Wirtschaft

Dresdner Bank verschwindet Ende einer Ära

Die Dresdner Bank ist Geschichte. Ihre fast 137-jährige Tradition endete per Federstrich: Am Montag um 7.32 Uhr wurde die Verschmelzung der Dresdner Bank AG mit der Commerzbank AG beim Frankfurter Amtsgericht ins Handelsregister eingetragen. Damit ist die im Sommer vereinbarte Übernahme durch die Commerzbank formaljuristisch besiegelt.

Zwar bleiben Marke und Name der Bank mit dem hoffnungsgrünen Logo voraussichtlich bis Ende 2010 erhalten, aber faktisch ist die Dresdner Bank endgültig Geschichte. Ihr Niedergang habe sich seit Jahren angekündigt, meinen Experten und verweisen auf Schwierigkeiten etwa im Investmentbanking. Doch bei Beschäftigten und manchem Beobachter ist auch von Wehmut die Rede.

Problemkind Investmentsparte

"Wir tragen zwar nicht Trauer, aber das ist ein bedeutendes Ereignis", sagt ein Dresdner-Mitarbeiter. In einer E-Mail an die Mitarbeiter sprach Commerzbank-Chef Martin Blessing von einem "historischen Tag" für die beiden benachbarten Großbanken. Verdi-Vertreter Frank Wolf betont: "Viele Beschäftigte sind nicht begeistert, Bankmitarbeiter identifizieren sich schon sehr mit ihrem Arbeitgeber." Am vergangenen Mittwoch trugen in Berlin etwa 300 Menschen die Dresdner Bank bereits symbolisch zu Grabe.

"Es ist kein Anlass zur Freude, wenn eine solches Institut, das die Bankenlandschaft in Deutschland so lange geprägt hat, nun verschwindet", sagt der Kölner Wirtschaftswissenschaftler Thomas Hartmann-Wendels. Doch er verweist zugleich auf die unglückliche Rolle der Dresdner Bank in den vergangenen Jahren. Der Einstieg der Bank ins Investmentbanking in den 1990er Jahren und die Idee, mit dem Versicherer Allianz einen "Allfinanzkonzern" zu schmieden, sieht Hartmann-Wendels als "die beiden Kardinalfehler", die zum Niedergang führten. Die Investmentsparte wurde zum Dauerkrisenherd und war im vergangenen Jahr für den Löwenanteil der 6,3 Mrd. Euro Verlust der Dresdner Bank verantwortlich, die Ehe mit der Allianz ging nach problembelasteten Jahren in die Brüche.

"Wie sauer Bier"

"Seit der ersten öffentlichen Fusionsverhandlung mit der Deutschen Bank war das Institut auf dem langsam wegsterbenden Ast", meint der Ökonom Dirk Schiereck von der TU Darmstadt. Bankenanalyst Konrad Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck wird noch deutlicher: Die Bank habe seit Jahren keine richtige Linie mehr gefunden. "Eigentlich hat sie sich schon um die Jahrtausendwende selbst aufgegeben." Steueraffäre, gescheiterte Fusion mit der Deutschen Bank, danach habe sich das Institut im Ausland angeboten "wie sauer Bier". "Die Dresdner Bank ist schon lange nicht mehr in der Lage gewesen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen", urteilt Becker.

Entstanden war die Dresdner Bank am 12. November 1872 in Dresden mitten in der Industrialisierung durch die Umwandlung des privaten Bankhauses Michael Kaskel in eine Aktiengesellschaft. Als Gründer gilt Eugen Gutmann, der das Regionalinstitut zu einer Großbank mit Auslandsniederlassungen formte. Bis 1950 blieb Dresden juristischer Sitz. Während der Nazi-Diktatur arbeitete die Bank eng mit den politischen Führern zusammen, wie eine 2006 von der Bank präsentierte unabhängige Studie belegt. Die Alliierten zerschlugen die Bank nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, die letzten drei Institute wurden 1957 zur Dresdner Bank AG mit Sitz in Frankfurt am Main zusammengefasst.

Unter Vorstandschef Jürgen Ponto, der 1977 von RAF-Terroristen erschossen wurde, gelang der Dresdner in den 1970er Jahren der Aufstieg zu einer internationalen Geschäftsbank. Nach zwei gescheiterten Fusionsanläufen, unter anderem mit der Deutschen Bank, übernahm 2001 der Versicherungskonzern Allianz die Dresdner für etwa 23 Milliarden Euro. Die letzte Hauptversammlung am 24. Mai 2002 glich bereits einer Beerdigung: Fast 130 Jahre nach ihrer Gründung verlor die Dresdner ihre Selbstständigkeit als börsennotierte Gesellschaft.

Quelle: ntv.de, Jörn Bender, dpa und Kathrin Schulte-Bunert, dpa-AFX

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