Wirtschaft

Index wird umgebaut Facelifting für den Dax

Außerplanmäßig stehen Index-Veränderungen an. Ein Unternehmen aus dem MDax strebt in die Eliteliga der deutschen Börsenunternehmen. Der Dax steht vor einem "Fast Entry".

Dreht sich das Dax-Karussell?

Dreht sich das Dax-Karussell?

(Foto: Reuters)

Der Dax bekommt ein neues Gesicht - außerplanmäßig. Zur Riege der 30 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands gehört mit HeidelbergCement ein neuer Konzern. Die Empfehlung zum Umbau des deutschen Leitindex liefert der sogenannte Arbeitskreis Indizes. Der setzt sich aus zwölf Finanzexperten zusammen und berät einmal pro Quartal über die Zusammensetzung der Indices – nach strengen Regeln.

Die Zugehörigkeit zu einem Auswahlindex wie dem Dax beruht auf zwei harten Kriterien: der Marktkapitalisierung der im Umlauf befindlichen Aktien (Free Float) und dem Handelsumsatz. Dabei gilt die 35/35-Regel - bei beiden Faktoren muss das Unternehmen zu den 35 größten börsennotierten Konzernen in Deutschland gehören. Vom Unternehmen selbst gehaltene Aktien zählen dabei ebenso wie Anteile von Großaktionären, die mehr als fünf Prozent der Papiere eines Konzerns besitzen, nicht in den frei handelbaren Streubesitz. Die Marktkapitalisierung nach Free Float wird über den volumengewichteten Börsenkurs der letzten 20 Tage ermittelt.

Hartes, Weiches und Sonderfälle

Wird die Dax-Tafel neu bestückt?

Wird die Dax-Tafel neu bestückt?

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Zu den oben genannten Kriterien kommt die Sonderregel, dass der Streubesitz nicht unter zehn Prozent fallen darf. Das wurde zuletzt den Volkswagen-Stammaktien im Übernahmeringen mit Porsche zum Verhängnis. Die Schweizer Bank Credit Suisse hielt Optionen auf die VW-Stämme von bis zu 17 Prozent, löste sie ein und drückte damit den Streubesitz unter den Grenzwert. Die Stammaktien flogen raus, dafür kamen die Vorzugsaktien von Europas größtem Autobauer in den Dax.

Neben den nackten Zahlen zieht der Arbeitskreis Indizes aber auch weiche Kriterien zu seiner Entscheidungsfindung mit heran. Und genau die machen das Ganze so spannend. Da wäre beispielsweise die Kontinuität des Wertes, also wie lange und wie stabil er die Kriterien der Indexmitgliedschaft erfüllt hat. Auch die Zusammensetzung an sich spielt bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Idealerweise ist der Dax ein Spiegelbild der deutschen Wirtschaft und ihrer Branchen. So könnte einem weiteren Versicherer, obwohl er die 35/35-Regel erfüllt, der Aufstieg in den Dax zugunsten eines anderen Unternehmens verweigert werden, weil diese Branche mit Allianz und Münchener Rück bereits stark im Dax vertreten ist. Gegen eine Aufnahme im Dax könnte auch die dadurch entstehende Lücke im MDax sprechen.

Fast Entry und Fast Exit

Schnellschüsse sind damit nahezu ausgeschlossen. Das unterstreicht auch die Tatsache, dass die Zusammensetzung des deutschen Leitindex nur einmal im Jahr diskutiert wird – im August. Änderungen werden dann jeweils zum 1. September gültig. Dass es jetzt im Juni zum Wechsel kommt – also vor der nächsten turnusmäßigen Index-Überprüfung -, dafür sorgt die sogenannte Fast-Entry-Regel, die folgendes besagt: Gehört ein Unternehmen bei der Marktkapitalisierung und beim Börsenumsatz zu den 25 Größten, folgt die Aufnahme in den Dax. Den Platz räumen muss dann der Wert mit der geringsten Marktkapitalisierung.

Daneben gibt es auch das Gegenstück, die Fast-Exit-Regel: Die kommt dann zum Tragen, wenn ein Dax-Mitglied sowohl bei Marktkapitalisierung als auch beim Börsenumsatz unter Platz 45 gefallen ist. Dann ist der Abstieg aus dem Dax die Folge. Einzige Einschränkung: Es muss gleichzeitig ein Aufstiegskandidat Gewehr bei Fuß stehen – also nach den genannten Kriterien unter die ersten 35 Konzerne kommen.

Die Fast-Entry-Regel hat bereits mehrfach gegriffen: Zum ersten Mal bei der Deutschen Börse selbst. Die war nach ihrem Börsengang 2001 bereits Ende 2002 vom MDax in den Dax außerplanmäßig aufgestiegen. Die Fast-Entry/Fast-Exit-Regel gab es da erst wenige Monate.

HeidelbergCement profitiert

HeidelbergCement könnte in die deutsche Börsen-Elite aufsteigen.

HeidelbergCement könnte in die deutsche Börsen-Elite aufsteigen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nun greift die Fast-Entry-Regel erneut: HeidelbergCement steigt in die oberste deutsche Börsenliga auf. In der jüngsten Rangliste der Deutschen Börse belegt der Baustoffhändler bei der Marktkapitalisierung Platz 21 und beim Börsenumsatz Rang 26.

Der Aufstieg ist für den zur Merckle-Gruppe gehörenden Konzern der Lohn für harte Arbeit. Vor einem Jahr - nach der Übernahme des britischen Konkurrenten Hanson im Volumen von 14 Mrd. Euro - noch hochverschuldet und als Unternehmen der Baubranche stark unter der Weltwirtschaftskrise leidend, machte HeidelbergCement im Herbst mit einer Milliarden-Kapitalerhöhung den Weg für bessere Zeiten frei. Konzernchef Bernd Scheifele titulierte 2009 nach einem Umsatzeinbruch von fast 22 Prozent als "Schreckensjahr"; rief aber Anfang 2010 den Aufstieg in die Index-Oberklasse als Ziel aus. Finanzvorstand Lorenz Näger fokussierte im März dieses Ziel auf das erste Halbjahr. Die Kursentwicklung der vergangenen Wochen geben ihm recht.

Kursaufschläge inklusive

Neben der Ehre zum "Who's who" der deutschen Börsenelite zu gehören, sind Kursaufschläge in der Regel vorprogrammiert. Das liegt etwa daran, dass Aktienfonds oder andere Anlageprodukte, die den Index abbilden, sich mit den Titeln eindecken müssen und dadurch die Nachfrage danach ankurbeln. Die Kurse steigen – auch wenn der Gesamtmarkt schwächelt: Der Kurs von HeidelbergCement ist innerhalb einer Woche um rund zehn Prozent von etwa 40 auf mehr als 44 Euro gestiegen. Vor einem Jahr dümpelte die Notierung noch bei etwa 20 bis 25 Euro herum. Mittlerweile liegt die Marktkapitalisierung bei mehr als 8,4 Mrd. Euro, Tendenz weiter steigend, denn die Masse der Analysten hält die Titel derzeit für unterbewertet. Die Kursziele liegen überwiegend im Bereich 50 bis 58 Euro. Die Deutsche Bank sieht HeidelbergCement sogar bei 60 Euro.

Salzgitter gilt als möglicher Dax-Absteiger.

Salzgitter gilt als möglicher Dax-Absteiger.

(Foto: picture alliance / dpa)

Anleger sollten dennoch aufpassen: In der Vergangenheit haben Dax-Aufstiegskandidaten bereits im Monat vor der Index-Entscheidung deutlich zugelegt, was auch HeidelbergCement getan hat. Nach dem Aufstieg war dann erst einmal die Luft raus. Die Vergangenheit macht halt keine Kurse. Das gilt dann auch für den Dax-Absteiger Salzgitter.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen