Wirtschaft

Das notwendige Übel Eurobonds warten auf ihre Stunde

Während vehement über die Einführung einer gemeinsamen europäischen Anleihe gestritten wird, schaffen die Finanzmärkte Fakten. Eurobonds stoßen in Deutschland zwar aus gutem Grund auf wenig Gegenliebe. Doch sie sind wohl unausweichlich.

Die Eurobonds genannte Kröte muss Deutschland wohl schlucken.

Die Eurobonds genannte Kröte muss Deutschland wohl schlucken.

(Foto: REUTERS)

Die Deutschen machen es. Die Portugiesen auch. Und auch die Griechen würden es gerne öfter machen, müssen dafür aber viel Geld bezahlen: Braucht ein Staat Geld, dann leiht er sich Geld an den Finanzmärkten. Das ist nicht verwerflich, sondern Alltag.

Länder zahlen dafür unterschiedlich hohe Zinsen – je nach Kreditwürdigkeit. Deutschland mit seinem vergleichsweise gesunden Haushalt und seiner starken Wirtschaft muss deutlich weniger an seine Gläubiger zahlen als beispielsweise Irland oder Portugal. Denn aus Sicht der Investoren ist es wahrscheinlicher, dass diese Länder ihre Schulden nicht zurückzahlen können – höheres Risiko bedeutet nun einmal höhere Zinsen.

Das ist aus Sicht von Investoren verständlich, für unter Schuldenbergen stöhnende Staaten aber teuer. Mittlerweile sind die Zinsen zum Teil so hoch, dass Mitglieder der Eurozone am Rand der Pleite stehen. Das ist nicht nur ein Problem von Irland oder Griechenland, sondern des gemeinsamen Währungsraums – zu dem auch Deutschland gehört.

Die strauchelnden Länder stecken in einer teuflischen Spirale: Angesichts der hohen Zinsen fahren sie einen Sparkurs, doch der dämpft das Wachstum. Damit wird es noch schwieriger die Schulden zurückzuzahlen, daraufhin verlangen Investoren höhere Zinsen. Die im Rettungsschirm gebündelten Milliardengarantien sollen diese Entwicklung stoppen. Mit Blick auf Irland stellt sich die Frage, ob ihm das gelingt. Denn er ist zeitlich befristet - Irland kann sich nicht kurzfristig sanieren, schließlich hat es ein strukturelles Defizit. Außerdem sind die von Irland verlangten Zinsen immer noch sehr hoch. Sie liegen zwar unter dem Niveau, das Investoren derzeit verlangen würden, doch weit über dem, was Irland Anfang letzten Jahres bezahlen musste.

Der derzeitige Ansatz, für jedes Land ein eigenes Rettungspaket mit harten Sparauflagen zu schnüren, birgt massive Gefahren: Die "geretteten" Länder könnten dadurch ihre ohnehin schwache Konjunktur bremsen und in eine Deflationsspirale abgleiten, welche die Wirtschaft vollends lähmt und die Schuldenlast noch weiter steigen lässt. Kleine Länder und ihre Banken könnten von den Finanzmärkten abgeschnitten bleiben. Den Kreditinstituten könnte dann die Pleite drohen, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Unterstützung zurückfährt.

Berlin lehnt Eurobonds ab

Vor diesem Hintergrund holte Luxemburgs Finanzminister Juncker einen alten Vorschlag aus der Wiedervorlage: die gemeinsame europäische Anleihe. Sie soll helfen, die europäische Schuldenkrise zu überwinden. Hinter diesen Bonds würden alle Länder der Eurozone stehen – die Eurobonds hätten also in etwa den Durchschnittszinssatz der Eurozone. Staaten mit geringer Kreditwürdigkeit bekommen über die Bonds die Möglichkeit, zu niedrigeren Zinsen neue Kredite aufzunehmen.

Deutschland lehnt diese Bonds vehement ab und sieht vor allem zwei Probleme: Erstens müsste die Bundesrepublik durch die Euro-Anleihen selber höhere Zinsen zahlen, wenn sie sich Geld leiht. Bislang zahlt sie angesichts ihrer Top-Bonität die niedrigsten Zinsen der Eurozone. Zweitens befürchtet die Bundesregierung, dass hoch verschuldete Schuldenstaaten durch Eurobonds den Anreiz verlieren, ihre Haushaltspolitik zu ändern.

Das ist nachvollziehbar. Allerdings bedeutet die Einführung von Eurobonds nicht unbedingt das Ende der nationalen Anleihen. Juncker schlägt vor, dass Staaten sich nur zum Teil über die gemeinsamen Schuldtitel finanzieren dürfen. Nicht nur deshalb sind Eurobonds nicht zwangsläufig eine Lizenz zum Schuldenmachen. Es hängt davon ab, wie sie gestaltet werden.

Denn auch mit den gemeinsamen Anleihen können Schuldenländer zu den notwendigen Anpassungen gezwungen werden – indem sie im Gegenzug einen Teil der Souveränität über ihre Haushalte abgeben. Von Staaten, die einen Teil ihrer Neuverschuldung durch Euro-Bonds finanzieren wollen, könnte beispielsweise verlangt werden, ihr Budget durch die EU-Kommission genehmigen lassen. Dadurch könnten solide Staatsfinanzen gewährleistet werden. Wie hart Auflagen sein können, bekommen Griechen und Iren gerade eindrucksvoll demonstriert.

Europäische Lösung nötig

Die Schuldenkrise ist eine europäische Krise, die nur gemeinsam überstanden werden kann. "Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, Deutschland könne sich von den Problemen in Europa abschotten und wie auf einer Insel der Seligen prosperieren", sagt der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann. "Europa ist und bleibt unsere einzige Chance für weiteren Fortschritt und eine bessere Zukunft." Im aktuellen Streit dürfe niemals vergessen werden, dass Europa nach Jahrhunderten voller Kriege durch die Gründung der EU zu einem Kontinent des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes geworden sei.

Deutschland hat gute Gründe, für den Bestand der Eurozone zu kämpfen. Und das Für und Wider von Eurobonds abzuwägen. Gemeinsame europäische Anleihen könnten die Bundesrepublik zwar Geld kosten. Doch dem stehen nicht nur die immensen Exportvorteile gegenüber – rund 40 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in den gemeinsamen Währungsraum. Die Eurobonds könnten den taumelnden Euro-Ländern den dringend benötigten Handlungsspielraum geben.

Ein Ende der Schuldenkrise ist nicht in Sicht. Verhaltenen Optimismus verbreitet der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank und n-tv-Finanzexperte, Norbert Walter: "Die krisenerprobten Deutschen und krisenerprobten Europäer werden fünf nach zwölf die richtige Entscheidung treffen."

Quelle: ntv.de, mit rts/dpa/AFP

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