Enttäuschung an den Finanzmärkten Draghi liefert nicht
02.08.2012, 16:50 Uhr
"Der Euro ist unumkehrbar", sagt Draghi, aber wie ihn weiter stärken?
(Foto: REUTERS)
Seit Tagen wird darüber spekuliert, dass die EZB massiv Anleihen von taumelnden Euro-Schuldenstaaten wie Spanien und Italien aufkaufen könnte. Notenbank-Präsident Draghi selbst schürte diese Erwartungen: "Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir - es wird ausreichen." Die erhoffenten Details bleibt er schuldig - und die Märkte reagieren.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat neue Maßnahmen im Kampf gegen die Schuldenkrise angekündigt ohne jedoch weitere Details zu nennen. "Der Euro ist unumkehrbar", sagte EZB-Chef Mario Draghi nach der Zinssitzung des Zentralbankrats. "Die hohen Risikoprämien für einige Staatsanleihen sind nicht akzeptabel", betonte er. Die Währungshüter wollen daher in den nächsten Wochen im Schulterschluss mit den Regierungen ein Konzept erarbeiten, wie die EZB gemeinsam mit den Euro-Rettungsfonds EFSF und ESM die Lage entspannen kann.
Schnelle Reaktionen
Die Märkte selbst reagieren mit Abschlägen auf die doch sehr vagen Äußerungen Draghis. Der Dax gab seine Gewinne vom Vormittag ab und drehte ins Minus. Aus zeitweise rund anderthalb Prozent Plus wurden fast zwei Prozent Minus. In Madrid fiel der Index Ibex-35 binnen weniger Minuten um mehr als fünf Prozent. Auch der Euro rutschte zum Dollar wieder ab.
Einem Börsianer zufolge enttäuschte Draghi vor allem mit seinen Andeutungen zum Eingreifen der EZB zur Euro-Schuldenkrise, die zeitlich nicht konkret genug gewesen seien. "Nach der starken Erholungsrally seit Mitte vergangener Woche wollte der Markt etwas anderes hören, als dass in den kommenden Wochen die Modalitäten festgelegt werden sollen", sagte er. Die Erwartungen seien nach den Euro-stützenden Kommentaren sehr hoch gewesen, und bislang habe Draghi nicht geliefert. Auch der Euro sackte kurzzeitig stark ab, er fiel von 1,24 Dollar auf zeitweise 1,22 Dollar.
Seit Tagen war darüber spekuliert, dass die EZB massiv Anleihen von taumelnden Euro-Schwergewichten wie Spanien und Italien aufkaufen könnte, um die Zinslast dieser Länder zu mindern. Draghi selbst hatte die Erwartungen geschürt. Der Italiener hatte vor einer Woche in London gesagt: "Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir - es wird ausreichen."
Die EZB hatte im Mai 2010 gegen deutschen Widerstand ein Kaufprogramm für Staatsanleihen aufgelegt. Aktuell hat sie Staatspapiere im Wert von 211,5 Milliarden Euro in der Bilanz. Das Programm ruht seit Mitte März, könnte aber theoretisch jederzeit wieder aktiviert werden.
Zinsen auf Rekordtief
Die Zinsen in der Eurozone ließt die EZB unangetastet und damit weiter auf Rekordtief von 0,75 Prozent. Obwohl die Schuldenkrise zuletzt eskaliert war, hatten die wenigsten Volkswirte nach der historischen Zinssenkung von Anfang Juli rasch mit einem erneuten Zinsschritt gerechnet. Geld in Europa ist derzeit schon so günstig wie nie seit der Euro-Einführung 1999 - zumindest für Banken.
Am Mittwoch hatte bereits die Fed den Leitzins bestätigt und in einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent belassen. Von weiteren geldpolitischen Maßnahmen sieht sie derzeit ab. Auch die Bank of England gönnte sich eine zins- und geldpolitische Verschnaufpause.
Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/dpa/AFP