subventionen gestrichen werden." Dadurch könnten etwa 120 Mrd. Euro jährlich gespart werden - etwa durch den Wegfall der Pendlerpauschale und der Agrar- und Steinkohlesubventionen.
Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, nannte die Senkung der Neuverschuldung eine "Herkules-Aufgabe" und forderte ebenfalls geringere Ausgaben. Wegen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse müsse der Staat sein Defizit ab 2011 stark senken. "Allein der Bund muss bis zum Jahr 2016 rund 37 Mrd. Euro dauerhaft einsparen", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates im SWR. "Und darin sind die Steuererleichterungen, die im Koalitionsvertrag ja mit rund 24 Mrd. Euro beziffert worden sind, noch gar nicht enthalten."
Grund für die explodierende Staatsverschuldung sind die hohen Kosten für den Kampf gegen die schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik. 16 Mrd. Euro kosteten allein der Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Bankenrettung und der Investitions- und Tilgungsfonds, aus dem die Konjunkturprogramme finanziert werden. Dadurch stiegen die Staatsausgaben um 7,9 Prozent auf 838,8 Mrd. Euro.
Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen
Gleichzeitig sorgte die schlechte Konjunktur für hohe Steuerausfälle. Dadurch sanken die Einnahmen um 2,4 Prozent auf 741,9 Mrd. Euro. Besonders hart traf es die Städte und Gemeinden: Den Kommunen nahmen 13,0 Prozent weniger Steuern ein, weil die Erlöse aus der Gewerbesteuer einbrachen.
Mehr als die Hälfte des Staatsdefizits geht auf das Konto des Bundes: In dessen Haushalt klaffte ein Loch von 49,2 Mrd. Euro - mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr mit 22,6 Mrd. Euro. Die Länder meldeten einen Fehlbetrag von 24,3 Mrd. Euro und die Kommunen von 6,7 Mrd. Euro. Vor einem Jahr hatten beide noch kräftige Überschüsse von 4,8 und 5,6 Mrd. Euro verbucht. Das Defizit der Sozialversicherung summierte sich auf 16,6 Mrd. Euro. Ursache ist das Minus bei der Bundesagentur für Arbeit, die mehr für Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld ausgeben musste.
Die Kreditmarktschulden der öffentlichen Haushalte lagen zum 30. September bei 1601,4 Mrd. Euro. Das waren 6,9 Prozent mehr als vor Jahresfrist.
Quelle: ntv.de, rts