Wirtschaft

Ein bisschen Bondkauf muss reichen EZB wagt den Mittelweg

Trotz der Angst vor einer Verschärfung der Schuldenkrise im kommenden Jahr werden Europas Währungshüter wohl nichts an ihrem Kurs beim Ankauf von Staatsanleihen ändern.

Kein Grund für EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, den Finger in den Wind zu halten.

Kein Grund für EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, den Finger in den Wind zu halten.

(Foto: REUTERS)

In Zeiten der Schuldenkrise wählt die EZB beim ungeliebten Ankauf von Staatsanleihen den Mittelweg: Hatte sie zu Beginn des Programms im Mai wochenweise zweistellige Milliardenbeträge zum Erwerb der Bonds in die Hand genommen, greift sie mittlerweile weniger beherzt zu. So war das Ankaufvolumen vor Weihnachten mit 1,12 Milliarden Euro trotz einer Verdoppelung gegenüber der Vorwoche moderat. Die Hüter des Euro, die auch in der Hochphase der Irland-Krise dem Ruf der Politik nach einer massiven Ausweitung standhielten, bleiben somit auf Kompromisskurs. 2011 könnte die Schuldenkrise die Geldpolitiker in Frankfurt jedoch zu einer schnelleren Gangart herausfordern.

"Das Risiko steigt, dass sich Portugal unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss. Im Vorfeld dürfte es an den Märkten Anspannungen geben, die es dann zu bekämpfen gilt", warnt der Commerzbank-Experte Michael Schubert. Dass die Währungshüter um EZB-Chef Jean-Claude Trichet bei einer Verschärfung der europäischen Schuldenkrise über ihren Schatten springen und die Bondkäufe massiv hochfahren, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Denn ihr Mantra lautet: Es ist nicht unsere Aufgabe, Regierungen zu finanzieren. Bundesbankchef Axel Weber geißelt den Erwerb der Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt gar als Sündenfall. Dass die Notenbank bei den Staatstiteln nicht mehr so kraftvoll zugreift wie zu Beginn, dürfte nicht zuletzt auf seinen Widerstand zurückzuführen sein. Im Oktober waren die Ankäufe über Wochen komplett eingestellt worden.

EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark bekräftigte jüngst im Gespräch mit der "Börsen-Zeitung", dass es durchaus eine rote Linie gibt: "Wir werden auf keinen Fall die Dimensionen anderer Zentralbanken erreichen." Gemeint sind insbesondere die amerikanische Fed und die Bank of England. Diese gingen in der Krise bei den Bondkäufen in die Vollen, um die Wirtschaft in ihren Ländern zu stützen. Die US-Zentralbank um Gouverneur Ben Bernanke fuhr schweres Geschütz auf und ließ die Notenpresse kräftig rotieren. Bereits in der akuten Phase der Krise nahm sie 1,75 Billionen Dollar zur Stimulierung der Konjunktur in die Hand. Im Herbst legte sie nach: Bis Mitte 2011 sollen über Staatsanleihekäufe weitere 600 Milliarden Dollar in die lahmende Wirtschaft gepumpt werden. Auch die Bank von England ließ sich nicht lumpen - mit Bondkäufen im Volumen von immerhin 200 Milliarden Pfund. Von diesen Summen ist die Europäische Zentralbank mit einem Ankaufvolumen von nunmehr 73,5 Milliarden Euro meilenweit entfernt.

Finger weg von der Gelddruckmaschine

Auch die Schuldenkrise soll daran nichts ändern. Die EZB hat von Anfang an klar gemacht, dass sie die Gelddruckmaschinen nicht anwerfen wird. Fein säuberlich neutralisierte sie Woche für Woche jeweils die von ihr über die Bondkäufe in den Markt gegebene zusätzliche Liquidität. Allerdings gelang es ihr am Dienstag nicht, die volle Summe abzuschöpfen: Statt der angepeilten 73,5 Milliarden konnte sie nur 60,7 Milliarden Euro absaugen. "Die Neutralisierung ist zwar nur ein symbolischer Akt, aber dennoch wichtig", meint Commerzbank-Experte Schubert. Denn die EZB will keinesfalls in den Ruf geraten, sie heize die Inflation an. Zugleich hat sie von Anfang an klargestellt, dass es ihr um eine Stützung der Märkte geht und nicht um Hilfen für schuldenbeladene Euro-Wackelkandidaten wie etwa Portugal oder Irland. Appelle von EU-Währungskommissar Olli Rehn, die Käufe im Zuge der Irland-Krise massiv auszuweiten, trafen bei Trichet und Co. denn auch Anfang Dezember auf taube Ohren. Spekulationen, die EZB würde bald Anleihen von ein bis zwei Billionen Euro kaufen, erwiesen sich als Luftnummer. EZB-Chefvolkswirt Stark rät daher dazu, weiter auf den Kompass der EZB zu vertrauen: "Hören Sie nicht auf Gerüchte, sondern auf unsere Kommunikation."

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen