Wirtschaft

"Tuomioja spricht nicht für Regierung" Euro-Kakophonie aus Finnland

Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja rutert zurück.

Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja rutert zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Äußerungen des finnischen Außenministers Tuomioja zu einem bevorstehenden Euro-Aus sorgen für Ärger innerhalb in der Koalitions-Regierung. "Wir stehen zu '100 Prozent' zum Euro", widerspricht Europa-Minister Stubb. Tuomioja erklärt zuvor ein Auseinanderbrechen der Eurozone für unabdingbar. Später relativiert er seine Aussagen. Schrille Töne kommen auch aus Österreich

Nach den Euro-skeptischen Äußerungen seines Ministerkollegen Erkki Tuomioja in einem Interview mit dem "Daily Telegraph" versucht sich der finnische Minister für europäische Angelegenheiten, Alexander Stubb, um Schadensbegrenzung. Finnland wolle unbedingt am Euro festhalten. "Wir stehen zu '100 Prozent' zum Euro", sagte Stubb im Sender CNBC.

Finnische Euromünze: Gemeinschaftswährung als Zwangsjacke?

Finnische Euromünze: Gemeinschaftswährung als Zwangsjacke?

(Foto: dapd)

Stubb versuchte damit die Wogen über Äußerungen des finnischen Außenministers Tuomioja zu glätten, der von einem möglichen Auseinanderbrechen des Euroraums gesprochen hatte. Stubb bezeichnete es als Ziel Finnlands, die Lage im Euroraum zu stabilisieren und langfristige Lösungen zu finden, damit sich die gegenwärtigen Probleme nicht wiederholten.

Auch Tuomioja selbst war nach Erscheinen des Artikels zurückgerudert. Die Überschrift des "Daily Telegraph" ("Finnland bereitet sich auf Auseinanderbrechen der Eurozone vor") sei "missverständlich", sagte er am Freitag dem finnischen Radiosender YLE.

Ein Spiel mit dem Feuer

"Wir sollten hier nicht mit dem Feuer spielen, indem wir ein Auseinanderbrechen des Euro oder den Ausschluss einiger Mitgliedsländer aus dem Euroraum ins Gespräch bringen", sagte Stubb. Dies sei nicht hilfreich. Stubb gehört der konservativen Nationalen Sammlungspartei, Tuomioja den Sozialdemokraten der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Jyrki Katainen (Sammlungspartei) an.  

Außenminister Tuomioja hatte in dem Interview gesagt: "Wir müssen der Möglichkeit eines Auseinanderbrechens des Euro ins Auge sehen". Darin forderte forderte er die Länder Europas auf, sich darauf vorzubereiten. "Es gibt keine Regeln dafür, wie man den Euro verlässt, aber es ist nur eine Frage der Zeit", sagte der Minister. "Entweder der Süden oder der Norden wird wegbrechen."

Die Gemeinschaftswährung sei wie eine Zwangsjacke, die Millionen Menschen in Not bringe und die Zukunft Europas zerstöre. Aber niemand in Europa wolle der erste sein, der aus dem Euro aussteige und die ganze Schuld auf sich ziehe, sagte Tuomioja. Dabei bedeute das Auseinanderbrechen des Euro nicht das Ende der Europäischen Union. "Es könnte der EU helfen, besser zu funktionieren", machte der Minister deutlich.

"Wir müssen vorbereitet sein"

Zugleich berichtete er, finnische Regierungsvertreter hätten Vorbereitungen getroffen für ein Ende der Gemeinschaftswährung mit einem "Handlungsplan für jede Eventualität". "Das ist nicht etwas, das jeder in Finnland befürwortet, geschweige denn die Regierung. Aber wir müssen vorbereitet sein", mahnte Tuomioja.

Die Wirtschaft des Landes, das selbst ein Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsunion ist, bekommt die Folgen der europäischen Schuldenkrise mittlerweile deutlich zu spüren. Nach einem soliden Wachstum im vergangenen Jahr geht es nur noch langsam voran. Während Schweden, Dänemark und Norwegen weiter wachsen, müssen die Finnen zuschauen. Einige der skandinavischen Währungen verbesserten sich gegenüber dem Euro so sehr wie seit zwölf Jahren nicht mehr.

Finnland hat zwar bisher auch vom Euro profitiert und ist auch immer noch eines der wenigen Länder in der Eurozone, das eine Top-Note für seine Kreditwürdigkeit besitzt, ebenso wie Dänemark, Schweden und Norwegen. Aber die anderen Nordländer müssen eben nicht für die notleidenden Staaten Euro-Staaten Griechenland, Italien und Spanien finanziell in die Bresche springen.

Einer schert immer aus

Außenminister Tuomioja reiht sich mit seinem Appell einmal mehr in das Lager der Euro-Skeptiker ein, das die Bemühungen der obersten Euro-Retter, der Welt Geschlossenheit zu demonstrieren, immer wieder torpediert, während die anderen versuchen, die nervösen Finanzmärkte zu beschwichtigen und den notleidenden Euro-Staaten Zeit zu verschaffen, ihre Haushalte zu sanieren.

Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, warnte wiederholt vor einem Zerfall der gemeinsamen Währungszone. Der Euro sei "an einem entscheidenden Punkt angekommen", räumte er Ende Juli ein. Die Welt rede darüber, ob es die Euro-Zone in einigen Monaten noch gebe. Die Euro-Länder müssten mit allen Mitteln ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Stabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren.

Schrille Töne aus Österreich

Auch in Österreich sorgten scharfe Töne in der Euro-Debatte für Unstimmigkeiten in der Regierung: Scharfe Töne in der Debatte um ein Zerbrechen der Eurozone haben in Österreich für Unstimmigkeiten in der Regierung gesorgt. Während der konservative Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) unartige Länder aus der Union "rausschmeißen" möchte, warnt der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor negativen Folgen.

"Wir brauchen Möglichkeiten, dass man jemanden aus der Währungsunion rausschmeißt", forderte der Außenminister in der Wiener Zeitung "Kurier". Damit meine er Länder wie Griechenland, die sich nicht an Verpflichtungen halten: "Wenn es diese Regel schon gäbe, hätte man schon Konsequenzen ziehen müssen."

Für die Möglichkeit eines Ausschlusses einzelner Länder müsse man den EU-Vertrag ändern, so Spindelegger: "Ich bin fest davon überzeugt, dass es durchzubringen ist." Er habe mit seinen Außenminister-Kollegen bereits Gespräche darüber begonnen. Deutschland, Luxemburg, Finnland und die Niederlande würden diesen Kurs unterstützen.

Der österreichische Bundeskanzler stellte sich als Reaktion auf seinen Vize gegen diesen Kurs: "Die negativen Folgen des Zerbrechens der Eurozone würden allfällige Vorteile für einzelne Länder bei weitem übersteigen", teilte Faymann mit. Einen "Rauswurf" könne er nicht empfehlen.

Roland Koch: Kein "zurück auf null"

Roland Koch: "Niemand soll ein Scheitern oder auch nur einen Austritt Griechenlands anstreben."

Roland Koch: "Niemand soll ein Scheitern oder auch nur einen Austritt Griechenlands anstreben."

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit einem eindringlichen Appell warnte derweil Roland Koch, der Vorstandsvorsitzende des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger-Berger, vor einem Scheitern der gemeinsamen Währung: Ein Zerstören des Euro würde das Zusammenwachsen Europas auf null stellen: "Null ist aber nicht 1990. Null ist 1945", sagte Koch der "Süddeutschen Zeitung". Niemand solle deswegen ein Scheitern oder auch nur einen Austritt Griechenlands anstreben.

"Der europäische Kontinent muss als Ganzes seinen Weg finden in einer Welt, in der er im Vergleich zu China, Indien oder Südamerika mit seinem Anteil an Bevölkerung und Weltwirtschaft immer kleiner wird."

Koch, der bis zum Jahr 2010 Ministerpräsident in Hessen und stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender war, sieht dabei weiterhin genügend Spielräume für die Regierungen. "In allen wesentlichen Fragen entscheidet die Politik." Er bedauere zutiefst, dass es in diesen Krisenzeiten "schick" sei, der Politik die Handlungshoheit abzusprechen. Dabei sei es die Politik gewesen, die etwa in Deutschland die Rahmenbedingungen für eine starke Industrie geschaffen habe.

Allerdings sieht der Manager – sein Konzern strebt mit 60.000 Mitarbeitern in diesem Jahr einen Umsatz von mehr als acht Mrd. Euro an - auch eine Mitverantwortung der Politik an der Finanzkrise: "Natürlich hat die Bundesrepublik Deutschland andere Staaten zum Schuldenmachen motiviert, indem sie als erste den Vertrag zur Währungsunion gebrochen hat", kritisierte Koch. Denn jeder habe sich ausrechnen können: Wenn Deutschland nicht bestraft wird, wird keiner bestraft. "Natürlich hat eine Bundesrepublik das Vertrauen darin erweckt, dass Staatsanleihen immer sicher sind, indem sie entschieden hat, dass Staatsanleihen nicht mit Kapital unterlegt werden müssen bei der Bank – im Gegensatz zu jedem anderen Kredit."

Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa

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