Gerangel um Bankenaufsicht EZB feilt an eigenem Konzept
08.07.2012, 13:31 Uhr
Künftiger oberster Hüter aller europäischen Banken? EZB-Präsident Mario Draghi.
(Foto: AP)
Europas Finanzhäuser sollen künftig unter einheitliche Aufsicht gestellt werden, so viel ist seit dem EU-Gipfel klar. Die Europäische Zentralbank, die dabei eine wichtige Rolle spielen soll, will sich ihre neue Rolle jedoch nicht einfach von der EU-Kommission diktieren lassen. Deshalb arbeiten die Zentralbanker in Frankfurt an einem eigenen Konzept, wo sie künftig wie viel zu sagen haben.
Die Europäische Zentralbank will die Erarbeitung eines Konzepts für eine einheitliche europäische Bankenaufsicht offenbar nun doch nicht der EU-Kommission überlassen. Der EZB-Rat hat einem Bericht des "Spiegel" zufolge beschlossen, ein eigenes Modell auszuarbeiten und es der Kommission möglichst schon bis September zu übergeben.
Eigentlich steht diese Aufgabe der EU-Kommission zu, die dabei die EZB nur konsultiere, wie EZB-Präsident Mario Draghi noch in der vergangenen Woche erklärte habe. Der Schwenk der Notenbank solle dem Bericht zufolge eine Reaktion auf erste Vorstellungen der Kommmission zur einer solchen Aufsicht sein, die bei der EZB auf Skepsis träfen.
Allerdings sei man sich auch im EZB-Rat noch nicht einig über die Ausgestaltung der Bankenaufsicht, hieß es. Umstritten sei etwa, in welchem Umfang die neue Aufsicht künftig Banken in der Eurozone überwachsen soll. Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer werbe für eine Kontrolle sämtlicher Kreditinstitute und halte das auch für machbar. Das Magazin berichtete von Vorstellungen, die praktische Arbeit der Aufsicht weiter vor Ort von den nationalen Behörden erledigen zulassen. Bei der EZB könne dann eine Art "Generalsekretär" mit einem mehr oder weniger großen Mitarbeiterstab angesiedelt sein, an den die einzelnen Länder dann berichten sollten.
Barnier will EBA stärken
In der EU-Kommission soll das Konzept für eine europäische Bankenaufsicht von einer Arbeitsgruppe unter Federführung von Binnenmarktkommissar Michel Barnier erarbeitet werden. Erste Ideen aus diesem Kreise gingen in Richtung eines Ausbaus der schon bestehenden EU-Bankenaufsicht EBA zu einer echten Kontrollbehörde. Die EZB solle von der Londoner Behörde nur bestimmte Aufgaben zugewiesen bekommen, wenn es um die Banken der Eurozone geht.
Die Schaffung einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht ist die Voraussetzung dafür, dass Banken im Euroraum künftig direkt Mittel aus dem Rettungsfonds ESM erhalten sollen. Die Bundesregierung hat sich schon vor Wochen dafür ausgesprochen, bei diesem Vorhaben der EZB eine Schlüsselrolle zu geben. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hatte der italienischen Zeitung "La Stampa" gesagt, bis eine solche europäische Aufsicht voll funktionsfähig sei, werde es noch bis ins nächste Jahr hinein dauern. Zugleich hatte er betont, für die EZB komme es darauf an, einen klaren Trennungsstrich zwischen ihrer geldpolitischen und der künftigen aufsichtsbezogenen Aufgabe zu ziehen.
Öffentliche Banken dagegen
Der Bundesverband Öffentlicher Banken lehnt eine Übertragung der europäischen Bankenaufsicht auf die EZB ab. "Die EZB ist hierfür nur bedingt geeignet, weil sie lediglich für die 17 Euro-Staaten und nicht alle 27 Mitgliedsländer der EU verantwortlich sein kann", sagte VÖB-Geschäftsführer Hans Reckers. Neue Kompetenzen könnten der EZB ohnehin nur einstimmig übertragen werden, weshalb auch die zehn EU-Mitgliedstaaten zustimmen müssten, die nicht der Euro-Zone angehörten. Großbritannien habe schon angekündigt, seine Banken keiner europäischen Bankenaufsicht unterstellen zu wollen.
Trotz der Gipfelbeschlüsse sieht der Verband die Finanz- und Bankenkrise in Europa nur vorübergehend entschärft. "Der ESM wird zu einem europäischen Bankenrettungsfonds analog dem deutschen Soffin", so Reckers weiter. Er befürchtet, dass die verschärfte Rezession in den Krisenländern zu weiteren Kreditausfällen führen wird, was erneute Hilfen für die Banken erforderlich machen würde. "Wir befinden uns in einem Teufelskreis, der noch nicht durchbrochen ist", so der VÖB-Geschäftsführer.
Quelle: ntv.de, nne/rts/DJ