Wirtschaft

Beim IWF von Berlin aus Ende der Zurückhaltung

Angela Merkel ist bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF nicht vor Ort, was sie jedoch nicht davon abhält, von Berlin aus mitzudiskutieren.

Angela Merkel ist bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF nicht vor Ort, was sie jedoch nicht davon abhält, von Berlin aus mitzudiskutieren.

(Foto: dpa)

Da Wolfgang Schäuble unpässlich ist, vertritt die Bundeskanzlerin ihren Minister höchstperlich bei der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Von Berlin aus beklagt sie unter anderem die unangemessenen Wechselkurse.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich offenbar entschieden, den gesundheitlich schwer angeschlagenen Finanzminister Wolfgang Schäuble bei wichtigen Auslandsterminen höchstselbst von Berlin aus zu vertreten. So handelte sie anlässlich der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Washington. Die Diskussionen dort wären eigentlich Schäubles Terrain gewesen, wenn er nicht wieder ins Krankenhaus hätte gehen müssen. Ohne Schäuble blieb die etwas führungslose deutsche Delegation aber merkwürdig still, während Minister und Notenbankchefs aus anderen Ländern ihrem Ärger über einen Abwertungswettlauf in der Welt zum Schaden aller lauthals Luft machten.

Jörg Asmussen, der zuständige Staatssekretär Schäubles und Sozialdemokrat, hatte bereits im Vorfeld signalisiert, er wolle sich zum sensiblen Thema Währungen lieber nicht aus dem Fenster lehnen. Asmussen hält seine Zurückhaltung für angebracht. Schließlich sei er kein Minister, sagt er, sondern "nur" ein Spitzenbeamter. Auch Bundesbank-Präsident Axel Weber, der den Führungspart mit übernehmen sollte, hielt sich vornehm zurück. Dabei hatte Merkel angekündigt, Deutschland wolle sich an dieser Debatte intensiv beteiligen.

Yuan soll gefälligst "seinen realen Wert haben"

Politiker fordern die Aufwertung des chinesischen Yuan.

Politiker fordern die Aufwertung des chinesischen Yuan.

(Foto: dpa)

So legte sich die Kanzlerin von Berlin aus bei diesem Thema mächtig ins Zeug - nicht zum ersten Mal. Ihren Sprecher Steffen Seibert ließ sie erklären, sie teile die US-Kritik an der künstlichen und damit unfairen Unterbewertung der chinesischen Währung. Der Yuan solle gefälligst "seinen realen Wert haben". Das ging gegen den zunehmend selbstbewussten Partner und wirtschaftlichen Konkurrenten China. Und da sie schon einmal dabei war, nahm Seibert namens der Kanzlerin gleich noch die USA mit ins Visier. "Man kann nun aber natürlich auch argumentieren, dass auch die amerikanische Währung, indem extrem viel Liquidität in den Markt dort gepumpt wird, tendenziell dadurch abgewertet wird. Und auch das entspricht vielleicht nicht einem ganz realen Wert", erläuterte Seibert vielsagend.

Besonders mit Blick auf das von vielen als Sündenbock erkorene China wird damit klar: die Zeit der Zurückhaltung ist vorbei. Lange Zeit galt beim Thema Währungspolitik unter den großen Ländern die Regel, Kritik allenfalls hinter geschlossenen Türen zu äußern und öffentlich nicht scharf zu schießen. Heute sind Ungleichgewichte bei den Währungen jedenfalls kein sensibles Thema mehr.

Erbitterter Streit über Wechselkurspolitik

Ganz abgesehen von Merkel konnte auch in Washington keine Rede mehr von vornehmer Zurückhaltung sein. Manche - wie IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn - nahmen sogar das Wort "Währungskrieg" in den Mund, auch wenn sie sich kurz darauf wieder davon distanzierten. Und andere wie Eurogruppen-Präsident Jean-Claude Juncker klagten lauthals, der Dollar sei nun mit einem Kurs von 1,40 zum Euro wirklich unterbewertet und der chinesische Yuan sowieso.

Der Streit über die Wechselkurspolitik wird so erbittert geführt, weil es um ganz viel geht. Nach der tiefsten Finanz- und Wirtschaftskrise werden die Karten in der Welt neu gemischt - und dabei gibt es Auf- wie Absteiger. Neu verteilt werden also Wachstumschancen und damit künftige Arbeitsplätze und Wohlstand in der Welt. Wechselkurse stellen dabei das Schmiermittel für den Handel in einer globalisierten Welt dar - eine wichtige Wachstumsquelle. Werden Währungen politisch und damit künstlich gedrückt, verschafft man sich zusätzliche Marktchancen im Ausland, die ein Land wie China oder auch die USA sonst nicht hätte - auf Kosten der Konkurrenten. Dass das gerade für ein so starkes Exportland wie Deutschland ein Thema von höchster Bedeutung ist, liegt auf der Hand.

Nicht nur Brasilien, das unter den neuen größeren Währungsungleichgewichten besonders leidet, hofft also inständig auf ein Wunder - eine Einigung aller Beteiligten mit Hilfe einer "Zauberformel". IWF-Chef Strauss-Kahn hat hier schon etwas anzubieten: eine "systemische Stabilitätsinitiative". Sie soll ein neues Konsultationsforum der weltwirtschaftlichen Mächte zur Lösung von Währungsproblemen sein - mehr ist bislang nicht bekannt.

Quelle: ntv.de, Gernot Heller, rts

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