Wirtschaft

Konsum ersetzt Export Regierung sieht schwächeres Wachstum

Volle Tüten, nicht volle Container sind derzeit die Stütze der deutschen Wirtschaft.

Volle Tüten, nicht volle Container sind derzeit die Stütze der deutschen Wirtschaft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die starken deutschen Exporte verschärfen nach Ansicht der EU-Kommission und der USA die Krise in Europa. In Berlin sieht man das anders: Hier wird vor allem der Konsum als Wachstumsstütze gesehen. Und das reicht auch nur für eine kleine Wachstumsrate.

Die deutsche Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs: Das Bruttoinlandsprodukt hat sich nach Einschätzung der Bundesregierung im dritten Quartal weiter erhöht. Allerdings dürfte die Wachstumsrate schwächer ausgefallen sein als im zweiten Quartal, zitiert die Nachrichtenagentur dpa aus dem neuen Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Dieser wird am Montag veröffentlicht.

Im zweiten Quartal hatte es beim BIP einen Zuwachs von 0,7 Prozent zum Vorquartal gegeben. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht am 14. November vorläufige Zahlen zur Entwicklung von Juli bis September. Die Bundesregierung erwartet im laufenden Jahr ein Wachstum von 0,5 Prozent, im Folgejahr von 1,7 Prozent. An diesem Mittwoch legen die fünf Wirtschaftsweisen (Sachverständigenrat) ihre neue Schätzung vor.

"Insgesamt hat sich die konjunkturelle Belebung weiter gefestigt und an Breite gewonnen", bilanziert das Wirtschaftsministerium. Die Binnennachfrage liefere mehr Wachstumsimpulse als der Export - dank des robusten privaten Konsums und höherer Investitionen der Industrie. Der private Konsum werde durch Rekordbeschäftigung, steigende Einkommen, stabile Preise sowie die niedrigen Zinsen gestützt. "Die Stimmung unter den Konsumenten und Einzelhändlern bleibt weiterhin überdurchschnittlich."

Vor diesem Hintergrund bleibe die private Konsumnachfrage "eine verlässliche Stütze der binnenwirtschaftlichen Belebung", schreiben die Regierungsexperten. Dies kann auch als Antwort auf die Kritik aus dem Ausland verstanden werden. Die USA und die EU-Kommission haben von Deutschland angesichts großer Handelsbilanzüberschüsse wiederholt mehr Anstrengungen zur Stärkung der Binnennachfrage verlangt.

"Blutarmes Wachstum"

Die USA - nach Frankreich wichtigster Abnehmer von Produkten "Made in Germany" - werfen dem Vize-Exportweltmeister "blutarmes" Wachstum der Binnennachfrage vor. Seine Exportabhängigkeit habe ein Ausbalancieren in einer Zeit behindert, in der viele andere Länder der Euro-Zone stark unter Druck standen, die Nachfrage zu bremsen und Importe zurückzufahren, kritisierte das US-Finanzministerium jüngst.

Das Bundeswirtschaftsministerium weist dies zurück. "Die Kritik an den hohen Leistungsbilanzüberschüssen ist unbegründet, weil diese nicht auf wirtschaftspolitischer Einflussnahme beruhen", zitierte "Die Welt" aus einer interne Analyse des Ministeriums, die der Zeitung vorliegt. So sei die Exportstärke nicht Niedrig-Löhnen geschuldet. "Die hohen Leistungsbilanzüberschüsse sind vielmehr Ausdruck der hohen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sowie der weltweit hohen Nachfrage nach Gütern "Made in Germany"."

EU will Exportstärke prüfen

Dennoch muss sich Deutschland auf eine EU-Untersuchung seiner Exportstärke einstellen. Die EU-Kommission will im Rahmen der wirtschaftlichen Überwachung der Mitgliedstaaten am Mittwoch eine vertiefte Analyse des Leistungsbilanzüberschusses auf den Weg bringen. Das verlautete am Wochenende aus EU-Kreisen.

Falls die Ungleichgewichte von der Kommission als exzessiv eingestuft werden, kann sie ein Verfahren auf den Weg bringen. In letzter Konsequenz droht ein Bußgeld von 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bei einem BIP von über 2,6 Billionen Euro (2012) würde eine Milliardenstrafe fällig. Die jetzt angedachte EU-Untersuchung ist nicht ungewöhnlich - in der zurückliegenden Runde der wirtschaftlichen Überwachung kamen 13 Staaten auf den Prüfstand, darunter Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande. Maßgeblich bei den Ungleichgewichten sind eine Reihe von Messwerten, etwa zu Lohnstückkosten, Immobilienpreisen oder zur Arbeitslosigkeit.

Prominentester Verteidiger Deutschlands ist der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Zwar sind die Ungleichgewichte in der Euro-Zone aus seiner Sicht ein großes Problem. Diese könnten aber nicht durch eine Schwächung der stärkeren Länder überwunden werden. "Den Stärksten zu schwächen, stärkt nicht die Schwachen".

Quelle: ntv.de, sla/dpa

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