Wirtschaft

Bini Smaghi geht Draghi wird EZB-Chef

Nach hartem Ringen hinter den Kulissen einigen sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf Mario Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Frankreich legt sich bis zuletzt quer, weil es nach dem Weggang von EZB-Chef Trichet weiter einen Platz im Direktorium beansprucht. Nun wird der Italiener Bini Smaghi seinen Posten räumen.

Im Gleichschritt: Jean-Claude Trichet (links) mit seinem Nachfolger Mario Draghi.

Im Gleichschritt: Jean-Claude Trichet (links) mit seinem Nachfolger Mario Draghi.

(Foto: dapd)

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben den italienischen Notenbankchef zum neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank bestimmt. "Der Europäische Rat hat sich gerade über die Ernennung geeinigt", teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Rande des EU-Gipfels in Brüssel mit. Draghi löst den Franzosen Jean-Claude Trichet zum 1. November an der Spitze der Zentralbank ab.

In letzter Minute gab es noch Streit zwischen Frankreich und Italien um die prestigeträchtigen Posten im EZB-Direktorium: Italien hätte mit dem Einzug Draghis zwei der sechs Stellen besetzt, da die Amtszeit von Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi erst in zwei Jahren endet. Präsident Nicolas Sarkozy und Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatten ausgemacht, dass Italien für einen Vertreter Frankreichs Platz machen würde.

Bini Smaghi hatte sich zunächst geweigert zu gehen, solange er keinen alternativen Posten in Aussicht hatte. Nun habe er sich gegenüber EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy aber zum Rückzug bereit erklärt, sagten EU-Diplomaten.

Frankreich besteht wie alle großen Länder darauf, in dem Spitzengremium dauerhaft vertreten zu sein. Nationale Interessen sollen bei der politisch unabhängigen Zentralbank eigentlich keine Rolle spielen. Doch nach einem ungeschriebenen Gesetz haben Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien einen Anspruch auf dauerhafte Vertretung an der EZB-Spitze. Auf den übrigen beiden Posten dürfen die Zentralbanker aus den kleineren Ländern rotieren. Über die Zinsen entscheiden alle 17 Euro-Staaten im EZB-Rat, dem die nationalen Notenbankpräsidenten neben den sechs Direktoriumsmitgliedern angehören.

Kritische Fragen bei der Anhörung

Der 63-jährige Römer Draghi ist Präsident der Banca d'Italia und gilt als ausgewiesener Fachmann für Geld- und Währungspolitik. Er hat sich bereits als Chef des von den G20 eingesetzten Financial Stability Boards (FSB) einen Namen gemacht. Das Gremium soll die weltweiten Bemühungen um eine Reform der globalen Finanzmarktarchitektur bündeln. Draghi gilt im EZB-Rat als Zentrist: Er ist weder dem Lager der strikt an Geldwertstabilität orientierten "Falken" zuzuordnen, noch den im Zweifelsfall eher für eine lockere Zinspolitik eintretenden "Tauben".

Der designierte EZB-Chef hatte sich bei einer Anhörung im Europäischen Parlament allerdings kritische Fragen zu seiner Vergangenheit als Führungskraft der US-Investmentbank Goldman Sachs anhören müssen. Dem Geldhaus wird vorgeworfen, Griechenland beim Verschleiern des riesigen Haushaltsdefizits geholfen zu haben. Draghi beteuerte, mit diesen "Deals" nichts zu tun gehabt zu haben. Das Parlament hatte seine Ernennung dennoch unterstützt.

Quelle: ntv.de, rts

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