Schuldenschnitt schafft kein Wachstum EU will Athen auf Trab bringen
10.03.2012, 17:22 Uhr
Die Minuszeichen beim griechischen Wirtschaftswachstum werden immer größer.
(Foto: dpa)
Einen beträchtlichen Teil seiner Schulden wird Griechenland dank Forderungsverzicht los, doch die Wirtschaft des Landes liegt weiterhin am Boden. EU und Athen suchen deshalb nach den richtigen Wegen, um das Wachstum wieder auf Trab zu bringen. Die Finanzmärkte schauen derweil gespannt, ob die Welle von Kreditausfallversicherungen tatsächlich so glimpflich abläuft wie zuletzt erhofft.
Das krisengeschüttelte Griechenland richtet nach dem historischen Schuldenschnitt den Blick nach vorn. Die EU und die Regierung in Athen suchen nach Maßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln, die in einer tiefen Rezession steckt. Seit dem Beginn der Talfahrt der griechischen Wirtschaft 2009 schrumpfte die Wirtschaftsleistung des Landes um mehr als 15 Prozent. Allein im letzten Quartal 2011 sank das Bruttoinlandsprodukt um 7,5 Prozent.
Nun will die so genannte Task Force der EU für Griechenland konkrete Vorschläge machen, wie das Land wieder zu Wachstum gelangen kann. Anfang der Woche wird dazu der Chef der Arbeitsgruppe, Horst Reichenbach, laut griechischer Regierung nach Athen reisen. Seinen Bericht will er dann am Donnerstag vorlegen.
Ungenutzte Fördergelder
Zunächst soll es um Investitionspläne aus EU-Fonds in Höhe von mehr als zehn Mrd. Euro gehen. Die Task Force soll den griechischen Behörden zeigen, wie Fördergelder aus EU-Fonds schneller abgerufen werden können. Bisher reizt das Land diese Mittel nicht vollständig aus, sondern lässt sie im Schnitt zu mehr als der Hälfte ungenutzt. Ein entscheidendes Problem ist dabei das Prinzip der Kofinanzierung. Fördergelder können nur abgerufen werden, wenn private Investoren einen Teil der Kosten eines subventionierten Projekts selbst tragen. Das scheitert jedoch oft, auch an bürokratischen Hürden.
Neben diesem zentralen Anliegen sollen die Experten die Griechen auch bei der Privatisierung staatlicher Unternehmen und Ländereien beraten. Darüber hinaus wird auch damit gerechnet, dass die Task Force weitere Kürzungen und Reformen in allen Bereichen des Staates vorschlagen wird. Mit diesen neuen Maßnahmen sollen bis 2014 weitere zehn Mrd. Euro gespart werden.
FDP-Chef Philipp Rösler forderte unterdessen von der griechischen Regierung mehr Engagement für wirtschaftliches Wachstum im Land. Griechenland müsse alles dafür tun, sagte Rösler. Der Schuldenschnitt sei eine wichtige Station auf dem Weg aus der Krise gewesen. "Aber die Arbeit fängt jetzt erst an." Denn jetzt gehe es um Wachstum in Griechenland. Bislang würden dafür jedoch noch viele Dinge fehlen. Unternehmer - etwa aus Deutschland - seien "ernüchtert, da es nicht nur an Investitionsmöglichkeiten fehle, sondern auch an klaren Signalen für die Wirtschaft. Zudem gebe es zu viel Verwaltung.
Versicherungsfall mit Folgen
Mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten hat sich Griechenland im Dauerkampf gegen die Staatspleite Luft verschafft. Nach langwierigen Verhandlungen verzichtete ein großer Teil der Gläubiger Griechenlands zumindest formell freiwillig auf einen Großteil ausstehender Schulden. Im Ergebnis soll sich der Schuldenberg dadurch um 105 Mrd. Euro verringern.
Weil Athen aber nicht ganz ohne Zwang auskommt, werden nun die schwer berechenbaren Kreditausfallversicherungen fällig. Der Branchenverband ISDA hatte die Maßnahmen Athens als Zahlungsausfall bewertet: Damit werden die umstrittenen Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps/CDS) ausgelöst, mit denen sich bestimmte Halter von griechischen Staatsanleihen abgesichert haben.
Die Entscheidung der in London ansässigen International Swaps and Derivatives Association (ISDA) ist von großer Bedeutung, weil die Kreditausfallversicherungen die letzte große Finanzkrise noch verstärkt hatten, denn mit diesen CDS-Titeln wird auch gezielt spekuliert. Im Fall Griechenland haben Experten jedoch bereits weitgehend Entwarnung geben: Schätzungen zufolge geht es bei diesem Markt um ein Bruttovolumen von rund 70 Mrd. US-Dollar. Da aber viele Investoren zugleich Käufer und Verkäufer von CDS sind, blieben unterm Strich bloß etwas mehr als 3 Mrd. US-Dollar.
Quelle: ntv.de, nne/dpa