Wirtschaft

Kampf gegen die Krise Die Züge der Notenbanken

Notenbanker unter sich: Fed-Chef Bernanke (l.) und EZB-Präsident (r.) Draghi

Notenbanker unter sich: Fed-Chef Bernanke (l.) und EZB-Präsident (r.) Draghi

(Foto: REUTERS)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise zwingt die Zentralbanken seit dem Sommer 2007 zu zahlreichen Notmaßnahmen: Sie mussten die Finanzmärkte stabilisieren, Banken retten und mit massiven Leitzinssenkungen ganze Volkswirtschaften vor dem Absturz bewahren. In den USA, Japan und Großbritannien stützten die Notenbanken mit dem Ankauf von Staatsanleihen die Märkte. Die europäische Schuldenkrise nötigte letztlich auch die lange zögerliche Europäische Zentralbank (EZB) zu diesem Schritt. Sie steht seitdem im Zentrum des Kampfes gegen ein Auseinanderbrechen der noch jungen Währungsunion. Ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen der Notenbanken seit Beginn der globalen Turbulenzen:  

August 2007   

Die Probleme an den Hypotheken- und Kreditmärkten greifen auf den Interbanken-Geldmarkt über. EZB und Fed sehen sich gezwungen, zusätzlich Liquidität in den Markt zu pumpen.     

12. Dezember 2007   

Die Notenbanken in den fünf wichtigsten Währungsräumen greifen gemeinsam ein, um ein Austrocknen der Geldmärkte zu verhindern.   15. September 2008   

Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers öffnen die großen Zentralbanken die Geldschleusen, um mitten in der Panik an den Finanzmärkten die Geschäfte am Geldmarkt am Laufen zu halten.   

8. Oktober 2008   

Die wichtigsten Notenbanken weltweit senken gemeinsam die Zinsen - ein historischer Schritt.   

4. Dezember 2008   

Die EZB senkt ihren Leitzins überraschend um einen dreiviertel Prozentpunkt auf 2,5 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt seit der Einführung des Euro und der Gründung der europäischen Notenbank.   

16. Dezember 2008   

Die Fed kappt ihren Leitzins auf eine Spanne zwischen null und 0,25 Prozent - ein Rekordtief.   

18. März 2009   

US-Notenbankchef Bernanke kündigt den Ankauf von Staatspapieren für zunächst 300 Mrd. Dollar an. Die Fed erweitert außerdem ihre bestehenden Programme zur Stützung der Kreditmärkte und Banken auf rund eine Billion Dollar.   

7. Mai 2009   

Die EZB senkt ihren Leitzins auf das Rekordtief von einem Prozent.   

24. Juni 2009   

Die EZB stellt den Banken der Euro-Zone erstmals für ein ganzes Jahr Liquidität zur Verfügung. Mehr als 1000 Banken rufen die Riesensumme von 442 Mrd. Euro ab.   

6. Juli 2009   

Die EZB beginnt offiziell mit dem Ankauf von Pfandbriefen.   

16. Dezember 2009   

224 Banken aus der Euro-Zone rufen beim letzten Jahrestender der EZB knapp 100 Mrd. Euro ab. Das ist ein Wendepunkt.    

19. Februar 2010   

Die Federal Reserve erhöht den Zinssatz für Übernachtkredite von 0,5 auf 0,75 Prozent und verteuert damit Notkredite für Banken erstmals seit Ausbruch der Krise.    

25. März 2010   

EZB-Chef Trichet kündigt an, dass die Notenbank auch über das Jahresende 2010 hinaus Sicherheiten mit einem schwächeren Rating als "A-" akzeptieren wird. Sie hilft damit indirekt den griechischen Banken und erleichtert die Refinanzierung Griechenlands.    

10. Mai 2010   

Die EZB kündigt im Kampf gegen die eskalierende Schuldenkrise in der Euro-Zone an, am öffentlichen und privaten Anleihemarkt in großem Stil aktiv werden zu wollen. Die Notenbank gibt damit ihren Widerstand gegen den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Länder auf, der Kritikern zufolge zu einem Ansteigen der Inflation führen könnte. Laut EU-Vertrag kann die EZB die Anleihen nur am Sekundärmarkt erwerben und nicht direkt bei den Regierungen.   

10. August 2010   

Die Fed stoppt unter dem Eindruck der nur zähen Konjunkturerholung in den USA und der andauernden Misere am Arbeitsmarkt den begonnenen Exit. Sie will Geld, das sie durch Fälligkeit bereits erworbener Immobilienpapiere bekommt, wieder reinvestieren und neue Staatsanleihen kaufen.    

5. Oktober 2010   

Japans Notenbank zieht im Kampf gegen Wirtschaftskrise, Deflation und den starken Yen weitere Register. Sie senkt den Leitzins auf null und legt einen fünf Billionen Yen (60 Mrd. Dollar) schweren Fonds auf, über den sie die unterschiedlichsten Wertpapiere ankaufen und so weiteres Geld in die Wirtschaft pumpen will.    

3. November 2010   

Die Fed beschließt den Ankauf von weiteren Staatsanleihen im Volumen von 600 Mrd. Dollar bis Ende der ersten Jahreshälfte 2011. Zusätzlich sollen auslaufende Papiere aus dem Bestand ersetzt werden. Insgesamt hat die neuerliche Geldspritze damit ein Volumen von 850 bis 900 Mrd. Dollar.   

16. Dezember 2010   

Die EZB beschließt eine Verdoppelung ihres Grundkapitals auf knapp 11 Mrd. Euro. Bezahlen müssen dies die ihr angeschlossenen nationalen Notenbanken: Die Bundesbank muss entsprechend des Kapitalschlüssels gut 1 Mrd. Euro auf ihren Anteil dazupacken.   

