Zeichen der Zuversicht in Davos Euro-Krise verliert an Schärfe
27.01.2011, 16:04 UhrWährend des Weltwirtschaftsforums in Davos wächst unter Top-Managern aus der europäischen Unternehmenslandschaft die Zuversicht, dass die Politik die Schuldenkrise ohne größere Turbulenzen bewältigen kann. Frankreichs Staatschef Sarkozy schürt die Stimmung durch ein flammendes Plädoyer. EZB-Chef Trichet denkt über einen flexibleren Rettungsschirm nach.

Spiegelblanker Logoträger: Flaggen lassen in Davos keinen Zweifel daran, in welchem Land sich die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums befinden.
Die im Schweizer Davos versammelten Spitzen der europäischen Geschäftswelt sehen wachsende Chancen für eine Lösung der Schuldenkrise in der Eurozone ohne allzu große Verluste für private Investoren. Ein Jahr nach einem Treffen, bei dem noch die Schuldenkrise von Griechenland die Hauptrolle spielte, beschäftigen sich Politiker und Manager beim Davoser Weltwirtschaftsforum mit der Ausweitung auf weitere Länder wie Irland.
Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy nutzte seine Rede in Davos für ein starkes Bekenntnis zum Euro. "Wir werden dem Euro niemals den Rücken kehren, wir werden den Euro niemals aufgeben", sagte Sarkozy auf dem Weltwirtschaftsforum. "Der Euro buchstabiert Europa", betonte der Staatspräsident. Er könne da auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen.
Frankreich und Deutschland hätten drei barbarische Kriege hinter sich. "Jetzt ist Europa der stabilste Kontinent der Welt", sagte Sarkozy. "Wir lassen niemals zu, dass der Euro abgeschafft oder zerstört wird." Wer gegen den Euro spekuliere, sollte vorsichtig sein, worin er investiere, mahnte der Präsident die Investoren.
Keine Angst vor dem Haarschnitt
Schon zuvor hatte sich unter den in Davos versammelten Vertretern der Finanzwelt eine deutliche Entspannung abgezeichnet. "Wir gehen davon aus, dass es den Euro als Währung auch weiterhin geben wird und die Länder des Währungsraumes mit ihren Problemen zurande kommen", sagte Dieter Wemmer, Finanzchef des Versicherers Zurich Financial.
Wemmer hält es zwar für möglich, dass private Investoren bei Anleihen von südeuropäischen Krisenstaaten um Abschläge auf ihre Forderungen gebeten werden könnten. Doch sollten die dadurch entstehenden Verluste in Grenzen bleiben. "Ich denke, es gibt die Wahrscheinlichkeit, dass es in einigen Regionen zu einem 'haircut' kommen könnte - doch so dramatisch sollte das nicht ausfallen", erklärte der Manager.
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen im März bei ihrem Gipfel ein umfassendes Konzept beschließen, wie mit Schuldenkrisen im Euroraum künftig umgegangen werden soll. Dabei geht es um einen permanenten Krisenlösungs-Mechanismus, um mehr Finanzdisziplin und strenge Verpflichtungen für Reformen.
Trichet schraubt am Rettungsschirm
In einem TV-Interview hatte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet im Vorfeld des Treffens noch einmal für eine Stärkung des geltenden Euro-Rettungsschirms EFSF von 440 Mrd. Euro "in Qualität und Quantität" geworben.
Der Fonds sollte so flexibel wir möglich sein. Zudem sollte er nach Trichets Meinung Bonds von Euro-Krisenländern kaufen können. Derzeit ist es die EZB, die seit Mai solche Bonds von Griechenland, Irland und Portugal zur Stabilisierung des Marktes und als Hilfe für diese Länder aufgekauft hat. Schuldenprobleme gibt es aber nicht nur in Europa. Die Rating-Agentur Standard & Poor's wertete am Donnerstag auch Japans Bonität ab.
Domenico Siniscalco, Chef von Morgan Stanley Europe und frühere italienische Finanzminister, sagte, er glaube, es werde gelingen, eine Lösung für die europäischen Probleme zu finden. Nach seiner Auffassung könnte der geschaffene Krisenfonds für die Euro-Länder "die Keimzelle eines europäischen Finanzministeriums" werden.
Was in Davos deutlich wird
Die große Nachfrage bei der ersten Anleihe-Platzierung des Fonds zeige, dass er das Vertrauen der Märkte habe. Martin Sorrell, der Chef des Werbe-Konzerns WPP zeigte sich beeindruckt davon, wie das Vertrauen von Wirtschaftsexperten und Managern in die Fähigkeit der Europäer, ihre Probleme zu lösen, gestiegen sei. "Eine Sache, die hier in Davos deutlich wird, ist, dass es eine Art gezügelten Optimismus zu geben scheint." Selbst Skeptiker seien inzwischen zuversichtlicher hinsichtlich der Eurozone.
Ein führender europäischer Versicherungsmanager verwies in einem Gespräch am Rande des Weltwirtschaftsforums auf mehrere Möglichkeiten, die Krisen-Länder wie Griechenland und Irland hätten, um ihrer Schuldenlast zu reduzieren, ohne den Gläubigern einen begrenzten Forderungsverzicht zuzumuten. Sie könnten ihre Anleihen selbst am Sekundär-Markt mit einem Abschlag zurückkaufen, sie könnten aber auch zu geeigneter Zeit ihre Rückzahlungsfristen bei Bonds verlängern - etwa durch die befristete Aussetzung von Tilgungszahlungen. Solche Lösungen seien jedenfalls wahrscheinlicher als eine Umschuldung verbunden mit hohen Abschreibungslasten für die Gläubiger.
Quelle: ntv.de, dpa/rts