Wirtschaft

"Das habe ich noch nicht erlebt" US-Bank im Facebook-Feuer

Statt Facebook in ein positives Licht zu rücken, schadete Morgan Stanley dem Unternehmen.

Statt Facebook in ein positives Licht zu rücken, schadete Morgan Stanley dem Unternehmen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Ärger um das Facebook-Fiasko richtet sich zunehmend gegen Morgan Stanley: Mitten in der heißen Phase vor dem Börsendebüt senkt die betreuende US-Bank ihre Umsatzprognose für den Internetriesen - und verwirrt damit die Börsenwelt. Anleger sind sauer, Insider verblüfft. Besorgt blicken Analysten nun auf Twitter.

Anleger machen Morgan Stanley für ihre Verluste mitverantwortlich.

Anleger machen Morgan Stanley für ihre Verluste mitverantwortlich.

(Foto: REUTERS)

Im Trauerspiel um den Börsengang von Facebook konzentrieren enttäuschte Anleger ihren Zorn auf die Bank Morgan Stanley. Unmittelbar vor dem Sprung auf das Börsenparkett soll die Wall-Street-Größe Marktteilnehmern zufolge ihre Umsatzprognose für das gesenkt haben. Der Vorwurf ist brisant: Morgan Stanley betreute den Börsengang als Konsortialführer.

"Das passierte noch während der Werbetour", sagte ein Fondsmanager, der von der Bank über die korrigierte Vorhersage informiert worden war. "So was habe ich in den vergangenen zehn Jahren nicht erlebt." Nach Ansicht von Beobachtern hat Morgan Stanley durch die ungewöhnliche Kurskorrektur nicht nur langfristig Anleger verunsichert, sondern auch maßgeblich zu dem schwachen Börsendebüt selbst beigetragen.

In der Regel versuchen Emissionsbanken, ein Unternehmen vor dem IPO in ein möglichst positives Licht zu rücken - schon allein um den jeweiligen Ausgabepreis der neu verfügbaren Aktien zu rechtfertigen.

Finanzkreisen zufolge senkte Morgan Stanleys Internet-Analyst Scott Devitt seine Umsatzprognose für Facebook für das zweite Quartal deutlich und trat auch bei den vorhergesagten Einnahmen für das Gesamtjahr auf die Bremse. "Diese Verlangsamung regte viele Leute auf", sagte ein Investor. Für Analysten der führenden Konsortialbanken seien solche Anpassungen unmittelbar vor dem Börsengang sehr ungewöhnlich, bestätigte auch Scott Sweet von der Gesellschaft IPO Boutique. Emissionsbanken geben in der Regel bis zu 40 Tage nach Handelsbeginn keine Kommentare zu den eingeführten Aktien ab.

Mobilproblem weckt Umsatz-Zweifel

Auch JP Morgan und Goldman Sachs, die ebenfalls an der Emission beteiligt waren, senkten Kreisen zufolge im Vorfeld des Börsengangs ihre Vorhersagen. Die Grundlage dazu seien die bei der Börsenaufsicht SEC eingereichten, geänderten Unterlagen gewesen. Die Firma von Mark Zuckerberg habe darin ihre Zurückhaltung in Bezug auf das Umsatzwachstum gezeigt, da immer mehr Nutzer auf mobile Geräte zurückgriffen. Mit Internet-Werbung auf Mobiltelefonen lässt sich aber weniger Geld verdienen als mit Werbebannern auf Computerseiten.

Bislang ist kein Ende des Kursrückgangs in Sicht. An ihrem dritten Handelstag an der Börse fiel die Facebook-Aktie zum Handelsbeginn an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq um mehr als sechs Prozent auf 31,74 Dollar.  Die in Frankfurt gehandelten Aktien rutschten notierten zeitweise knapp fünf Prozent tiefer bei 26,15 Euro.

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An der Wall Street geht unterdessen die Suche nach den Verantwortlichen für das verpatzte Börsendebüt weiter. Der Analyst Michael Pachter sagte dem "Wall Street Journal", dass die platzierenden Banken den Börsengang "total vermasselt" hätten. Die Neuemission sei viel zu groß angelegt gewesen, die Banken hätten nur die Hälfte der Aktien auf den Markt bringen sollen. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Kreise, dass einigen Investoren mehr Aktien zugeteilt worden seien als sie erwartet hätten. Die überschüssigen Papiere würden sie nun auf den Markt werfen.

Ende vergangener Woche waren die Papiere zu 38 Dollar ausgegeben worden. Am ersten Handelstag schloss das mit Euphorie erwartete Papier nur mithilfe von Stützungskäufen durch Konsortialführer Morgan Stanley leicht über 38 Dollar - nur um Anfang der Woche in New York zeitweise um fast 14 Prozent auf 33 Dollar abzustürzen.

Auswirkungen auf Twitter-Börsengang?

Der heiß ersehnte Börsenstart war von technischen Problemen überschattet worden. Der Handel begann mit Verzögerung und es gab Orderprobleme. Skeptische Beobachter bezeichneten auch den Ausgabepreis von 38 Dollar als zu hoch. Der Preis war noch kurz vor dem IPO angehoben und auch die Zahl der zum Verkauf stehenden Aktien war ausgeweitet worden.

Beobachter befürchteten von der Facebook-Misere Auswirkungen auf künftige Börsengänge von Internetfirmen. Doch Risikokapitalgeber im Silicon-Valley versuchten, Gelassenheit zu verbreiten. Er glaube nicht, dass dadurch der IPO-Markt hart getroffen werde, sagte etwa Dixon Doll von DCM.

"Banker werden das Beispiel als Erinnerung für Firmen nutzen, dass sie beim Preis nicht zu hoch greifen sollten", sagte der IPO-Experte Tom Taulli. "Die Devise 'der Himmel ist die Grenze' gilt nicht mehr." Die große Befürchtung dahinter: Damit könnte sich auch der Druck auf den Kurznachrichtendienst erhöhen, den Ausgabepreis bei einem Börsengang nicht zu hoch zu treiben.

Viele Investoren erwarten, dass der Dienst im nächsten Jahr oder Anfang 2014  an die Börse geht - ebenfalls mit milliardenschwerer Bewertung und trotz überschaubarer Umsätze.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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