18. März 2011   

Nach Erdbebenkatastrophe, Tsunami und Atomdebakel in Japan intervenieren die wichtigsten Notenbanken der Welt gemeinsam am Devisenmarkt.    

8. August 2011   

Die EZB beginnt mit dem Ankauf von Anleihen Italiens und Spaniens. Beide Länder waren zuvor ins Visier der Märkte geraten.    

9. August 2011   

Die Fed erklärt, dass sie ihren Leitzins wegen der mauen Konjunktur noch für "mindestens" zwei Jahre nahe Null halten will.   

3. November 2011   

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,17

Der neue EZB-Präsident Mario Draghi startet seine maximal achtjährige Amtszeit mit einem Paukenschlag und senkt den Leitzins auf 1,25 Prozent.   

30. November 2011   

In einer koordinierte Aktion stellen EZB und Fed sowie die Notenbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz den von der Krise gebeutelten europäischen Banken Dollar zur Verfügung. Den Instituten fiel es zuletzt schwer, sich Dollar-Kredite zu beschaffen - viele US-Investoren haben ihnen aus Angst vor den Folgen der Schuldenkrise den Geldhahn zugedreht.    

8. Dezember 2011   

Die EZB senkt einerseits ihren Leitzins wieder auf das Krisenniveau von einem Prozent ab. Zudem versucht sie mit einem ganzen Maßnahmenbündel, den kriselnden Geldmarkt wieder flottzumachen und das Vertrauen der Banken zu stärken: Dazu senkt sie einerseits zum ersten Mal seit Bestehen des Euro ihre Mindestreserveanforderung auf ein von zwei Prozent. Darüber hinaus kündigt sie erstmals zwei Refi-Geschäfte mit den Banken über eine Laufzeit von drei Jahren an und lockert ihre Anforderungen an Sicherheiten weiter.      

22. Dezember 2011   

Beim ersten Drei-Jahres-Geschäft der EZB sichern sich die Banken der Euro-Zone die gigantische Summe von 489 Mrd. Euro.   

17. Februar 2012   

Die EZB entzieht sich in einer Nacht- und Nebelaktion der anstehenden Umschuldung Griechenlands. Sie begründet ihr umstrittenes Vorgehen mit dem Verbot direkter Staatsfinanzierung, das verletzt worden wäre, wenn sie Verlusten auf ihre Anleihebestände akzeptiert hätte.   

29. Februar 2012   

Beim zweiten Drei-Jahrestender der EZB ist die Nachfrage noch größer - 530 Mrd. Euro.   

Mai 2012   

Der EZB-Rat lässt erstmals in der Geschichte der Währungsunion Banken nicht mehr bei Refinanzierungsgeschäften zu; betroffen sind vier griechische Banken. Sie sind für einige Tage auf Nothilfe der griechischen Zentralbank angewiesen. Nach erfolgter Rekapitalisierung dürfen die Institute wieder an den Tender-Operationen der EZB teilnehmen. 

22. Juni 2012 

Die EZB weicht ihre Anforderungen an bestimmte Sicherheiten weiter auf. Ziel der Erleichterungen sind vor allem spanische Banken, die nach dem Platzen der Immobilienblase dort auf unzähligen qualitativ inzwischen fragwürdiger Wertpapieren sitzen. 

5. Juli 2012 

Die EZB senkt erstmals in ihrer Geschichte den Leitzins auf 0,75 Prozent und damit unter ein Prozent. Sie kappt zudem den Einlagesatz erstmals auf null Prozent. 

In London startet die Bank von England eine weitere Runde von Anleihekäufen und nimmt dafür zusätzlich 50 Mrd. Pfund in die Hand.

2. August 2012

EZB-Chef Draghi kündigt ein neues Anleihekaufprogramm an. Details sollen bis zur EZB-Ratssitzung Anfang September ausgearbeitet werden. Der Ankündigung Draghis folgt heftiger Widerspruch von Bundesbank-Chef Weidmann. Dieser soll angeblich sogar mit Rücktritt gedroht haben.

6. September 2012

Der EZB-Rat beschließt gegen den Widerstand der Bundesbank neue umfangreiche Staatsanleihenkäufe am Sekundärmarkt. Ziel des OMT ("Outright Monetary Transactions") genannten Programms ist es laut EZB-Präsident Draghi, den Euro in der Schuldenkrise zu sichern, Störungen am Euro-Anleihemarkt zu beheben und die Wirksamkeit der einheitlichen Geldpolitik der EZB in allen 17 Euro-Ländern zu garantieren.

13. September 2012

Die Fed kündigt neue, umfangreiche Anleihenkäufe an. So sollen unter anderem so lange Immobilienbonds erworben werden, bis sich die desolate Lage am Arbeitsmarkt signifikant bessert. Das ganz große Geschütz, neue massive Staatsanleihenkäufe, deutet sich in dem Begleitkommentar zum Zinsbeschluss allerdings nur an. Ihren Leitzins wollen die Zentralbanker um Ben Bernanke bis Mitte 2015 bei null Prozent belassen - noch länger als bislag geplant.

19. September 2012

Angesichts der jüngsten Yen-Stärke und der hartnäckigen Deflation im Lande stockt die Bank of Japan die Wertpapierkäufe um 10 Billionen Yen (100 Mrd Euro) auf und verlängert das Kaufprogramm bis Dezember 2013. Die jüngsten Maßnahmen der EZB und der Fed erhöhten den Aufwärtsdruck auf den Yen.

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen