Verkauf an Macquarie-Konsortium Eon schlägt sein Ferngasnetz los
16.05.2012, 17:41 Uhr
Der Energieriese Eon hat sein Gasnetz an Finanzinvestoren verkauft.
(Foto: picture alliance / dpa)
Deutschlands größter Energieversorger Eon verkauft sein Gasleitungsnetz für 3,2 Mrd. Euro an Finanzinvestoren, um seine Schulden zu verringern. Die Röhren versorgen rund 40 Mio. Haushalte und transportieren fast die Hälfte des Erdgases, was jährlich in Deutschland verbrannt – trotzdem drohen den Verbrauchern laut Aktionärsschützern keine unmittelbaren Nachteile.
Europas wichtigstes Gasnetz für die Versorgung von 40 Mio. Haushalten in Deutschland und Nachbarländern wechselt den Besitzer. Der Energieriese Eon verkauft seine 12.000 Kilometer langen Pipelines für 3,2 Mrd. Euro an eine Gruppe von Finanzinvestoren. Für Eon ist der Verkauf ein großer Schritt beim Schuldenabbau. Die Transaktion soll im dritten Quartal abgeschlossen werden. Das Bundeskartellamt und das Bundeswirtschaftsministerium müssen dem Verkauf aber noch zustimmen.
Mit dem Verkauf will Eon-Chef Teyssen nun Investitionen in Wachstumsmärkte wie Brasilien, Indien und die Türkei vorantreiben und die Schuldenlast des Energieriesen senken, der durch den beschleunigen Atomausstiegs unter Druck geraten ist. Bis Ende 2013 will der Konzern durch Beteiligungsverkäufe 15 Mrd. Euro einnehmen. Mehr als zwölf Mrd. Euro habe Eon bereits kassiert, erklärte der Versorger. Eon hatte sein Stromnetz in Großbritannien für fast 5 Mrd. Euro und seine Restbeteiligung am russischen Gazprom -Konzern für 3,4 Mrd. Euro verkauft. Hinzu kamen Kraftwerke, Stadtwerke-Beteiligungen sowie ein italienisches Gasnetz. Geplant ist auch der Verkauf der Müllverbrennungsanlagen. "Die Mittel werden zum Schuldenabbau sowie zur Investition in Wachstumsgeschäfte eingesetzt", bekräftigte der Konzern. Eon drücken Schulden von 37,6 Mrd. Euro.
Das Gasnetz wird nun von einem Konsortium um die australische Investmentbank Macquarie übernommen. Zu dem Konsortium gehören auch Infinity Investments, British Columbia Investment Management und die Kapitalanlagegesellschaft MEAG der Versicherung Munich Re. Macquarie hatte bereits Anfang vergangenen Jahres das Gasfernleitungsnetz von RWE mit einer Länge von rund 4000 Kilometern übernommen. Branchenkreisen zufolge zahlten die Australier dafür 500 Mio. Euro. Meag hatte sich 2011 bereits am Höchstspannungsnetzbetreiber Amprion beteiligt, der aus dem zweitgrößten deutschen Energiekonzern RWE hervorgegangen ist.
Finanzinvestoren suchen langfristige Beteiligungen
Macquarie verdient sein Geld vor allem mit Infrastrukturfonds, die Investitionen in stabile Geschäfte finanzieren und auf ebenso stabile Rückflüsse setzen. Sie bleiben oft 20 Jahre engagiert - deutlich länger als normale Finanzinvestoren. Für Investoren aus der Finanzwelt bieten die Eon-Fernleitungen zum Transport von Erdgas aus Russland, Norwegen und den Niederlanden attraktive und stabile Erträge. Auch Versicherer suchen langfristige Anlagen, die ihnen Banken immer seltener bieten können. Im Rennen waren nach Angaben aus Branchenkreisen daher auch Konsortien um den Versicherungskonzern Allianz, den französischen Versorger GDF-Suez sowie eine Gruppe um die belgische Fluxys.
Eon Ruhrgas hatte das Netzgeschäft 2010 auf Druck der Europäischen Kommission vom Gashandel getrennt und in die eigenständige Tochter Open Grid Europe (OGE) ausgegliedert, die nun verkauft wird. Die EU-Kommission hatte Eon und RWE aus Wettbewerbsgründen zur Abgabe ihrer großen Strom- und Gasnetze aufgefordert. Die Konzerne hatten sich lange Zeit gewehrt, dem Druck jedoch letztlich nachgegeben. Sein großes Stromnetz hatte Eon 2009 für 1,1 Mrd. Euro an den niederländischen Betreiber Tennet verkauft.
Keine direkten Nachteile für Verbraucher
Durch die bis zu zwei Meter dicken unterirdischen Eon-Gasleitungen fließt jährlich ein Volumen von 660 Mrd. Kubikmeter, mehr als die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases. Die Essener Gesellschaft OGE hat 1600 Mitarbeiter und beliefert 450 nationale und internationale Kunden. Das Fernleitungsnetz gilt mit seinen Pipelines in Ost-West-Richtung sowie in Nord-Süd-Richtung als die Drehscheibe für Gas in Europa.
Der Verkauf des Eon-Ferngasnetzes hat nach Einschätzung von Aktionärsschützern keine direkten Auswirkungen auf die Verbraucher. Bei Stromfernleitungen gebe es allerdings großen Investitionsbedarf, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Thomas Hechtfischer. Bei den Stromnetzen stünden Finanzinvestoren als neue Eigentümer in der Verantwortung. Neben Kapital gehe es um erforderliche Genehmigungen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP