Großes Treffen der Euro-Hüter EZB bereitet Zinsentscheid vor
01.08.2013, 10:11 Uhr
Dunkle Sommerwolken über dem EZB-Neubau am Main: Rühren die Währungshüter die Zinsschraube an?
(Foto: REUTERS)
Die erste EZB-Sitzung im August läuft: In Frankfurt am Main sitzen zur Stunde die obersten Notenbanker der Eurozone zusammen, um über Wirtschaftslage, Inflation und das Niveau der Leitzinsen im gemeinsamen Währungsgebiet zu beraten. An den Märkten wächst die Spannung. Was genau heißt eigentlich "für einen längeren Zeitraum"?
Die Meinungen am Markt sind überschaubar: Geldpolitisch erwarten Experten von der Europäischen Zentralbank (EZB) bei dem ersten regulären Treffen im August keine Überraschungen. Positive Konjunkturdaten sprechen gegen eine weitere Senkung des Leitzinses unter das Rekordtief von 0,5 Prozent.
Konjunkturell verweisen Fachleute auf die Hoffnungsschimmer, die auf ein Auslaufen der Rezession in der Eurozone hindeuten. Angesichts dieser positiven Signale dürfte die EZB zu einer Politik der ruhigen Hand neigen, nachdem sie Anfang Juli noch intensiv über eine Senkung diskutiert hatte. EZB-Präsidenten Mario Draghi überraschte die Märkte nach der Juli-Sitzung zudem mit einem langfristigen Zinsausblick. Demnach soll der Leitzins für "einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau" gehalten werden.
Die Entscheidung über das Zinsniveau ist wie üblich für 13.45 Uhr (MESZ) angekündigt. Sehr viel spannender als der Leitzins wird für Experten die anschließende Pressekonferenz, die traditionell am frühen Nachmittag auf den Zinsentscheid folgt. Draghi wird gegen 14.30 Uhr vor die Mikrofone treten. Fragen dürfte es dabei erneut zum Versprechen der Währungshüter geben, das Zinsniveau für "einen längeren Zeitraum" niedrig zu halten. Denn welcher Zeitraum genau damit gemeint ist, ist bislang offen.
Die EZB hatte mit dem im Fachjargon Forward Guidance genannten Zinsausblick mit ihrer gängigen Praxis gebrochen, sich nicht vorab geldpolitisch festzulegen. Durch das Bekenntnis zu langfristig niedrigen Zinsen wollte die EZB klarmachen, dass ein Ausstieg aus der Politik des extrem billigen Geldes anders als in den USA noch in weiter Ferne liege. Zuletzt war aber Verwirrung aufgekommen, wie lange sich die EZB binden will. Die Auslegung von Direktor Jörg Asmussen, wonach die Zinsen länger als ein Jahr niedrig bleiben sollen, will die EZB nicht als Richtschnur gelten lassen.
Nun könnte Draghi für mehr Klarheit sorgen. Da die EZB ihre Geldpolitik an der Inflationsentwicklung ausrichtet, könnte er sein Bekenntnis beispielsweise mit der Erwartung eines gedämpften Preisdrucks in den kommenden Jahren untermauern. Zuletzt war die Inflationsrate in Deutschland auf 1,9 Prozent gestiegen, womit nach Definition der EZB hierzulande gerade noch Preisstabilität herrscht. Die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an.
Nun auch noch Weidmann
Mehr Offenheit wünschen sich unterdessen viele Beobachter auch zur Entscheidungsfindung im EZB-Rat. Die Diskussion über eine Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle hat wieder Fahrt aufgenommen. Nach Draghi und anderen EZB-Direktoriumsmitgliedern sprach sich zuletzt auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann für eine größere Transparenz der EZB aus.
Der oberste deutsche Währungshüter sagte dem "Handelsblatt", er würde es begrüßen, "wenn wir zeitnah nach den geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats Protokolle veröffentlichen würden". Anhand dieser könnten die wesentlichen Argumentationsstränge der Diskussion und die Beweggründe der Entscheidungen nachvollzogen werden. Bislang werden die Protokolle der EZB noch für 30 Jahre unter Verschluss gehalten.
Kommen die Geheimprotokolle?
Zuvor hatten sich bereits mehrere Direktoriumsmitglieder der EZB für eine Veröffentlichung der Protokolle ausgesprochen. Draghi stellte sich in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" hinter den Vorschlag und kündigte an, er werde dem EZB-Rat einen entsprechenden Vorschlag machen. "Ich halte das für einen notwendigen nächsten Schritt", sagte Draghi.
Diskutiert wird demnach offenbar nur noch, in welcher Form die bislang geheimen Protokolle veröffentlicht werden können. Zudem will die EZB einem Zeitungsbericht zufolge das Regelwerk für ihre Notfallkredite veröffentlichen. Obwohl der Beschluss nach Presseinformationen bereits gefasst wurde, wollte die EZB dies bislang nicht bestätigen.
Der EZB-Rat ist das oberste Entscheidungsgremium der EZB. Er besteht aus 23 Mitgliedern - den 17 Präsidenten der nationalen Notenbanken der Eurozone, darunter Weidmann, sowie der sechsköpfigen Führungsspitze der Zentralbank, dem Direktorium.
Erst Anfang Mai hatte der EZB-Rat den Zinssatz, an dem sich auch die Zinsen für Kreditnehmer und Sparer orientieren, auf ein neues historisches Tief von 0,5 Prozent gesenkt. Anfang Juli erklärte Draghi, die Zinsen blieben auf längere Sicht niedrig.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa/rts