Wirtschaft

Krisenfeuerwehr löscht nicht EZB kann Wasser noch halten

Die Feuerwehr will noch nicht löschen ...

Die Feuerwehr will noch nicht löschen ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Immer wenn sich die Krise im Euroraum bedrohlich zuspitzt, werden die Rufe nach der Krisenfeuerwehr EZB lauter. Doch die Notenbanker denken nicht daran, ihr Mandat weiter zu strapazieren, während die Politik vor dem großen "Masterplan" zurückschreckt. Der Leitzins bleibt auf historisch niedrigem Niveau. Experten spekulieren dennoch auf eine baldige Leitzinssenkung.

In der Krise ist Mario Draghi ein besonders gefragter Mann. Experten aus aller Welt rufen Europas obersten Währungshüter auf, rasch den Schrank zu öffnen und seine Kriseninstrumente auszupacken. Denn die Europäische Zentralbank kann als schnelle Eingreiftruppe jederzeit sofort handeln, während die Mühlen der Politik langsam mahlen - und Politiker für unangenehme Reformen häufig abgestraft werden, wie die Beispiele Italien, Griechenland, Irland oder Portugal zeigen. Auf unnachahmliche Weise hat der Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker das Dilemma der Volksvertreter auf den Punkt gebracht: "Wir wissen alle, was zu tun ist. Aber wir wissen nicht, was wir danach machen können, um trotzdem wiedergewählt zu werden."

Noch spielen die Währungshüter aber nicht mit. Ihr Problem: Sie sind nicht vom Volk gewählt. Deshalb scheuen sie sich, noch mehr Steuergelder aus robusten Ländern zu riskieren, um Krisenstaaten zu helfen - deren Probleme zudem meist hausgemacht sind. Derart weitreichende Entscheidungen müssen demokratische Regierungen treffen, nicht Geldpolitiker, betont Bundesbank-Präsident Jens Weidmann immer wieder. Die Politik hat für diese Zwecke milliardenschwere Rettungsschirme aufgespannt.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,17

Weidmann wettert schon seit Monaten, die EZB bewege sich gefährlich nahe am Rande ihres Mandats, das unter anderem die Finanzierung von Staatsschulden mit der Notenpresse verbietet. Genau das hat die Notenbank aber aus Sicht vieler Kritiker getan, als sie Staatsanleihen der klammen Euroländer im Wert von mehr als 200 Mrd. Euro kaufte - und damit die Anleihenzinsen der Krisenstaaten am Finanzmarkt drückte, was deren Sparkurs erleichtert.

Draghi fordert Zukunftsvision

Auch Draghi stellte klar, dass die aktuelle Krise zu großen Teilen auf staatliche Misswirtschaft zurückgeht: Hohe Schulden, fehlende Wettbewerbsfähigkeit, inflexible Arbeitsmärkte. "Es wäre nicht richtig, wenn wir das Loch füllen würden, das durch die Untätigkeit anderer entstanden ist", betonte Draghi. Die Probleme könnten nicht von der Geldpolitik ausgeräumt werden.

Einige Krisenländer hätten aber große Fortschritte erzielt: "Es ist unabdingbar, dass die Anstrengungen fortgesetzt werden, die Haushalte in Ordnung zu bringen und wieder Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Das sind Vorbedingungen für ein stabiles Wachstum."

Der Italiener rief die Regierungen der Eurozone erneut dazu auf, eine klare Vision zu präsentieren, wie es mit dem Euro weitergehen soll. "Wir sollten klären, was der Euro in fünf oder zehn Jahren sein soll." Für Draghi ist klar: Eine klare Strategie ist wichtig, um das Vertrauen in das Krisenmanagement der EU zurückzugewinnen. Doch die Politik scheut sich noch vor dem großen Wurf, der auch den Verzicht auf Souveränität etwa bei Haushaltsfragen beinhalten würde.

"Zurückhaltender" Draghi

Experten erwarten, dass die EZB die Zinsen bald weiter senken wird, um die schwache Konjunktur anzukurbeln. Draghi will sich noch nicht festlegen. Angesichts der Marktverzerrungen glaubt er ohnehin nicht, dass eine weitere Lockerung der Zinsen eine große Wirkung hätte. "Ob die EZB im Juli handelt, bleibt eine offene Frage", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Die Märkte hätten ein klareres Signal erwartet.

Immer mehr Ökonomen fordern auch weitere Geldschwemmen, um das Austrocknen des Bankensystems zu verhindern. Die EZB hatte klammen Banken im Dezember und Februar mehr als eine Billion Euro zu günstigen Zinsen für drei Jahre zur Verfügung gestellt, nachdem die Institute ihre Kreditvergabe so stark gedrosselt hatten wie seit der Lehman-Pleite nicht mehr. Eine weitere EZB-Geldspritze könnte die Lage kurzfristig entspannen, hoffen Befürworter.

Draghi äußerte sich dazu eher zurückhaltend, zumal insgesamt genügend Liquidität im Markt sei: "Die ersten beiden Operationen waren so riesig. Wir glauben nicht, dass sie schon ausgeschöpft sind und ihre Wirkung voll entfaltet haben."

Direkthilfen für Banken aus dem Rettungsfonds ESM sieht Draghi skeptisch. Zwar zeigt der Italiener Verständnis für entsprechende Forderungen aus Spanien. Das Land will sein kriselndes Bankensystem über direkte ESM-Hilfen sanieren, um so Sparauflagen aus Brüssel zu vermeiden: "Einerseits wäre das gut, weil Banken rekapitalisiert werden könnten, ohne dass sich das Land weiter verschulden muss", sagte Draghi. Allerdings sei das verboten. Außerdem müsse man sich fragen: "Wollen wir, dass der Rettungsfonds ein Aktionär dieser Banken wird? Dafür wurde der ESM nicht geschaffen."

Quelle: ntv.de, Harald Schmidt, dpa

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