Wirtschaft

Zwischen Vision und Wirklichkeit EU will hart durchgreifen

Im Vorfeld des EU-Gipfels spitzt sich die Debatte um die Verantwortung der Mitgliedsländer für Problemfälle wie Griechenland zu. Während der Ruf nach einem Länderfinanzausgleich auf Euro-Ebene lauter wird, kündigt Währungskommissar Rehn an, bei der Etatplanung der Länder künftig stärker mitmischen zu wollen.

Währungskommissar Rehn will hart durchgreifen.

Währungskommissar Rehn will hart durchgreifen.

(Foto: REUTERS)

EU-Währungskommissar Olli Rehn will künftig in Haushaltsplanungen einbezogen werden. Damit die EU-Kommission die Haushaltsplanungen in den EU-Ländern kontrollieren kann, sind jedoch Änderungen am Stabilitätspakt erforderlich. "Die EU-Kommission sollte künftig in die Planung der nationalen Haushalte eingebunden werden, um rechtzeitig Fehlentwicklungen im Finanzrahmen eines Landes zu erkennen, die nicht mit den Stabilitätsanforderungen der Eurozone übereinstimmen", sagte Rehn der "Welt am Sonntag". Bewege sich dann ein Haushalt in die falsche Richtung, müsse darüber in der Eurogruppe sehr ernsthaft diskutiert werden.

Heute werde die EU-Kommission von den Mitgliedsländern erst dann informiert, wenn deren Haushalte längst feststehen. "Das ist zu spät", sagte Rehn. Das oberste Ziel der EU solle jetzt nicht die Verschärfung der Sanktionsinstrumente für Defizitsünder sein, vielmehr müsse die Prävention im Rahmen des Stabilitätspaktes verbessert werden, forderte der EU-Kommissar.

Rehn kritisierte zugleich die Haushaltspolitik der Bundesregierung. Deutschland müsse sich den kommenden Jahren beim Sparen noch mehr anstrengen, um den Schuldenberg abzubauen. Im deutschen Haushaltsplan fehlten konkrete Konsolidierungsmaßnahmen für die Zeit nach 2010, sagte Rehn.

HWWI: Reiche Euro-Länder in der Pflicht

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts sieht reiche Euro-Länder wie Deutschland unterdessen in der Pflicht, schwachen Euro-Ländern stärker zu helfen. Sonst versinke der Euro im Chaos, sagt HWWI-Chef Thomas Straubhaar im "Manager Magazin". Ohne eine "Transferunion" drohe die gemeinsame Währung zu zerbrechen.

Thomas Straubhaar plädiert für einen Länderfinanzausgleich innerhalb der Eurozone. Dieser wurde bei Gründung bewusst ausgeklammert.

Thomas Straubhaar plädiert für einen Länderfinanzausgleich innerhalb der Eurozone. Dieser wurde bei Gründung bewusst ausgeklammert.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dem Hamburger Professor schwebt ein Transfermechanismus ähnlich des deutschen Länderfinanzausgleichs vor. Künftig müsse automatisch zwischen wohlhabenden wachsenden Volkswirtschaften und solchen mit wirtschaftlichen Problemen umverteilt werden. "Deutschland und damit seine Beschäftigten und auch die deutschen Steuerzahler haben von der Währungsunion und dem grenzenlosen gemeinsamen Wirtschaftsraum enorm profitiert. Aber nun ist es an der Zeit, dass die EU zu einem echten fiskalischen Föderalismus übergeht."

Skeptisch beurteilt Straubhaar die bisherige EU-Strategie, nach der Krisenländer vor allem durch Lohnsenkungen und Sparprogramme gesunden sollen. Ein solches Vorgehen könne leicht in eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale führen.

Am Anfang war die Euro-Vision

Während unter Hochdruck Auswege aus der Schuldenmisere Eurolands gesucht werden, wird Kritik aus dem Zentrum der derzeitigen Misere laut. Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou wirft einigen europäischen Ländern vor, die politische Bedeutung der Gemeinschaftswährung Euro zu vergessen und damit die Europäische Union an sich zu destabilisieren. "Jahrelang haben wir für ein mächtiges Europas gekämpft, wirtschaftlich stabil und solidarisch", sagte Papandreou auf einem Parteitag seiner Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) in Thessaloniki. Zugleich forderte er strengere Finanzmarktregeln für "Spekulanten, die auf Kosten ganzer Gesellschaften spielen". Ohne solche Beschränkungen werde nicht nur Griechenland das Opfer sein.

Zu den Aussichten einer Sanierung des griechischen Haushalts zeigte sich Papandreou weiterhin optimistisch. "Griechenland wird nicht Bankrott gehen", sagte er. "Wir bitten niemanden darum, unsere Schulden zu begleichen." Allerdings benötige sein Land politische Unterstützung gegen jene, "die gegen uns spekulieren und uns die Möglichkeit nehmen, Geld aufzunehmen zu Bedingungen, die uns weiter atmen lassen".

Die Finanzminister der Euro-Länder hatten sich Anfang der Woche auf die Grundzüge eines Notfallplans für das hoch verschuldete Griechenland geeinigt. Nach der informellen Absprache der 16 Euro-Länder soll Griechenland bei einem drohenden Staatsbankrott auf Anfrage bilaterale Hilfen erhalten. Der Plan muss noch von den Staats- und Regierungschefs verabschiedet werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte jedoch wiederholt eine "vorschnelle Hilfe" für Griechenland ab. Die EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Donnerstag und Freitag kommender Woche in Brüssel.

Quelle: ntv.de, ddi/AFP/dpa

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