Mächtige Hilfe beim Börsengang? Evonik lockt Staatsfonds an
10.03.2013, 16:19 Uhr
"Kraft für Neues": Die Evonik-Zentrale in Essen (Archivbild).
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Erst sind es nur Gerüchte, dann mehren sich die Hinweise aus verschiedenen Richtungen: Evonik bekommt offenbar einen neuen Großaktionär aus dem Fernen Osten. Im Gespräch ist ein Einstieg für deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Diesmal muss es klappen: Evonik-Chef Klaus Engel geht mit starken Partnern an die Börse.
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Der Chemiekonzern Evonik hat vor seinem geplanten Börsengang angeblich einen neuen Ankerinvestor gewonnen. Der Staatsfonds Temasek aus Singapur will nach bislang unbestätigten Angaben für deutlich mehr als 600 Mio. Euro bei dem Essener Unternehmen einsteigen.
Der singapurische Staatsfonds sichere sich damit fünf Prozent der Anteile, war am Wochenende aus dem Umfeld der Evonik-Eigentümer zu vernehmen. Evonik-Chef Klaus Engel habe bereits mit dem Top-Management des Staatsfonds gesprochen und freue sich über den neuen Investor, hieß es bestätigend aus dem Umfeld des Unternehmens.
Weder bei Temasek, noch bei Evonik selbst wollte man sich zu den Angaben äußern. Eine offizielle Stellungnahme liegt auch von den beiden Evonik-Eigentümern nicht vor. Mehrheitseigner ist die mit 75 Prozent beteiligte RAG-Stiftung. Der Finanzinvestor CVC hält die übrigen 25 Prozent. Beide wollten sich nicht zu dem Prozess äußern. Die Gründe für die Zurückhaltung liegen auf der Hand: Evonik hat für kommenden Dienstag (12. März) seine Bilanzpressekonferenz angekündigt.
Branchenkenner halten den Temasek-Einstieg bei Evonik unterdessen für plausibel. Allerdings fiele damit die Platzierung von Evonik-Anteilen bei großen Investoren umfangreicher aus als bislang vorgesehen. "Nach den ersten Veröffentlichungen ist das Interesse der Investoren spürbar gestiegen", sagte ein Insider. Ende Februar hatte es in Finanzkreisen geheißen, Evonik wolle über die Investmentbank MainFirst zunächst sieben Prozent der Anteile verkaufen.
Von diesen sieben Prozent habe Evonik bereits vier Prozent "an den Mann gebracht", hieß es, und dafür 550 Mio. Euro eingenommen. Nun stehen angeblich allein für Temasek weitere fünf Prozent zur Debatte. Insgesamt verwaltet Temasek ein Portfolio im Umfang von rund 198 Mrd. Singapur-Dollar, was einem Volumen von etwa 122 Mrd. Euro entspricht.
Im vierten Anlauf an die Börse
Mit dem ungewöhnlichen Vorgehen wollen die Eigentümer einen Flop beim für Ende April geplanten Gang an die Börse vermeiden. Zuvor hatte Evonik schon drei Anläufen abbrechen müssen - zuletzt im Sommer 2012. Damals hatten die Investoren die Preisvorstellungen der Eigentümer nicht erfüllen wollen. Seinerzeit wurde Evonik noch mit zwölf Milliarden Euro bewertet, doch inzwischen sind die Börsen weltweit auf Höhenflug und die Bewertungen von Chemieunternehmen gestiegen.
Mit dem aktuellen Firmenwert in Höhe von 14 Mrd. Euro, der der laufenden Platzierung zugrunde liegt, sind die Investoren nun offenbar zufrieden. CVC und die RAG-Stiftung hatten vereinbart, bis zum Börsengang nur in gleichen Schritten zu verkaufen, so dass sie jeweils 2,5 Prozent an Temasek abgeben dürften - wenn es tatsächlich bei einem Fünf-Prozent-Paket für den Staatsfonds bleibt.
Der Frühling wird es zeigen
Ende April soll die Evonik-Aktie zum ersten Mal an der Frankfurter Börse notiert sein. Damit hat CVC die Freiheit, seine Beteiligung nach und nach unabhängig von der Stiftung abzubauen. Ob es noch ein öffentliches Angebot für das breite Publikum geben wird, blieb am Wochenende offen. Evonik scheut womöglich das aufwendige Verfahren.
Doch um den Handel mit der Evonik-Aktie in Schwung zu bringen, müssten dann einige der erst jetzt eingestiegenen Investoren ihre Papiere gleich wieder auf den Markt werfen. CVC und die RAG-Stiftung haben vereinbart, ihre verbleibende Beteiligung für ein Jahr zu halten und nur nach gegenseitiger Absprache zu reduzieren.
Das Erbe der Steinkohle
Die RAG-Stiftung soll von 2018 an mit den Erlösen aus dem Evonik-Geschäft für die Folgekosten des deutschen Steinkohlebergbaus geradestehen und damit die öffentlichen Hilfen ablösen. Mehrere Milliarden hatte die Stiftung bereits mit dem Verkauf von Evonik-Anteilen an den Finanzinvestor CVC eingesammelt. Entworfen hatte dieses Modell der frühere Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, der seit Dezember an der Spitze der Stiftung steht.
Nicht an die Börse gebracht werden die Evonik-Wohnungen. Der Chemiekonzern trennt sich deshalb von seiner Immobilien-Tochter Vivawest, die rund 130.000 Wohnungen bewirtschaftet. Vor dem Verkauf soll Evonik nach Informationen des "Focus" bei dem Wohnkonzern noch eine Sonderausschüttung in Höhe von 650 Mio. Euro kassieren.
Quelle: ntv.de, dpa/rts