Warum Portugal die Devisen kalt lässt Die neue Euro-Stärke
25.03.2011, 17:23 Uhr
Noch hofft Portugal, ohne staatliche Hilfen und damit noch strengere Sparvorgaben auszukommen.
(Foto: Reuters)
Nach dem Scheitern der Regierung in Portugal spekulieren die Märkte verstärkt auf einen Hilferuf aus Lissabon. Anders als bei Griechenland oder Irland lässt das Dominospiel diesmal den Euro erstaunlich kalt. Mit der Schuldenkrise hat das jedoch wenig zu tun.
Als Griechenland um Hilfe rief, bebten die Märkte und der Euro setzte zur Talfahrt an. Als Irland unter den Rettungsschirm schlüpfte, ging es am Devisenmarkt wieder gen Süden. Nun spekulieren Börsianer darauf, dass das hoch verschuldete Portugal auf Finanzhilfen zurückgreifen muss - doch den Euro scheint das kalt zu lassen. Zwar lassen Ratingagenturen Herabstufungen der Bonität regnen und die Risikoprämien für portugiesische Staatsanleihen steigen und steigen. Doch der Euro arbeitet sich beharrlich aus dem Keller empor, mancher Devisenexperte sieht bereits die Marke von 1,50 US-Dollar wieder in greifbarer Nähe.
Hat sich der Euro am Ende an die Gefahr einer drohenden Staatspleite gewöhnt? Sind die Investoren am Devisenmarkt nach einer nicht enden wollenden Schuldendebatte schlicht entspannter geworden? Mitnichten. Der Grund für die Euro-Stärke liegt nicht in Lissabon, sondern in Frankfurt. Hier nämlich hat die Europäische Zentralbank trotz aller Unwägbarkeiten für die Weltwirtschaft die Weichen für die Wende in der Zinspolitik gestellt.
Trichet am Drücker
Offiziell will die EZB das zwar noch nicht sagen, doch steigende Leitzinsen in Europa scheinen ausgemachte Sache zu sein. "Der Euro ist im Moment ein Spielball der Geldpolitik", erklärte NordLB-Analyst Tobias Basse. Allein die überraschende Ankündigung Trichets von Anfang März, angesichts des erhöhten Teuerungsdrucks im April möglicherweise die Zinsen zu erhöhen, hatte den Euro wieder über 1,40 US-Dollar getrieben. Bisher halten die Währungshüter den Zins bei 1,0 Prozent fest. Analysten von Goldman Sachs etwa rechnen jedoch damit, dass der Leitzins in Europa Ende des Jahres bei 1,75 Prozent steht, Ende kommenden Jahres sogar bei 2,5 Prozent.
Auf den Devisenmarkt hat das unmittelbare Folgen: Weitweit vagabundieren große Summen Kapital auf der Suche nach der rentabelsten Anlagemöglichkeit. Die historisch niedrigen Zinsen in den großen entwickelten Industriestaaten machen es den Investoren nicht gerade leicht, angesichts eines steigenden Preisniveaus vernünftige Erträge zu erwirtschaften. Wer will schon zusehen, wie die Kaufkraft des Vermögens durch die Finger rinnt? Gefragt sind deshalb die Anlageregionen, die bei vergleichbarem Risiko die höchste Rendite abwerfen.
Eine Zinserhöhung in Europa ist nun das Signal, das diese Kapitalströme vermehrt nach Europa umleitet. Das stärkt automatisch die Nachfrage nach dem Euro, der Preis der Gemeinschaftswährung steigt. Die Schuldenprobleme in Europa verschwinden mit einer Zinserhöhung zwar nicht, doch haben die Märkte mittlerweile ebenfalls den riesigen Schuldenberg registriert, den die USA mit sich herumschleppen. Dort schlummern laut Börsianern Risiken, die die Probleme der Euro-Zone klein aussehen lassen dürften.
Fed hält die Füße still
Lediglich, wenn auch die US-Notenbank Fed mitziehen und ebenfalls die Zinsen anheben würde, wäre der Heimvorteil der Europäer dahin. In den USA gibt es jedoch kaum Anzeichen für eine Rückkehr zur geldpolitischen Normalität. Die US-Notenbank machte erst Mitte des Monats wieder klar, dass sie trotz einer Konjunkturerholung den in den USA umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen im großen Stil fortsetzen werde.
Solange sich die weltgrößte Volkswirtschaft USA nicht an steigende Zinsen wagt und die Schuldenkrise in Europa nicht doch noch zum finanziellen Großbrand ausartet, hat der Euro mit steigenden Zinsen in Europa die Argumente am Devisenmarkt auf seiner Seite.
Quelle: ntv.de, mit rts