Nicht nur Draghis Ansicht EZB prüft seltenere Zinsentscheidungen
20.05.2014, 15:59 Uhr
Am 5. Juni tagt der EZB-Rat wieder zum Thema Geldpolitik. Die Finanzmärkte fiebern dem Termin bereits entgegen. Doch mit dem monatlichen Turnus könnte bald Schluss sein, wie Insider berichten.
Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte möglicherweise schon bald seltener über den Leitzins für die Euro-Länder entscheiden als bisher. Der EZB-Rat prüfe derzeit, ob der vierwöchige Turnus der Zinsentscheidungen auf sechs Wochen ausgedehnt werde, sagten mehrere mit den Beratungen vertraute Personen. EZB-Präsident Mario Draghi hatte eine Abkehr von der bisherigen Praxis Ende April ins Gespräch gebrach. Dabei machte er allerdings klar, dass es sich um seine persönliche Ansicht handele.
Sollte der 24-köpfige EZB-Rat diesen Sitzungsrhythmus auf sechs Wochen verlängern, würde er wie der für die US-Zinspolitik entscheidende Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank Federal Reserve nur noch acht Mal im Jahr über den Leitzins entscheiden.
Themenfülle Tribut zollen
Bislang trifft sich der EZB-Rat alle zwei Wochen, bei der ersten Sitzung im Monat - fast immer am ersten Donnerstag - wird über die Geldpolitik entschieden, bei der zweiten Sitzung über andere Angelegenheiten, etwa organisatorische Fragen der EZB oder Banken- und Finanzmarktthemen. Denkbar sei, dass künftig eine Sitzung der Geldpolitik vorbehalten sei, einer zweiten Fragen der Bankenaufsicht und einer dritten andere Themen, hieß es in den Notenbankkreisen.
Die EZB übernimmt Anfang November die Aufsicht über die Banken in der Eurozone. Der EZB-Rat hat dann das letzte Wort bei der Entscheidung, ob eine angeschlagene Bank abgewickelt werden soll.
Beobachter sehen in der von Draghi angestoßenen Debatte über eine Veränderung des Sitzungsturnus einen Hinweis darauf, dass der EZB-Rat der Fülle der Themen, mit denen er sich inzwischen beschäftigen muss, Tribut zollen muss. Zudem erhofft man sich seitens der EZB, dass seltenere Zinsentscheidungen zu weniger Spekulationen an den Finanzmärkten und in den Medien über den weiteren Kurs der Zentralbank führen.
Die Bundesbank hätte mit einem solchen Verfahren nach Informationen aus dem Umfeld ihres Präsidenten Jens Weidmann keine Probleme. "Da könnten wir mitgehen", sagte ein Insider, der nicht namentlich genannt werden wollte. Das Thema, das im EZB-Rat weitgehend unstrittig sei, könne bereits bei einer Sitzung des Gremiums in dieser Woche besprochen werden. Es sei aber unwahrscheinlich, dass bereits eine Entscheidung falle.
Quelle: ntv.de, bad/rts