Wirtschaft

Exportüberschuss als Ärgernis EU-Kommission knöpft sich Deutschland vor

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands würde sich EU-Kommissionschef Barroso auch für andere Länder wünschen.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands würde sich EU-Kommissionschef Barroso auch für andere Länder wünschen.

(Foto: AP)

Die EU-Kommission stößt sich zunehmend an dem Ungleichgewicht in der deutschen Leistungsbilanz. Zuviele Exporte, zu wenig Importe. Dennoch würde sich EU-Kommissionspräsident Barroso in Sachen Wettbewerbsfähigkeit "mehr Deutschlands in Europa wünschen".

Die EU-Kommission nimmt Deutschland wegen seines massiven Exportüberschusses genauer unter die Lupe. Es solle geprüft werden, ob dadurch in der Euro-Zone größere wirtschaftliche Ungleichgewichte entstünden, teilte die Brüsseler Behörde mit. "Es geht nicht darum, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit infrage zu stellen", betonte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Es müsse aber untersucht werden, ob die Bundesrepublik mehr tun könne, um der Euro-Zone in der Krise stärker zu helfen. Zu möglichen Sanktionen gegen Deutschland wollte sich Barroso nicht äußern.

Die EU-Kommission stuft einen Leistungsbilanzüberschuss von mehr als sechs Prozent der Wirtschaftsleistung über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren als stabilitätsgefährdend ein. Im ersten Halbjahr lag der deutsche Überschuss bei 7,2 Prozent. Daraus ergibt sich noch kein Sanktions-Automatismus, denn wichtig ist das wirtschaftliche Gesamtbild eines Landes. Im September erzielte die deutsche Wirtschaft einen Rekordüberschuss im Handel von 20,4 Milliarden Euro. Während Unternehmen und Bundesregierung die seit Jahren anhaltende Exportstärke verteidigen, kommt Kritik von Handelspartnern wie den USA. Sie argumentieren, dass damit Ungleichgewichte im weltweiten Handel verstärkt würden. In den USA übertreffen die Importe die Exporte deutlich.

Die Ergebnisse der nun begonnenen tiefergehenden Analyse sollen im Frühjahr vorliegen. Barroso zeigte sich zuversichtlich, dass letztlich auch die Bundesregierung die Überprüfung akzeptiere, da gerade sie immer darauf poche, dass EU-Regeln befolgt werden müssten. Insgesamt nimmt die Kommission 16 EU-Staaten genauer unter die Lupe, aber wegen eines Leistungsbilanzüberschusses außer Deutschland nur Luxemburg.

"Öffnung des deutschen Marktes wäre fair"

Die Mehrheit der deutschen Wirtschaftsweisen sieht dagegen keine Probleme in der deutschen Exportstärke. "Das sind Marktergebnisse", sagte der Volkswirt und Regierungsberater Volker Wieland. "Man sollte da nicht direkt eingreifen." Auch KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner beurteilt den Fall gelassen. "Die Kommission wird bei ihrer Analyse des deutschen Leistungsbilanzüberschusses feststellen, dass die Exportwirtschaft im internationalen Vergleich aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit erfolgreich abschneidet". Daran wolle niemand etwas ändern. "Der Exportüberschuss ist kein Ergebnis politischer Markteingriffe, sondern das Ergebnis einer Wettbewerbsfähigkeit, die sich die deutschen Unternehmen Tag für Tag neu erarbeiten", erklärte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. "Unser Export hilft Europa."

Barroso betonte dagegen, dass Deutschland wie auch Frankreich eine besondere Verantwortung für die gesamte Euro-Zone habe. Ein hoher Leistungsbilanzüberschuss weise zwar nicht automatisch auf wirtschaftliche Ungleichgewichte hin. "Aber Deutschland ist bisher mit Abstand der größte Gewinner des europäischen Binnenmarktes gewesen. Es wäre fair, wenn es den eigenen Markt nun auch stärker öffnet." Als Beispiel nannte der Kommissionspräsident den Dienstleistungssektor. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung kritisierte, dass der Überschuss negative Auswirkungen in anderen Ländern habe: "Die gigantischen Leistungsbilanzüberschüsse sind nur möglich geworden, weil sich Abnehmer in anderen Länder verschuldet haben, um deutsche Waren und Dienstleistungen zu kaufen. Das war ein schlechtes Geschäft - für uns genauso wie für unsere Handelspartner."

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen